von Nick Lüthi

Medienförderung: Wer kriegt das Geld und was bringen die Millionen?

So stellt sich der Bundesrat die künftige Medienförderung vor: Mehr Geld für die Zustellung der gedruckten Zeitungen, Subventionen für Online-Medien und finanzielle Unterstützung für Ausbildung und Infrastruktur. Das Parlament muss nun präzisieren und vor allem: korrigieren.

Endlich bewegt sich etwas. Nach Jahren das Stillstands legt der Bundesrat seinen Vorschlag (PDF) für eine Weiterentwicklung der Medienförderung vor.

Die Vorlage, die nun zur Beratung ins Parlament geht, umfasst drei Bereiche: Zum einen soll die bereits bestehende Presseförderung ausgebaut werden. Die Schweizerische Post erhielte zusätzliche 20 Millionen Franken pro Jahr, und damit insgesamt 50 Millionen, die sie den Verlagen als Rabatt auf die Vertriebskosten weitergibt. Zum anderen will der Bundesrat neu auch Online-Medien fördern und mit Steuergeldern subventionieren. Solche Unterstützung gäbe es gemäss Bundesrat nur für Publikationen, die von ihren Nutzern finanziert werden. Gratismedien gingen leer aus. Und schliesslich soll die Branche als Ganzes von neuen Fördermassnahmen profitieren, indem die Journalismus-Ausbildung und unternehmensübergreifende technische Infrastruktur finanziell unterstützt würden.

Anders als der gescheiterte Vorschlag für ein neues Mediengesetz (PDF), orientiert sich die neue Vorlage am Machbaren und nicht am Wünschbaren. Die gesetzgeberischen Anpassungen wären überschaubar, sie liessen sich einigermassen schnell umsetzen und die Vorschläge sind vor allem breit abgestützt.

Das zeigt sich nun auch an den grundsätzlich positiven Reaktionen aus den unterschiedlichen Ecken der Branche. Sowohl die Verleger als auch die Verbände der Medienschaffenden begrüssen das Paket. Der Tenor: Der bundesrätliche Vorschlag weist in die richtige Richtung, im Detail braucht es aber noch Nachbesserungen. Die Verleger wollen mehr Geld für ihre Zeitung, die Journalisten fordern zusätzliche Sofortmassnahmen zur schnellen Linderung der Corona-Folgen. Unabhängig von solchen Wünschen gibt es jedoch ganz grundsätzliche Mängel und unklare Punkte in der Vorlage des Bundesrats.

Sollen auch gewinnorientierte und profitable Unternehmen finanziell unterstützt werden?

Die Frage, die jüngst aufs Tapet kam im Zusammenhang mit der geplanten Corona-Nothilfe für Medien, stellt sich nun auch im Zusammenhang mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf: Sollen Unternehmen öffentliche Fördermittel erhalten, wenn sie ihren Aktionären Dividenden auszahlen? Oder grundsätzlicher: Sollen auch gewinnorientierte und profitable Unternehmen finanziell unterstützt werden?

Diese Frage musste die Politik in der Vergangenheit nicht beantworten, weil bei der indirekten Presseförderung kein Geld direkt an die Verlage fliesst, sondern der Bund die Post subventioniert. Aber auch so profitiert am Ende der Verlag, wenn auch «nur» indirekt. Mit der geplanten Online-Förderung würden Medienunternehmen neu auch direkt Subventionen empfangen. In der Vorlage und der dazugehörigen Botschaft (PDF) hat der Bundesrat den Kreis der potenziellen Subventionsempfänger nicht eingeschränkt.

Es wäre zu wünschen und es ist davon auszugehen, dass das Parlament hierzu Klarheit schafft. Bereits im Februar machte FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen gegenüber der MEDIENWOCHE klar, dass er für eine Erhöhung der indirekten Presseförderung nicht Hand biete, «wenn damit Medienunternehmen unterstützt werden, die heute solid finanziert sind». In die gleiche Richtung geht auch das Dividendenverbot, das die zuständigen Kommissionen von National- und Ständerat in ihren Motionen verankert haben, mit denen sie ein Corona-Nothilfepaket für die Medien auf den Weg bringen wollen.

Bereits dreimal wollte der Bundesrat diese Form der Medienförderung in den letzten Jahrzehnten abschaffen.

Kaum zu korrigieren, aber deshalb nicht minder problematisch, ist das Festhalten am Modell der indirekten Presseförderung. Bereits dreimal wollte der Bundesrat diese Form der Medienförderung in den letzten Jahrzehnten abschaffen. Das Parlament pfiff ihn jedes Mal zurück – wider besseren Wissens. So hielt 2008 ein Evaluationsbericht (PDF) im Auftrag des Bundesamts für Kommunikation unmissverständlich fest: «Die Wirksamkeit der Presseförderung hinsichtlich der politischen Ziele der publizistischen Vielfalt sowie der staatspolitischen Relevanz der Presse ist hingegen sehr begrenzt.»

Unter den aktuellen Umständen wirkt die indirekte Presseförderung als Palliativmassnahme, die das absehbare Ableben der gedruckten Zeitung für die Verlage etwas erträglicher macht. Auswirkungen auf die Qualität der Publizistik zeitigt diese Massenahme höchstens indirekt und nur dann, wenn ein Verlag die eingesparten Ressourcen aus dem Vertrieb in die Redaktion steckt. Aber messen lässt sich das nicht.

Die Verlage finden derweil die indirekte Presseförderung ganz praktisch, weil sie keine direkte Gegenleistung für die finanzielle Entlastung erbringen müssen. So kommen viele Verlage in den Genuss der Vertriebsvergünstigungen. Das zweifelhafte Prinzip der Giesskanne soll nun sogar noch ausgebaut werden. Galt bisher eine Auflagenobergrenze von 40’000 Exemplaren, sollen nun auch grossauflagige Titel von den reduzierten Posttarifen profitieren.

Das Parlament tut gut daran, die Nutzerfinanzierung nicht als Killerkriterium festzuschreiben.

Auch hinter der wichtigsten Neuerung im Medienförderungspaket, der geplanten Einführung einer Förderung von Online-Medien mit jährlich 30 Millionen Franken, stehen noch grosse Fragezeichen. Mit dem gewählten Modell will der Bundesrat die Zahlungsbereitschaft der Nutzerinnen und Nutzer von Online-Medien honorieren und fördern. Die finanzielle Unterstützung orientiert sich deshalb am Umsatz der via Abo oder Spenden erzielten Einnahmen. Das ist grundsätzlich richtig. Die Nutzerfinanzierung gewinnt zunehmend an Bedeutung, weil der Werbeanteil zurückgeht. Gleichzeitig schliesst diese Vorbedingung Publikationen von der Förderung aus (oder benachteiligt sie), die genauso zu einer vielfältigen regionalen Berichterstattung beitragen. Ausgeschlossen wären etwa Medien, die von Stiftungen oder anderen Körperschaften mitfinanziert werden. Das Parlament tut gut daran, die Nutzerfinanzierung nicht als Killerkriterium festzuschreiben und der Vielfalt an Geschäftsmodellen Rechnung zu tragen.

Mit Blick auf die Wirksamkeit der Fördermassnahmen wäre es ohnehin sinnvoller, den publizistischen Output stärker zu gewichten als die Finanzierungsform. Hierzu liest man in der sonst ausführlichen Botschaft des Bundesrats erstaunlich wenig. Zu wichtigen Punkte steht gar nichts. So auch zur geforderten Trennung des redaktionellen Angebots von der Werbung als Voraussetzung für die finanzielle Unterstützung. Heisst das nun, dass Publikationen von vornherein ausgeschlossen sind, wenn sie auf Native Advertising setzen, also auf eine Werbeform, die bewusst nicht als solche erkennbar sein soll?

Es kann nicht das Ziel sein, möglichst viele Publikationen zu unterstützten.

Wenn das Parlament diese Kriterien griffiger formuliert, hilft das, die Online-Förderung nicht auch zur Subventionsgiesskanne verkommen zu lassen. Es kann nicht das Ziel sein, möglichst viele Publikationen zu unterstützten, sondern möglichst gezielt jene Angebote, die in ihrer Region oder auf ihrem Fachgebiet zu einer publizistischen Vielfalt beitragen.

Während die Unterstützung einzelner Medienunternehmen, ob print oder online, einigermassen klar umrissen ist im Gesetzesentwurf, wirkt bei der branchenweiten Innovationsförderung noch vieles diffus. In der Botschaft wird zwar wortreich erklärt, was alles an digitaler Infrastruktur unterstützt werden könnte. Da ist von einer Applikation für eine mobile Plattform die Rede oder von einem Content-Management-System. Vieles kann, nichts muss. Diese Offenheit ist sinnvoll und sollte im laufenden Gesetzgebungsprozess beibehalten werden. Innovation lässt sich nicht von oben diktieren.


Anmerkung: In einer ersten Fassung stand geschrieben, der Betrag für Innovationsförderung sei nicht festgelegt. Das stimmt nicht. Dafür und für alle weiteren branchenweiten Fördermassnahmen stehen maximal 2 Prozent des gesamten Ertrags der Medienabgabe zur Verfügung

Leserbeiträge

Simon T. 01. Mai 2020, 11:28

Wie frei ist ein Medium noch wenn es vom Staat mit finanziert wird? Wie unabhängig? Schon jetzt schaltet das BAG zig ganzseitige Anzeigen und BAG Werbung läuft permanent auf SRF. Vor allem Tamedia und Ringier dürfen gar kein Geld erhalten! Beide sind Milliarden schwer und beide agieren getreu dem Motto ‚Gewinne via Dividende in die Familienkasse und in schechten Zeiten schreien sie nach dem Staat‘. Sowas geht einfach gar nicht. Kein Wunder büsste die Schweiz bei der Pressefreiheit erneut zwei Plätze ein. Von Jahr zu Jahr verschwindet die Medienfreiheit sowie die Medienunabhängigkeit mehr und mehr. Nur 4 Medienhäuser beherrschen die ganze Schweiz und deren News kommen von 1 bis 2 Agenturen. Das soll noch Journaliamus sein? Diese vorgefertigten, unrecherchierten Agenturmeinungen werden der Masse in sämtlichen Medien untergejubelt. In jeder Zeitung steht mittlerweile exakt das gleiche drin. Die Zeitungen wiehern brav dem Staat. Keine Kritik mehr, keine Investigative mehr ist zu lesen und zu sehen. Exakt solche Fakten sehe ich als gefährlich für das freie Wort an.