von Benjamin von Wyl

The Good, The Bad & The Ugly LXXXVI

Hochparterre, SMD, Grünliberale

The Good – Eine Stiftung für die Zukunft

Architekt:innen schaffen Räume für andere, die im schlechten Fall vor allem Denkmäler für sie selber sind. Man sagt der Berufsgruppe eine Tendenz zu unguter Selbstliebe nach. Umso wichtiger, gibt es kenntnisreichen Architekturjournalismus, der über das einzelne Gebäude hinausdenkt, wie ihn seit vielen Jahren die Zeitschrift «Hochparterre» betreibt.

Diese Woche ist bekannt geworden, dass das unabhängige Verlagshaus nachhaltig weiter wirken kann: Mitgründer Köbi Gantenbein, bis 2020 Chefredaktor, zieht sich als Verwaltungsratspräsident zurück. Gantenbein hat seine Aktienmehrheit in eine Stiftung überführt, welche die «Liberté, Égalité et Solidarité» beim «Hochparterre» weiter garantiert, hält Gantenbein in seinem letzten Beitrag fest.

In etwas bürokratischeren Worten steht im Handelsregister, die Stiftung Mezzanin solle die Hochparterre AG auf «solider Grundlage dauernd» erhalten und das partizipative Mitarbeiter:innenmodell fortführen. Weiter will sich die Stiftung, dort, wo die Pressefreiheit bedroht ist, für freien Journalismus einsetzen und die Forschung zu «klimagerechtem Bauen» und «sozial innovativen Wohn- und Lebensformen» unterstützen. Die «Hochparterris», wie sie sich intern nennen, machen nicht nur hervorragenden Journalismus über nachhaltiges Bauen, sondern haben ihren Journalismus auch unternehmerisch auf nachhaltige Basis gestellt.

The Bad – Schweizer Mediendatenausfall

Die Schweizer Mediendatenbank SMD ist ein unglaublich wertvolles Recherche-Instrument. 6000 Personen nutzen sie Tag für Tag. Mit der SMD lässt sich unkompliziert überprüfen, ob über vermeintlich neue Informationen bereits berichtet worden ist. Man stelle sich vor, wie mühselig es wäre, die Berichterstattung über ein Thema über einen längeren Zeitraum hinweg nachzuverfolgen – ein Alptraum aus Papier und Aktenordnern – so wie es früher einmal normal war.

Doch leider ist die Datenbank immer wieder nicht erreichbar. CEO Roberto Nespeca erklärt auf Anfrage detailliert, was diese Woche bei der SMD vorgefallen ist: Bereits vergangenes Wochenende habe die «Datenbankgeschwindigkeit» abgenommen. «Am Montagmorgen, dem 30.05.2022, hat unsere Produktion gemeldet, dass sich das Problem verschärft hat», so Nespeca weiter. Die für die IT verantwortliche Partnerfirma sei sofort informiert worden, doch bis die Ursache des Problems gefunden und behoben worden sei, seien einige Stunden vergangen. Ab 17 Uhr sei die Datenbank «wieder in vollem Umfang zur Verfügung» gestanden. Nespeca sagt: «Wir bei der SMD bedauern die erfolgten Ausfälle im Verlauf dieser Woche sehr, können Ihnen aber versichern, dass es sich um einmalige Ereignisse gehandelt hat.» Allerdings: Schon «seit einigen Wochen» erhalten Nutzer:innen beim Login-Versuch immer wieder die Meldung «Seite ist nicht erreichbar». Dazu bietet die SMD einen Lösungshinweis auf der Startseite.

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The Ugly – Wendehälse machen Medienpolitik

Mit 92 zu 87 Stimmen entschied sich der Nationalrat am Donnerstag gegen den «Ausbau der bewährten Medienfördermassnahmen». Die parlamentarische Initiative der nationalrätlichen Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen hätte die journalistische Ausbildung, sowie den regionalen Agenturjournalismus stärker unterstützt, ebenso Institutionen wie der Presserat. Und auch die Beiträge an private Lokalradios und Fernsehsender sollten erhöht werden. Alles Massnahmen, die aus dem von der Stimmbevölkerung abgelehnten Medienpaket bekannt sind. Im Winter hiess es immer wieder, diese Massnahmen seien unbestritten.

Die Zürcher Verlegerin und SP-Nationalrätin Min Li Marti, die sich im Februar für das Medienpaket stark gemacht hatte, fehlte bei der Abstimmung am Donnerstag. Doch ihre Anwesenheit hätte am Ergebnis auch nichts geändert. Die entscheidenden Nein-Stimmen kamen von den Grünliberalen. Die 13 anwesenden GLP-Nationalrät:innen stimmten alle dagegen.

In der Volksabstimmung war die GLP noch für das Medienpaket. Zwar waren die Meinungen in der Partei geteilt, manche sprachen sich dagegen aus. Doch in der Medienmitteilung zur Ja-Parole teilte die Partei mit, in der Diskussion sei es «unbestritten» gewesen, «dass die Grünliberalen im Grundsatz für die staatliche Unterstützung von staatspolitisch wichtigen journalistischen Leistungen einstehen». Weiter: «Medienvielfalt, Qualitätsjournalismus und regionale Medien» seien «zentral für eine direkte, föderale und mehrsprachige Demokratie».

Warum also stimmte die Partei nun im Parlament geschlossen gegen die Medienförderung? GLP-Nationalrätin und Fraktionspräsidentin Tiana Angelina Moser (Bild), die bei der Volksabstimmung eine präsente Befürworterin war, liess entsprechende Anfragen der MEDIENWOCHE unbeantwortet.

Leserbeiträge

Jan Holler 19. Juni 2022, 07:42

Die GLP ist nicht viel mehr als eine leicht grün angepsrayte FDP. Die Partei ist für jeden, der nur leicht link steht, unwählbar. Der einzige Vorteil der GLP ist, dass sie die FDP bedrängt, aber das ist leider auch schon alles. Das G der GLP ist nur eine zeitgeistige Etikette. Das L sollte eigentlich für Liberal stehen, aber mit kommt da ein besserer Begriff in den Sinn, der besser zur Irreführung der Wählerschaft passt. Man verkauft sich als liberale Partei, versteht aber das Wort Liberal aber so wie die FDP: Freiheit für das Kapital – sonst ist nicht viel mehr dahinter. Die Partei kann von mir aus bald wieder verschwinden oder gleich mit der FDP fusionieren.