von Benjamin von Wyl

The Good, The Bad & The Ugly LXIX

Kanton Luzern, NZZ am Sonntag, Mediengesetz

The Good – Licht nach Luzern

In den meisten Kantonen gilt das Öffentlichkeitsprinzip: Grundsätzlich können Verwaltungsdokumente eingesehen werden. Die Schweizer Regierung bezeichnet das Prinzip als «Grundlage für die Teilnahme der Bevölkerung an der demokratischen Willensbildung». Doch der Kanton Luzern gilt als Dunkelkammer der Nation: Als die Kantonsregierung vor sieben Jahren einen Entwurf für dessen Einführung beantragte, verweigerte das Parlament überhaupt die Debatte darüber. Der Nichteintretensantrag, den Andrea Gmür (Die Mitte) als Präsidentin der Staatspolitischen Kommission stellte, begründete sich damit, dass die Einführung des Öffentlichkeitsprinzip zu viel koste für die damals klammen Kantonsfinanzen.

Wie «Regionaljournal» und «Zentralplus» berichten, gibt es nun einen neuen Anlauf für das Öffentlichkeitsprinzip. Nun ist auch die Kommission dafür, die Regierung, die FDP. Grüne und SP befürworten die Behördentransparenz schon lange. Die Mitte zögere noch, doch es sieht aus, als könnte es diesmal gelingen. Vielleicht hat ja auch die intensive Debatte über journalistische Freiheit im laufenden Abstimmungskampf bei einigen Politiker:innen etwas bewirkt.

The Bad – Nicht-Wähler wird Beamter

Als Journalist:in läuft man Gefahr, die eigene Rolle zu überhöhen. Doch vom Pathos des Berufs bleibt oft wenig, wenn eine:r den Job abgibt. Dass er seinen Job bei der «NZZ am Sonntag» abgibt, teilte diese Woche Michael Furger mit. «Mir war schon lange klar, dass ich nicht als Hintergrundchef in Pension gehe», sagte Furger gegenüber «persoenlich.com». Künftig verantwortet Furger die Kommunikation des Bundesamts für Raumentwicklung.

Als Leser:in der «NZZ am Sonntag» wird man ihn vermissen. Dort schrieb er von 2016 bis 2020 die bis heute besten Medienkolumnen der «NZZ»-Familie. Deren Stil und Argumente waren immer näher an Watergate als an Wallisellen. Am Radikalsten war Furgers Bekenntnis zum Nicht-Wählen. Der Beruf als Journalist lasse sich für ihn «mit der Rolle als Stimmbürger und Wähler» nicht vereinbaren. Schon seit 10 Jahren verzichte er darauf, schrieb er 2019. Denn wenn man abstimmt, wolle man, dass «seine Seite» gewinnt – und könne weder sauber berichten noch analysieren.

Hingegen konnte Furger komischerweise in den Medien arbeiten und trotzdem über die Medienbranche schreiben. Vor fünf Jahren schrieb er: «Wer heute Journalist ist, hat gar nie etwas anderes erlebt als Krisen. Ist das schlimm? Nein.» Medien wie die «NZZ am Sonntag» würden unter Druck immer noch Gewinn mit Journalismus einfahren.

Wahrscheinlich ist die wirtschaftliche Krise heute aber doch so fortgeschritten, dass es für Furger ungeachtet seines Idealismus ausserhalb der «NZZ am Sonntag» kaum spannende Stellen gibt. Anders lässt sich dieser Seitenwechsel ins Beamtentum nicht erklären.

The Ugly – Pietro Supino, wieso?

Als Journalist:in kann man der «Republik» für das Interview mit «TX Group»-Verleger Pietro Supino gratulieren. Es ist entlarvend. Als Befürworter:in des Medienpakets kommt man aus dem leeren Schlucken kaum mehr raus.

Auf 30‘000 Zeichen schafft es der Verlegerverbandspräsident Supino, kein einziges Mal unabhängige Lokalverlage zu erwähnen. Die Medien seien heute «reichhaltiger» als in seiner Jugend, man könne sie kaum zu Ende lesen. «Der Markt funktioniert tatsächlich gut», findet er. Nur der Ausbau der Zustellrabatte scheint ihm wichtig zu sein. Doch den Verleger, dessen Redaktionen längst auf Mobile First setzen, bekümmert bei der indirekten Presseförderung nicht die flächendeckende Medienvielfalt. Vielmehr würde seiner Meinung nach ohne das Medienpaket die «Haus­zustellung der Zeitungen schneller nicht mehr aufrecht­zuerhalten sein» und man werde die Leser:innen verlieren, die nicht auf Onlineangebote wechseln. Warum die verwöhnte «TX Group» die teurere Zustellung nicht selbst zahlt? Die Gewinne von Ricardo und anderen Online-Marktplätzen könne die «TX Group» deshalb nicht in den Journalismus oder ihre Redaktionen investieren, weil unklar sei, ob diese Gewinne auch künftig «in Stein gemeisselt» seien.

Falls noch jemand glaubte, Supino interessiere sich neben dem Mediengeschäft auch für Journalismus als Ganzes, wird vom «Republik»-Interview eines Besseren belehrt. Supino findet nämlich auch, dass die SRG Gebührengelder missbräuchlich zweckentfremde und positioniert sich unklar zur seit Jahren angekündigten SVP-Initiative, die die Gelder für die SRG halbiert will. Das Interview liest sich, als wollte Supino jedes Klischee des «Zürcher Medienmillionärs» erfüllen.