Zuerst eine neue SRG-Konzession, dann die Halbierungsinitiative
Der Bundesrat skizzierte jüngst seine Pläne für eine neue SRG-Konzession, die 2025 in Kraft treten soll. Darunter befinden sich ein abgehangener Ladenhüter, aber auch sinnvolle Anpassungen an die Realität. Die Umsetzung dieser Neuerungen wird auch die Abstimmung über die Halbierungsinitiative beeinflussen.
So viel ist jetzt schon klar: Irgendwann in den nächsten Jahren werden die Schweizer Stimmberechtigten über eine massive Budgetkürzung der SRG abstimmen. Die erforderlichen 100’000 Unterschriften für die aus dem SVP-Umfeld lancierte «Halbierungsinitiative» dürften problemlos zusammenkommen. Sollte das Begehren «200 Franken sind genug!» an den Urnen eine Mehrheit finden, müsste das öffentliche Radio und Fernsehen arg Federn lassen. Der Auftrag müsste neu formuliert und entsprechend in der Konzession festgeschrieben werden.
Nun will der Bundesrat aber nicht erst den Ausgang der schicksalsträchtigen Abstimmung abwarten, mit der er frühestens 2026 rechnet. Wie er vergangene Woche bekanntgegeben hat, soll bereits 2025 eine neue Konzession für die SRG in Kraft treten. Grundsätzlich solle die SRG «ihre Transformation weiter vorantreiben und dabei nach wie vor alle Regionen, Landessprachen und Altersgruppen bedienen». So weit, so bekannt.
Der Bundesrat fordert, die SRG solle «auf jene Bereiche fokussieren, die von anderen Anbietern nicht abgedeckt werden».
In zwei Punkten sieht der Bundesrat gegenüber dem Status quo Anpassungen vor, die sich sicht- und hörbar auf das Angebot auswirken würden. Zum einen solle sich die SRG künftig stärker auf Audio und Video konzentrieren. Bei den Textangeboten müssten «weitere Einschränkungen geprüft werden». Zum anderen sollen die Bereiche Information, Bildung und Kultur im Zentrum des Programmangebots stehen. Für Unterhaltung und Sport würde der Auftrag gelockert.
Hinter beiden Vorschlägen steht die Idee einer Aufgabenteilung und Abgrenzung zwischen den privaten Medien und dem abgabenfinanzierten Radio und Fernsehen. Oder wie es der Bundesrat formuliert: Die SRG solle «auf jene Bereiche fokussieren, die von anderen Anbietern nicht abgedeckt werden». Unterhaltung und Sport in der Konzession zurückzustufen, wäre einfach eine Anpassung an die Realität. Beim Sport hat die SRG in den letzten Jahre bereits verschiedene Sportrechte an die private Konkurrenz verloren, etwa die Fussball-Champions-League oder die Eishockey-National-League. Die Verantwortlichen erklärten verschiedentlich, dass sie diese Wettbewerbe gerne wieder zeigen würden.
Das Konzept eines allumfassenden Service-public stammt aus der Zeit der linearen Programme.
Die Konzessionsänderung, wie sie der Bundesrat skizziert, könnte solchen kostspieligen Ambitionen einen Riegel schieben, zumal es sowieso fragwürdig erscheint, mit öffentlichen Geldern die ohnehin schon reichen Sportverbände weiter zu mästen. Auch bei der Unterhaltung wären Abstriche vertret- und verkraftbar. Überhaupt stammt das Konzept eines allumfassenden Service-public aus der Zeit der linearen Programme, als man das Publikum via Unterhaltung an die Informationssendungen heranführen musste. Das braucht es heute immer weniger, weil die Online-Nutzung nicht mehr nach dieser Programmlogik funktioniert.
Die andere angedachte Anpassung der Konzession wirft weit mehr Fragen auf. Wenn der Bundesrat behauptet, private Schweizer Medien erhielten mehr Spielraum im Internet, wenn er das Textangebot der SRG weiter einschränke, dann bewegt er sich mit dieser Aussage auf heiklem Terrain. Schon die bestehende Längenbeschränkung von Online-Texten ohne Sendungsbezug auf 1000 Zeichen ist eine grenzwertige Vorgabe und eigentlich ein Eingriff in die redaktionelle Autonomie. Wie genau die privaten Verlage von kürzeren SRG-Texten profitieren sollen, bleibt das Geheimnis des Bundesrats. Er orientiere sich an der Verfassungsbestimmung, wonach bei der Regulierung von Radio und Fernsehen auf die anderen Medien, insbesondere die Presse, Rücksicht zu nehmen sei, teilt das Bundesamt für Kommunikation auf Anfrage mit.
Die Differenzierung zwischen privaten und öffentlichen Medien muss entlang inhaltlicher Kriterien erfolgen.
Eine Parzellierung zwischen privaten Verlagen und der SRG entlang der unterschiedlichen Mediengattungen mag vor zehn, fünfzehn Jahren berechtigt gewesen sein, als Zeitungen online einzig in Textform ihr Publikum suchten. Seit aber Audio und Video auch zu ihrem Repertoire zählen, also alle alles machen, ergibt eine Einschränkung der SRG im Textbereich keinen Sinn mehr. Es wäre reine Symbolpolitik, wenn der Bundesrat hier die Zügel anzöge. Die Differenzierung zwischen privaten und öffentlichen Medien muss entlang inhaltlicher Kriterien erfolgen und nicht nach technischen Vorgaben wie der Zeichenzahl.
Mit seinen Reformplänen für die neue SRG-Konzession beeinflusst der Bundesrat unweigerlich den Ausgang der Halbierungsinitiative. Je nachdem in welcher Verfassung sich das Medienunternehmen zum Zeitpunkt der Abstimmung befindet, verstärkt das Sympathien oder Abneigung. Wenn nun der Bundesrat der ewigen Forderung der Verleger nach weniger Text im Online-Angebot der SRG nachkommen will, kann man dies auch als eine taktische Massnahme sehen mit Blick auf die Schicksalsabstimmung.
Einen wichtigen Trumpf hält der Bundesrat indes noch in der Hinterhand. Die Höhe der Haushaltsabgabe hat er vorerst bei 335 Franken pro Jahr belassen und den Betrag nicht gesenkt, wie er dies auch hätte tun können. Eine Senkung auf 300 Franken oder sogar darunter zu einem späteren Zeitpunkt könnte der Halbierungsinitiative den Wind aus den Segeln nehmen und sie als Zwängerei erscheinen lassen.
Bild: Andreas Fischinger/Unsplash und SRF/Oscar Alessio