❞ Das erste Jahr unserer Beziehung war nicht einfach. Ich musste mich an diesen fordernden Journalismus gewöhnen und noch heute lösche ich den Newsletter ohne zu zögern direkt, da mich diese Bleiwüste in meiner Mailbox abtörnt. Auch für die «Republik» war es kein einfaches Jahr. Journalismus, der sich irgendwo zwischen Tagesjournalismus und Wochenzeitung positioniert, dabei aber weder Tagesaktualität noch fordernde Printpräsenz auf dem Couchtisch aufweist, stellt es eine Herausforderung dar, unsere Aufmerksamkeit zu erreichen. Doch wir haben uns in diesem Jahr beide verändert: Ich habe mich an den fordernden Onlinejournalismus gewöhnt und das Angebot hat Eingang in meinen wöchentlichen Leserhythmus gefunden. Und die «Republik» bewegt sich (permanent beta): Kürzere Formate sind hinzugekommen, die Inhalte werden visueller aufgemacht – und sogar im Newsletter gibt’s unterdessen hin und wieder Bilder 😉 Nun fragst du dich vielleicht, wieso ich den Newsletter nicht abbestelle, wenn ich ihn nicht lese? Weil es diese Push-Meldung braucht und ich zurückkommen will. Was mich zurückholt, sind die Sprache (ja tatsächlich, meine Nummer 1), ihr Agenda Setting und diese sehr gut strukturierten Analysen (die teilweise gar in Richtung Constructive Journalism gehen). Interessant ist, dass Nr. 2 und 3 auch von anderen Journalismusmarken geleistet werden, die ich konsumiere. Doch: dort gehen Perlen oft im Rauschen unter. Und damit sind wir bei Rolf Dobelli: Wir brauchen im Journalismus weniger Quantität. Ressourcen müssen umverteilt werden. Und nein: Wir brauchen nicht weniger Analysen und Hintergrundgeschichten. Aber wir brauchen weniger von diesem News-Gewusel, das uns den Eindruck gibt, es sei wichtig, uns aber vor allem auf die Seite (zurück) holen will, um das Geschäftsmodell am Laufen zu halten. Einziger kleiner Wermutstropfen – zumindest aus einer Systemperspektive: Die «Republik» wendet sich sicher an ein gut gebildetes Publikum und wohl auch eher linkes Publikum. Und wir wissen beide, dass dieses Feld, global betrachtet (der sicher im Westen), schon vergleichsweise gut besetzt ist. Was die «Republik will, ist nicht einfach. Diesen Journalismus zu etablieren braucht Zeit – ich hoffe, ihr Atem reicht.
Lahor Jakrlin 06. Dezember 2018, 17:26
Nichts hat sich verändert
Medial gibt die Republik vor, eine Medien-Sowchose zu sein. Mit viel Schwung («Kulturrevolution»!) flogen ihr die «Verleger» zu … nur um danach meist Selbstverwirklichungs-Journalismus (und Werbemails) zu erhalten.
Mich interessiert: Hat sich mit der Republik in der Meinungsbildung in der Schweiz etwas verändert, sorgte die Republik für eine neue Perspektive, für neue politische oder gesellschaftliche Perspektiven?
Eine Veränderung wäre ja möglich, z.B. mehr Staatskritik (journalistische Kritik an der Verwaltung ist in der Schweiz kaum vorhanden).
Es gab jedoch keine Veränderung, alles ist, wie es vor der Republik schon war.
Möge die Republik trotzdem noch zwei-drei Jahre weiterleben. Vielleicht findet sie in dieser Zeit eine neue Rolle. Eine, welche weder Tagi, WoZ und SRF, NZZ oder BaZ besetzen. Der Spielfelder gäbs genug – denken wir nur an die Weltwoche der 1970-er und 1980-er Jahre.
Erwin Kuhn 07. Dezember 2018, 11:29
Selbstverständlich bleibe ich bei der Republik. Soviel Info und keine Werbung bekommt man nirgends für so wenig Geld.
Ruth schär 11. Dezember 2018, 09:45
ja sicher die Leute die für Republik unterwegs sind haben eine gute Ausstrahlung
Das merkt mann wenn man in die Redaktion zu Besuch geht
Wie eine erweiterte Familie..
Oliver Brunner 12. Dezember 2018, 18:34
Gibt es auch eine Meinung von Leuten, die sich ausserhalb dieser Zürcher „Intellektuellen“-Blase bewegen. Ich habe drei Texte versucht (gratis über Twitter). Mir war vieles bewusst gestelzt oder auf Edelfeder getrimmt. Die Formate viel zu lang(atmig), manchmal gestreckt, dass es einen „longread“ gebe. Form vor Inhalt finde ich für eine „Zeitung“ teilweise ein Zumutung. Wenn es nur um Sprache geht, lese ich Prosa-Bücher. Ich darf nichts sagen, ich zahle nicht – habe aber auch nicht die Absicht.