Beep!
Auf unsere Kritik an der Serie «Chez les Welsch» meldete sich DRS3-Programmleiter Pascal Scherrer zweimal telefonisch bei uns. Wohl hat ihm der Beitrag der MEDIENWOCHE keine Freude bereitet. Aber Scherrer mochte nicht sagen weshalb. Das Angebot, die Kritik öffentlich bei uns zu kommentieren, lehnte er ab. Lieber wollte Scherrer mit uns Kaffee trinken gehen, anstatt für seine Sendungen einzustehen und Erhellendes zum Thema zu sagen. Nachfolgend das Transkript eines kurzen Gesprächs aus dem journalistischen Alltag.
Pascal Scherrer: Scherrer.
Medienwoche, René Worni: Ja, hier ist Worni, Medienwoche. Guten Tag Herr Scherrer.
Scherrer: Herr Woorrnii!! Jetzt habe ich gerade mit meinem Chef über Sie gesprochen.
Worni: Aha, hochinteressant.
Scherrer: Ja
Worni: Hören Sie, ich mache Ihnen folgenden Vorschlag: Sie haben die Möglichkeit einen Kommentar zu schreiben, nach Herzenslust können Sie in die Tasten greifen. Die zweite Möglichkeit, ich gebe Ihnen anderthalb Minuten Redezeit, Sie können über meinen Artikel herfahren, Sie können etwas Intelligentes sagen zu diesem Thema und ich werde das publizieren.
Scherrer: Also ich entscheide mich für die dritte Variante und die ist, dass wir zusammen einen Kaffee trinken gehen.
Worni: Bin ich dagegen.
Scherrer: Und den bezahlen Sie.
Worni: Nein, bin ich dagegen. Das Tonband läuft im Hintergrund.
Scherrer: Gut, dann werden wir uns nicht handelseinig.
Worni: Ok. Gut, das wärs dann gewesen. Schade.
Scherrer: (kurze Pause) Ähm, haben Sie keine bessere Idee als die Vorschläge, die Sie mir jetzt gemacht haben?
Worni: Ich möchte – falls eine Debatte stattfindet – dass diese in der Öffentlichkeit stattfindet.
Scherrer: Das mach ich dann das nächste Mal gern. Aber verstehen Sie, ich habe im Moment so viel zu tun. Ich möchte mich einigermassen zeitnah äussern zu diesem Thema, weil ich einen hohen Grad an Professionalität habe. Ich habe jetzt einfach vier oder fünf Tage, wo ich nicht dazukomme. Darum verunmöglicht mir das, die Angebote anzunehmen, die Sie mir machen.
Worni: Aha.
Scherrer: Ich habe auch ihrem Kollegen gesagt, mit dem ich gestern telefoniert habe, dass ich das noch so gerne mache. Das ist auch für uns Publizität. Aber irgendwie hab ich langsam schon etwas das Gefühl, das ist eine Masche. Ich kenne das eigentlich nur vom Weltwoche-Journalismus…
Worni: Sehen Sie, ich möchte mit Ihnen nicht auf diese Weise diskutieren und Floskeln austauschen. Nochmal: Sie sind professionell genug, Sie sind DRS 3 Programmleiter, Sie könnten in anderthalb Minuten etwas Intelligentes sagen. Das ist doch kein Problem. Dafür sind Sie da.
Scherrer: Ja. Und ich verzichte jetzt gern auf Ihr Angebot.
Worni: Gut. Das Band lief. Auf Wiederhören.
Scherrer: Beep!
Florian Imbach 08. Juli 2011, 13:07
Ein Programmleiter darf und soll zu Kritik auf diesem Niveau (an seinen Programmen) Stellung nehmen. Vielen Dank René Worni, dass du hier nicht locker gelassen hast und die Hintergründe publik machst.
Titus 10. Juli 2011, 15:43
Dass sich die Genfer genauso wenig in einen Topf mit den Jurassiern schmeissen lassen wie die Appenzeller mit den Baslern, sollte eigentlich auch einem Programmleiter bekannt sein. Dem Glauben, man könne in zwei Wochen „les Welsch“ auf einen Nenner bringen, liegt darum schon ein konzeptioneller Fehler zugrunde.
Oder aber es ging darum, Unterschiede heraufzubeschwören, die es gar nicht gibt. Wäre man nämlich in die Tiefe gegangen, hätte man feststellen können, dass die Sorgen und Nöte beispielsweises eines 300-Seelen-Dorfs in der Waadt nicht fundamental anders sind als jene eines 300-Seelen-Dorfs im Berner Seeland. Damit wäre allerdings der Sendungszweck dahingefallen…
Statt „das Verständnis, den Zusammenhalt und den Austausch unter den Landesteilen“ zu fördern, wie es die SRG-Konzession verlangt, kam eher das Gegenteil heraus. Kein Wunder, reagiert man nun bei den Verantwortlichen nervös.
Ein hoher Grad an Professionalität mag vorhanden sein – aber wohl kaum im journalistischen Sinne…
René Worni 10. Juli 2011, 17:03
@ Titus: Man muss den Machern zugute halten, dass die Inhomogenität der Romandie mit der Analyse des Basler Geschichtsprofessor Georg Kreis («Die Romandie existiert eigentlich gar nicht») am 21. Juni behandelt wurde, bevor sich Thomi und seine Begleiterin auf den Weg machten. Der Vorwurf der TSR-Fernsehjournalisten ging denn auch dahin, dass man sich vorab bereits mit (Deutschschweizer) Experten besprochen habe, anstatt sich vor Ort die Mühe zu nehmen und echtes Interesse zu zeigen (was im Idealfall eine gegenseitige Sache hätte werden können, denn auch Deutschschweizer/innen sind ja genauso wenig nur ordnungsversessene und lustfeindliche Langweiler/innen).
Titus 10. Juli 2011, 17:40
Und für die Feststellung dieser Inhomogenität brauchte es einen Experten?
Hoffentlich brauchen die Romands keinen Experten um zu erfahren, dass es die Deutschschweiz auch nicht gibt, sollten sie eine ähnliche Sendereihe umsetzen wollen…