The Good, The Bad & The Ugly XXXI
Satire-Protest, SRF-Exodus, Nau-Versagen
The Good – Satire lebt (auch ohne Nebelspalter)
Ja, wo ist sie geblieben, die Satire des alten Nebelspalters? Das fragen sich derzeit immer wieder Fans auf Facebook, die den Kurswechsel zum Politmagazin offenbar noch nicht mitgekriegt haben. «Das hat nun wirklich nichts mit Satire zu tun», schreibt einer auf Facebook unter einem kritischen Artikel zur 99-Prozent-Initiative der Juso. Eine andere fragt: «Wo bleibt der Witz bei diesem neuen Nebelspalter?»
Die Irritation rührt daher, dass der neue Nebelspalter unter Markus Somm auf Facebook eine Gefolgschaft von mehr als 21’000 Leuten telquel übernommen hat und ihnen nun trockene Politkost serviert, wo es früher saftige Satire gab. Das ist die schlechte Nachricht. Doch es gibt Hoffnung auf Besserung.
Zahlreiche Zeichnerinnen und Zeichner haben sich von ihrem früheren Auftraggeber losgesagt und zeitgleich mit dem Start des neuen Nebelspalters die Kampagne «Wer braucht schon Satire?» lanciert. Auf der gleichnamigen Website kommentieren sie mit spitzer Feder die zunehmende Marginalisierung der Satire. Vielleicht sehen wir hier den Kern einer würdigen Nachfolgepublikation des alten Nebelspalters.
The Bad – Brain Drain am Leutschenbach
Die Liste ist lang und die Namen, die darauf stehen, haben eines gemeinsam: SRF verliert in Zürich reihenweise Fachleute für digitale Strategie und Online-Medien. Die beiden diese Woche bekannt gewordenen Abgänge von Graziella Luggen (Leiterin Digitales Angebot) und David Elsasser (Leiter Transformationsprojekt SRF 2024) sind nur die Spitze des Eisbergs.
Die MEDIENWOCHE weiss von mindestens zehn weiteren Personen in leitenden Positionen, die das Unternehmen in den letzten Wochen und Monaten verlassen oder ihren Abgang angekündigt haben. Eine offizielle Erklärung für den Brain Drain gibt SRF keine. Eine Anfrage bei der Medienstelle blieb unbeantwortet.
Personen, die mit der aktuellen Situation vertraut sind, können sich durchaus einen Reim machen auf den Exodus: Strategisches Vakuum, Machtkämpfe, Feilschen um schwindende Ressourcen begünstigen die Abgänge. Weiter trage auch die Haltung von oben dazu bei, dass gehen soll, wer gehen will, nach dem Motto: Alle sind ersetzbar. Nur besteht die Gefahr, dass die Falschen gehen.
Mit der Transparenz und Offenheit, die SRF-Direktorin Nathalie Wappler bei Stellenantritt versprochen hatte, ist es offenbar nicht weit her. Was zu tun wäre? Endlich Klarheit schaffen, was SRF tatsächlich will. Klingt einfach – ist es aber nicht.
The Ugly – Bei «Nau.ch» ist das Mass voll
Eine so prominente Plattform kriegt man nur selten gratis und franko, erst recht nicht als junges und politisch randständiges Grüppchen. Doch «Mass-voll», ein Verein radikaler rechts-libertärer Corona-Massnahmengegner, konnte dieser Tage auf die publizistische Unbedarftheit von «Nau.ch» zählen.
Innerhalb von drei Wochen erhielten gleich zwei Exponentinnen von «Mass-voll» eine Carte blanche auf der Nachrichtenplattform. Ungefiltert und reichhaltig illustriert mit Propagandabildern durften sie ihren Verein vorstellen. Sie dankten es mit fleissiger Verlinkung auf Social Media. Eine kritische, journalistische Einordnung durch die Redaktion fand nicht statt. Es war an einem Gastautor, das nachzuholen.
Kolumnist Reda El Arbi knöpfte sich «Mass-voll» vor und wies unter anderem auf die Affinität einzelner Mitglieder zu Verschwörungstheorien hin. Inzwischen hat «Nau.ch» El Arbis Kolumne gelöscht. Aus juristischen Gründen, wie eine Sprecherin mitteilt. Weiterhin online steht dagegen ein Artikel, in dem ein «Mass-voll»-Vertreter ohne Belege behaupten darf, Juso-Mitglieder hätten bei Kundgebungen von Massnahmengegnerinnen «vermummt ältere Menschen hinterrücks angegriffen».
Im Umgang mit «Mass-voll» hat «Nau.ch» kläglich versagt. Wie die MEDIENWOCHE vernommen hat, ist sich die Chefetage dessen durchaus bewusst. Man stehe an einem Wendepunkt und werde die Vorgänge der letzten Wochen vertieft analysieren müssen, heisst es. Es kann nur besser werden.