Der kurze Weg von der Lappalie zur Cancel Culture
Die hiesige Medienlandschaft ist geradezu süchtig nach der Erregung über die Zustände an US-Universitäten. Stanford-Professor Adrian Daub kann sich denken, warum das so ist.
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Die Lesetipps dieses Themenbereichs werden kuratiert von Nick Lüthi, redaktion@medienwoche.ch.
Die hiesige Medienlandschaft ist geradezu süchtig nach der Erregung über die Zustände an US-Universitäten. Stanford-Professor Adrian Daub kann sich denken, warum das so ist.
Ein mäandernder Versuch zu verstehen, was die aktuellen Rauchzeichen im Dark Paradise Popkultur bedeuten.
Gedruckte Musikmagazine haben einen schweren Stand. Allein in diesem Jahr sind zahlreiche Titel verschwunden. In England der renommierte New Musical Express, in Deutschland hat Spex kürzlich sein nahendes Ende angekündigt. Aber ist das auch das Ende des Musikjournalimus? Dave Simpson widerspricht vehement. Im britischen «Guardian» zeigt er auf, wie Genre-spezifische Publikationen – auch gedruckte – einen guten Stand haben und weiterhin gekauft und gelesen werden. «Wenn man 2018 in einen grossen Kiosk geht, wird man von einer schwindelerregenden Anzahl von Titeln begrüsst – weitaus mehr als damals, als Melody Maker, NME und Sounds Hunderttausende von Exemplaren ausgeliefert haben. Die heutigen Auflagen sind niedriger, aber es gibt Zeitschriften für jede Nische oder jedes Genre, von Classic Rock über Blues & Soul bis hin zum avantgardistischen Titel The Wire», beobachtet Simpson.
Erst seit Frühjahr dieses Jahres ist der Musikjournalist Daniel Gerhardt Chefredakteur des Magazins «Spex». Im Editorial des aktuellen Heftes musste er das Ende für die 1980 gegründete legendäre Musikzeitschrift ankündigen. Das Dezemberheft 2018 wird das letzte sein
Am kommenden 27. Dezember erscheint Spex zum letzten Mal. Damit verschwindet nicht nur ein Musikmagazin, sondern eine Institution der Popkultur; nach 38 Jahren und 384 Ausgaben ist Schluss. Obwohl Spex schon immer mehr war als nur eine Navigationshilfe durch die Flut an Veröffentlichungen, sondern sich als Magazin verstand, «das seine Geschichten dort sucht, wo Pop und Gesellschaft am heftigsten aufeinanderprallen», vermochte das den Niedergang nicht aufzuhalten. Spex ist damit nicht allein. In diesem Jahr stellten mit dem New Musical Express NME und den deutschen Publikationen «Intro» und «Groove» bereits drei andere Musikmagazine das gedruckte Heft, respektive den Betrieb komplett («Intro»), ein.
Kaum eine Journalismusgattung, die sich durch den Medienwandel nicht existenziell in Frage gestellt sieht: Umso wertvoller sind Ideen und Anregungen zur Anpassung an die neuen Gegebenheiten. Janosch Tröhler macht das für den Musikjournalismus. ALs Betreiber des Online-Magazins Negative White sind ihm die Herausforderungen an seine Profession nur allzu bekannt. Was tun? Tröhler empfiehlt an erster Stelle die Kuration: Medien sollen beispielsweise Playlists kuratieren und unter ihrer Marke vermarkten. Denn: «In der Flut aus neuer Musik und Konzerten kann der Musikjournalismus als Perlentaucher eine wichtige Rolle einnehmen.» Diese und vier weitere Anregungen seien «keine Garantie für Erfolg. Allerdings wären sie bereits einen Quantensprung gegenüber dem Status Quo», schliesst Tröhler.
Nach fast 30 Jahren wird die „Intro“ eingestellt. Trotz des undurchsichtigen Umgangs mit ihren Anzeigen wird das Heft im Popdiskurs fehlen.
Lester Bangs, Rolling Stone, Spex – wer über guten Musikjournalismus spricht, thematisiert vor allem die Vergangenheit. Doch was ist mit der Gegenwart? Wie steht es um den Musikjournalismus in der Schweiz?