Nach schwerer Krise: Online-Magazin «Republik» schreibt erstmals Gewinn
Vor zwei Jahren war sie von der Schliessung bedroht. Nun erreicht die «Republik» aber 29’000 Abonnenten.
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Vor zwei Jahren war sie von der Schliessung bedroht. Nun erreicht die «Republik» aber 29’000 Abonnenten.
Anja Conzett, Co-Autorin der grossen «Republik»-Recherche zum Bündner Baukartell, bietet im Gespräch mit Miriam Suter in der «Fabrikzeitung» einen Einblick in ihre Arbeit an dieser Riesengeschichte. Neben viel Fleiss und solidem Handwerk zusammen mit Co-Autor Gion-Mattias Durband – «Wir arbeiteten bis zu 14 Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche» – kam bei der Terminierung der Publikation und den politischen Folgen, welche die Recherche auslöste, «sehr viel Glück» dazu. Die darauf folgende Kritik, die auf Conzetts Person abzielte, ignoriere sie einfach. Sie beschäftige sich nur mit Vorwürfen, die ihre journalistische Arbeit betreffe. «Dort bin ich abgesichert und kann sagen: Schau, die Sorgfaltspflicht ist überall erfüllt, was willst du?»
Mancherorts liegen die Nerven blank, nachdem das Online-Magazin «Republik» im Vorfeld der Regierungs- und Grossratswahlen im Kanton Graubünden detailliert beschrieben hatte, wie sich das lokale Baugewerbe mit illegalen Absprachen öffentliche Aufträge zugeschanzt hatte und die zuständigen Politiker beide Augen zudrückten. Das Baukartell dominierte den Wahlkampf und auch den Ausgang der Wahl. Dass die betroffenen SVP- und BDP-Magistraten nicht besonders gut auf die «Republik» zu sprechen sind, ist darum nachvollziehbar. In seiner Reportage vom Wahlsonntag dokumentiert die «Republik» das teils haarsträubende Verständnis der Politiker von der Rolle der Medien.
Die Reaktionen auf unsere Serie zum Bündner Baukartell waren gewaltig. Auch in den Schweizer Medien. Dort wurden und werden Dinge erzählt, die einer Richtigstellung bedürfen. Vor allem deshalb, weil es jetzt um persönliche Angriffe auf unsere Reporterin geht.
Bis jetzt konnte man es als Marotte und Differenzierungsmerkmal zu anderen Medien abtun, wenn das Online-Magazin «Republik» sein zahlendes Publikum konsequent mit «Verlegerinnen und Verleger» ansprach. Doch jetzt wird die Floskel mit Inhalt gefüllt. Am 17. Oktober kann die versammelte Verlegerschaft einen 30-köpfigen Genossenschaftsrat wählen. Das Gremium sei «eine Mischung aus Parlament, Aufsichts- und Kontrollgremium, Thinktank, Debattierklub und Ideenentwicklungslabor.» Und auch das Wahlverfahren ist eine Mischung: Zum einen macht der Vorstand der Genossenschaft 30 Wahlvorschläge von Figuren, die in den Rat passen könnten. Zum anderen können sich alle Verlegerinnen und Verleger zur Wahl stellen. Zwei Mal pro Jahr widmet sich der Rat den statutarischen Pflichten, aber diskutiert «auch publizistische und strategische Ideen und Projekte». Einen sehr direkten Einfluss auf die Leitung des Unternehmens nimmt das Gremium zudem bei der Wahl des Vorstands.
Neue Talk-Sendung für den früheren SRG-Generaldirektor. Aber nicht bei seinem alten Arbeitgeber, sondern beim Online-Magazin «Republik».
Nach dem Gründungshype ist es um die «Republik» etwas ruhiger geworden. Das Online-Magazin, das vieles anders machen will als alle anderen Medien, sucht seinen Platz in der Medienlandschaft – und vor allem die Aufmerksamkeit seiner Abonnentinnen und Abonnenten. Denn nur so wird es möglich sein, Ende Jahr die Leute erneut zum Zahlen zu bewegen. Damit das gelingt, setzt die «Republik» auf maximale Transparenz. Dazu gehört auch öffentliche Selbstkritik. In einer 100-Tage-Bilanz reflektieren die Macherinnen und Macher neben den Stärken auch ihre Schwächen. Zu den grössten Herausforderungen zählt der Rollenwechsel von Journalisten ins Management eines Medienunternehmens: «Im Journalismus hat etwas halb Gedachtes keine Konsequenzen – die einzige Strafe für einen verwaschenen Artikel ist, dass die Leserin den Inhalt schon beim Lesen vergisst. Im Management explodiert einem jede Nachlässigkeit meist wenig später ins Gesicht. Dann muss man den Schaden aufräumen, nachdenken und dasselbe neu und gründlich machen.»
Die Leser des Online-Magazins «Republik» scheinen mit dem Gebotenen zufrieden. Doch ob sie tatsächlich an Bord bleiben, wird sich erst noch zeigen.