The Good, The Bad & The Ugly XXXVI
Radiolegende, Fernsehstudio, Presserat
The Good – Bernhard Schär: leidenschaftlich unperfekt
Die Stimme ist sein Markenzeichen. Mit seinem kernigen, von keiner Sprechausbildung geglätteten Oberaargauer Dialekt stach Bernhard Schär aus dem Chor der Radiostimmen heraus. Zusammen mit seinem leidenschaftlichen Duktus, wenn Schweizer Skifahrerinnen und Tennisspieler zu Höchstleistungen aufliefen, machte das Schärs Einzigartigkeit aus.
Nach 33 Jahren bei Radio SRF ging der Sportreporter gestern in Pension. «Berni» Schär ist zwar ein Urgestein, aber kein Relikt früherer Radiozeiten. Er passt ganz gut in die moderne Audiowelt, wo Authentizität wichtiger ist als geschliffene Sätze. Sein hörbares Mitfiebern, seine Nähe zu den Athlet:innen, deren Karriere er über Jahrzehnte mit dem Mikrofon begleitete, könnten heute Zutaten sein für einen erfolgreichen Podcast. Wer weiss, ob wir ihn auch in Zukunft wieder hören.
The Bad – Die neuen SRF-Studios werden immer älter
Eigentlich hätte man es wissen können. «Die Terminpläne waren unrealistisch», sagt heute Martin Sauter. Er ist Teil der Projektleitung für den Aufbau der neuen Fernsehstudios in Zürich. Sauter verkündete dieser Tage vor dem SRF-Personal zusammen mit Remo Vogt, dem Gesamtprojektleiter für das neue News- und Sportcenter, eine weitere Verzögerung um ein halbes Jahr. Anstatt 2019 wird es damit wohl eher 2022, bis erstmals eine SRF-Sendung aus den neuen Studios gesendet wird.
Das sind noch keine Dimensionen wie beim Flughafen in Berlin, aber trotzdem kein Ruhmesblatt für das Schweizer Fernsehen. Der Preis, den man für die Einführung modernster Technologie zahlt, ist hoch. Die Verzögerungen kosten zwar nicht direkt zusätzliches Geld, wie Medienberichte bei früheren Verzögerungen behauptet hatten, aber sie kosten wertvolle Zeit. Das Personal, das nun mindestens ein weiteres halbes Jahr daran arbeitet, die neuen Studios betriebsbereit zu machen, könnte sich längst anderen Projekten widmen. Und wie alle wissen, ist der Reformbedarf bei SRF gross und die Personalressourcen beschränkt.
The Ugly – Der Presserat steht sich selbst im Weg
Man kann nur mutmassen, wie der Presserat entschieden hätte, wenn ihm nicht die Hände gebunden gewesen wären. Nun konnte er nur zwei von mehr als 30 Tamedia-Artikeln prüfen, gegen die der Francesco Maisano, früherer Leiter der Herzklinik des Zürcher Universitätsspitals, Beschwerde einlegte, weil er die journalistische Ethik verletzt sah. In der Berichterstattung gegen ihn ging es um schwere Vorwürfe wie Patientengefährdung oder Urkundenfälschung. Gemäss Reglement tritt der Presserat nicht auf Beschwerden ein, «wenn die Publikation des beanstandeten Medienberichts länger als drei Monate zurückliegt». Hier war das der Fall: Maisano reichte seine Beschwerde danach ein. An den beiden beurteilten Artikeln wurde einzig gerügt, dass der «Tages-Anzeiger» Maisanos Position zu wenig Gehör gewährt habe. In den weiteren Punkten sah der Presserat den Kodex nicht verletzt. Das komme «einem Freispruch gleich», kritisiert der Verein Fairmedia, der sich für «faire Medien und Demokratie» einsetzt.
Bei einer Betrachtung weiterer Artikel wäre die Rüge möglicherweise schärfer ausgefallen. Hinweise darauf gibt Kritik an der Tamedia-Berichterstattung in anderen Medien, sowie eine überparteiliche Erklärung aus dem Zürcher Kantonsrat, welche bezweifelte, dass die Journalist:innen im Fall Maisano, die «Sorgfaltspflichten wirklich gegenüber allen Protagonisten und Institutionen redlich und sorgfältig wahrgenommen» haben. Einen unabhängigen Befund kann aber nur der Presserat liefern. Doch die Dreimonatsregel, die ihn für eine umfassende Würdigung im Weg stand, wird er vorerst kaum aufheben, weil sonst nur noch mit mehr Beschwerden zu rechnen ist. Und der Presserat ächzt schon jetzt unter der Arbeitslast.
Anne 02. Mai 2021, 02:56
Was heisst, die Verzögerungen kosteten „nicht direkt“ Geld? Natürlich kosten Arbeitsstunden Geld, nämlich in der Form von Lohn und Lohnnebenkosten inkl. Overhead für die eingesetzten Mitarbeitenden. Bei 10 Personen und 6 Monaten Aufwand (170 000 pro FTE/Jahr) sind das knapp eine Million Franken.
Nick Lüthi 02. Mai 2021, 12:22
Natürlich ist Zeit auch Geld. Aber es ist nicht so, dass Ende Jahr ein unbudgetierter Ausgabenposten in der Rechnung steht und SRF irgendwoher einen Zusatzkredit beantragen musste. Dieser Eindruck kann entstehen, wenn man solche Artikel liest. Wie ich schreibe, muss sich Personal, das längst anderen Projekte hätte in Angriff nehmen können, sich nunr mit der Inbetriebnahme der neuen Studios herumschlagen.