von Nick Lüthi

Verleger vs. SRG: Alte Forderungen werden wieder aktuell

In den letzten Jahren standen die Zeichen auf Kooperation zwischen SRG und Verlegern. Doch nun dreht der Wind. Weil die Zeitungen aufgrund der Werbekrise verstärkt auf Online-Abonnemente setzen, geisseln sie das «presseähnliche Gratisangebot» der SRG als unlautere Konkurrenz. Eine Lösung des ewigen Konflikts ist keine in Sicht. Aber immerhin will man miteinander reden.

Der Unmut dürfte sich in der Zwischenzeit etwas gelegt haben. Als der Bundesrat Mitte April bekannt gab, dass die SRG pro Jahr zusätzliche 50 Millionen Franken aus der Medienabgabe erhält, gingen die Wogen kurz mal hoch. Verleger, die damals immer noch auf Corona-Nothilfe warteten, sahen darin eine himmelschreiende Ungerechtigkeit: Wer hat, dem wird gegeben und die anderen gehen leer aus.

Unterdessen hat das Parlament Finanzhilfe für private Medien bewilligt. Das konnte die Gemüter etwas beruhigen. An der Haltung der Verleger, wonach die SRG eine für sie bedrohliche Grösse habe, ändert das nichts. Der mit öffentlichen Mitteln finanzierte Medienriese stehe mit seinem «kostenlosen digitalen Angebot massiv in Konkurrenz zu den privaten Medien», sagte Pietro Supino Ende April der Westschweizer Zeitung «Le Temps».

Der Chef der TX Group und Präsident des Verbands Schweizer Medien sprach damit aus, was in dieser Deutlichkeit in den letzten Jahren nicht mehr zu vernehmen war. Die Zeichen standen auf Kooperation. Es schien, als hätten sich Verleger und SRG darauf verständigt, dass sie im gleichen Boot sitzen und gemeinsam gegen die Konkurrenz aus Übersee anrudern. Mit Blick auf den Werbemarkt war es durchaus sinnvoll zusammenzuspannen und sich im Verbund als Alternative zu Google und Facebook zu positionieren.

Dass Werbung längerfristig zur nachhaltigen Finanzierung der Medien beiträgt, wird zunehmend illusorisch.

In diesem Geist des Burgfriedens entstand vor eineinhalb Jahren die sogenannte Login-Allianz (heute bekannt als Digital-Allianz). Neben den grossen privaten Medienhäusern partizipiert auch die SRG daran. Die ursprüngliche Idee des Branchenzusammenschlusses war es, Nutzerdaten zu aggregierten, um so den Werbekunden ein attraktives Angebot zu präsentieren.

Inzwischen, und verschärft durch die Coronakrise, hat der Wind gedreht. Dass Werbung längerfristig zur nachhaltigen Finanzierung der Medien beiträgt, wird zunehmend illusorisch. Dafür gewinnt die Nutzerfinanzierung an Bedeutung. Zeitungen ziehen auf ihren Websites reihum die Paywalls hoch. Und da enden die gemeinsamen Interessen von Verlagen und SRG, der alte Zwist zeigt sich in seinen bekannten Konturen.

Die SRG solle nicht mit «kostenlos zugänglichen Inhalten» und einem «presseähnlichen Portal» die Verlage konkurrenziert. «Das wäre gerade in dieser Zeit fatal, in der die Zahlungsbereitschaft für digitale Inhalte wächst», teilt Andreas Häuptli, Geschäftsführer des Verbands Schweizer Medien, auf Anfrage mit.

Zentraler Streitpunkt bleibt, wie seit Jahren schon, der Textanteil im Online-Angebot der SRG. Man setze «auf die Einsicht und damit auf eine Selbstbeschränkung der SRG», so Häuptli weiter. Nur: Die SRG beschränkt sich bereits selbst und geht über die Bestimmungen in der Konzession hinaus. Generell sollen News-Texte nicht länger als 3000 Zeichen sein, so die Weisung an die Redaktionen. «Ziel ist es, auf unseren Stärken, also Audio und Video, aufzubauen. Und den Text-only unseren Kollegen in den Printmedien überlassen», äusserte sich SRG-Generaldirektor Gilles Marchand Anfang 2019 intern zu den neuen Richtlinien für den Umgang mit Online-Text. Doch den Verlegern reicht das offenbar nicht. Und es ist auch nachvollziehbar, weshalb. Dazu reicht ein Blick auf die Nachrichtenseiten von srf.ch oder rts.ch.

Der hohe Textanteil ist natürlich sehr nutzerfreundlich, entspricht aber nicht unbedingt dem, was man sich landläufig unter Selbstbeschränkung vorstellt.

Auch ohne ein einziges Mal ein Video oder eine Tonquelle anzuklicken, wird man auf den Websites der SRG umfassend informiert – mit Text. Viel Text. Das ist natürlich sehr nutzerfreundlich, entspricht aber nicht unbedingt dem, was man sich landläufig unter Selbstbeschränkung vorstellt. Doch weitere Schritte zur Reduktion des Textanteils sind nicht zu erwarten.

Die SRG verteidigt ihr Vorgehen und verweist auf den Informationsauftrag, den sie qua Konzession erfüllen muss. Gleichzeitig achte man «aber auch auf die Marktsituation», erklärt SRG-Sprecher Edi Estermann. Video- und Audioinhalte hätten deshalb klar Vorrang im Online-Angebot. Für die Verleger bleibt diese Haltung unbefriedigend. Die SRG solle «das anbieten, was die Privaten nicht leisten können». Darauf wolle man im Gespräch hinwirken, so VSM-Geschäftsführer Häuptli. Parlamentarische Vorstösse mit dieser Stossrichtung seien keine anhängig. Und so köchelt der ewige Konflikt weiter, auf dass er immer wieder mal befeuert werden kann.