The Good, The Bad & The Ugly XII
Junge Erwachsene, Print-Werbung, Weltwoche
The Good – Gar nicht so News-depriviert
«Junge Erwachsene, insbesondere jene, die den ‹News-Deprivierten› zugerechnet werden können, sind für den Informationsjournalismus keineswegs verloren», heisst es in einer Studie, die am Montag als Teil des Jahrbuchs «Qualität der Medien» präsentiert wurde . Medienforscherin Lisa Schwaiger hat die Mediennutzung von 19 jungen Menschen zwischen 20 und 25 Jahren mit verschiedenen Ausbildungslevels und «eine[r] hohe[n] Social-Media-Affinität» qualitativ analysiert.
Junge Erwachsene informieren sich selektiv. Doch geht es um Themen, die sie interessieren, etwa die Fridays for Future, sind sie kompetent. Im Kontrast zu den Befunden des Jahrbuchs über die «News-Deprivierten» können die Jungen aus Schwaigers Untersuchung Quellen nach ihrer Glaubwürdigkeit einordnen: «Die traditionellen Medienkanäle TV, Radio und Presse werden von den Jungen als besonders glaubwürdig eingeschätzt.» Sie differenzieren auch zwischen Trash-TV, Boulevard und Qualitätsmedien. Die Medienkompetenz ist da. Allerdings werden «klassische Nachrichtenkanäle» seltener genutzt als Social Media – und Identifikation mit Medienmarken gibt es nicht. Schwaigers Befunde sind also eine gute Nachricht für Zivilgesellschaft und Demokratie, aber eine Herausforderung für Journalisten und Medienmanagerinnen.
The Bad – Inserate im Herbst
Seit dem Frühling lese ich «20 Minuten» anders: Ich achte nicht auf Artikel, ich achte auf Inserate. Am Donnerstag machten die Inserate gut fünf von 23 Seiten aus. Am Freitag – wenn man die ganze «Coop Zeitung Weekend» als Native Ad zählt – mehr als 20 von 36. Manchmal ist bei der Gratis-Zeitung also noch mehr als die Hälfte Werbung.
Für die Gratiszeitung ist es eine gute Nachricht: Anders als im März ist die gedruckte «20 Minuten» heute nicht zum besseren Faltblatt zusammengeschrumpft. Anders als im April stammen die verbliebenen Inserate heute nicht von lokalen Metzgereien oder von der TX Group selbst.
Soweit mein subjektives Inseratezählen – die systematische Auswertung des gesamten Werbemarkts zeichnet ein anderes Bild. Die Marktanalyse-Firma «Media Focus» wertet den Werbemarkt im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres aus. Nach einer leichten Erholung bei der Print-Werbung im August – «nur» minus 3 Prozent im Vergleich zu 2019 – ging es im September wieder rasant bachab: um satte 8 Prozent. Und das in einem Monat, der im Vorjahr Rekordwerte brachte. «Nach dem Sommerloch liessen sich 2019 im September und Oktober die Jahreshöchstwerte beobachten», sagt Nicole Brunold von Media Focus, wo man nun gespannt die Oktober-Werte erwartet. Ich zähle weiter Inserate.
The Ugly – Alles korrupte Medien
«Weltwoche»-Wirtschaftsredaktor Florian Schwab veröffentlichte im April den Artikel mit dem Titel «Wo Glencore Wunder tut». Der Artikel wurde auf Englisch übersetzt und ohne Zahlschranke online gestellt. Seit August verantwortet Schwab «neben seiner journalistischen Tätigkeit» den Ausbau des Bereichs Corporate Publishing des Wochenmagazins. Am 22. Oktober ist die Weltwoche-Spezialausgabe «Wirtschaft & Verantwortung» erschienen. «Die Weltwoche dankt den drei Partnern, mit denen zusammen sie diese Spezialausgabe realisieren darf: Japan Tobacco International JTI in Dagmersellen, Glencore in Baar und die Naef Group in Freienbach», heisst es im Editorial.
Die Spezialausgabe enthält ein wohlwollendes Porträt über Glencores Kobalt-Sparte in der Demokratischen Republik Kongo. «Engineers of Clean Energy» – auch dieser Artikel von Florian Schwab wurde übersetzt und online gestellt. Das Rohstoffunternehmen nutzt nun die englische Version zur Selbstwerbung auf Social Media und hat gar ein paar Fränkli investiert, damit der Text mehr Menschen erreicht. Deutlich teurer als das bisschen Twitter-Werbung dürfte das Engagement bei der Weltwoche-Spezialausgabe gewesen sein. Während das Glencore-Sponsoring im gedruckten Editorial ausgewiesen ist, fehlt in der Onlineversion des Artikels jeder Hinweis darauf.
Am Donnerstag kündigte Roger Köppel seine tägliche Videokolumne an mit: «Grosses Führungsversagen des Bundesrats & korrupte Medien». Er meinte damit alle Medien ausser der «Weltwoche».