von Ronnie Grob | Nick Lüthi

An den Originalschauplätzen

Bei aller unterschiedlicher Einschätzung der Vorgänge, die zum Rücktritt von Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand führten, lieferten die letzten Wochen einen erhellenden Einblick in die Mechanismen der Medien. Zehn Beobachtungen auf zehn Schauplätzen.

  1. Ideologie statt Solidarität
  2. Der Jäger
  3. Online schlägt Print
  4. Im Twitter-Sog
  5. Die Medienkonferenz der SNB
  6. Auf wessen Namen lautet das Konto?
  7. Was ist ein Screenshot?
  8. Die Sache mit den Quellen
  9. TV-Duell: Gilli vs. Ackeret 1:0
  10. «Mechanik einer Treibjagd»

Ideologie statt Solidarität
Es ist erstaunlich, wenn nicht verstörend, wie viele Journalisten auf die Enthüllungen reagierten. Statt die Vorwürfe selbst zu prüfen und sich ein eigenes Bild der Lage zu machen, kümmerten sie sich zu allererst um die Enthüller (Weltwoche, Blocher, Whistleblower) und fragten nach deren Motiven. Auf Journal21.ch will ein aufgeregter René Zeyer gar die «Weltwoche» schliessen und hält das nicht mal für einen Eingriff in die Pressefreiheit. Wer einzelne Artikel liest und Journalisten auf Twitter und Facebook zuhört, stösst auf Ideologie statt Solidarität. Müssten Journalisten nicht Leute, die möglicherweise relevante Vorwürfe erheben, zunächst mal unterstützen, unabhängig ihrer Herkunft? Bis zum Beweis des Gegenteils bleibt zwar jeder Angeschuldigte unschuldig, aber als Teil der kritischen Öffentlichkeit sind Journalisten doch selbst dringend auf die Solidarität des anderen Teils der kritischen Öffentlichkeit angewiesen. (rg)

Der Jäger
Seine Trophäensammlung wurde eben um einen prominenten Namen reicher. Urs Paul Engeler, meinungsstarker Reporter mit ausgeprägtem Jagdinstinkt, brachte mit seinem Artikel in der Weltwoche jene Dynamik in Gang, die zum Rücktritt von Philipp Hildebrand führte. Wenige Wochen zuvor war es Bundesratskandidat Bruno Zuppiger, dem ein Engeler-Artikel zum Verhängnis wurde und auch an der Demontage von Bundesanwalt Erwin Beyeler schrieb der Weltwoche-Autor fleissig mit. Der Branche scheint diese Form von Journalismus zu gefallen. Aus einer Publikumswahl ging Engeler jüngst als «Journalist des Jahres» hervor. Ein Titel, aus dem sich der Ausgezeichnete nicht viel macht. Ja, er wäre sogar bereit, darauf zu verzichten – allerdings nicht als Eingeständnis irgendwelcher Verfehlungen. In der Affäre Hildebrand stehe er weiterhin «zu jeder Zeile meines Artikels», sagte Engeler der Basler Zeitung. Nun fragt man sich natürlich: Who’s next? Die Liste der Zielobjekte ist lang. Engeler hält den halben Bundesrat, den ganzen Bankrat und den Chef der Finanzkontrolle wegen ihrer Rolle in der Affäre Hildebrand für «untragbar». (nil)

Online schlägt Print
Es gibt nichts älteres als die Zeitung von gestern, lautet ein Sprichwort. In der Affäre Hildebrand kam es noch schlimmer für das gedruckte Medium: Es gibt nichts älteres als die Zeitung von morgen. Noch bevor die Weltwoche am vergangenen Donnerstag ausgeliefert wurde, hatte Wirtschaftspublizist Lukas Hässig am Vorabend auf 20 Minuten online bereits den Artikel von Urs Paul Engeler zerpflückt. Das war natürlich nur deshalb möglich, weil auch die Weltwoche einen Teil ihrer Texte zuerst im Netz zugänglich gemacht hatte. Überhaupt blieben nur wenige Texte den bezahlenden Zeitungskäufern und -abonnenten vorbehalten; die Musik spielt online. Breaking News, überraschende Wendungen, Enthüllungen und die Post vom Datendieb halten sich nicht an einen Redaktionsschluss. Wer mit der Veröffentlichung bis zur nächsten Zeitungsausgabe wartet, riskiert von der Konkurrenz abgehängt zu werden. (nil)

Im Twitter-Sog
Während der heissen Phase der Affäre Hildebrand fungierte Twitter als öffentliche Informations- und Diskussionsplattform in einem für Schweizer Verhältnisse noch nie gesehenen Ausmass. Aus allen Redaktionen, die zum Fall recherchierten, waren zahlreiche Journalistinnen und Redaktoren auf Twitter präsent. Den Peak erreichte das Gezwitscher während den beiden Medienkonferenzen von Philipp Hildebrand. Aber auch nach der Veröffentlichung von Primeurs und neuen Erkenntnisse schnellte der Pegel jeweils hoch. Die Dynamik auf Twitter entwickelte sich zu einem regelrechten Sog, dem sich auch Journalisten nicht mehr entziehen konnten, die bislang auf Twitter vor allem durch Schweigen aufgefallen waren. Neuerdings aktiv mit dabei sind zum Beispiel Hannes Britschgi (Ringier), Andreas Kunz (Weltwoche) oder Andreas Durisch (Ex-CR Sonntagszeitung) (nil).

Die Medienkonferenz der SNB
Philipp Hildebrand eröffnete die Pressekonferenz der SNB am 5. Januar um 16 Uhr mit klaren, sicheren Worten, ohne irgendwelche Ähs oder Öhs (hier in voller Länge). Aber offenbar war es sehr heiss im Saal, denn Hildebrand begann schon nach wenigen Minuten stark zu schwitzen – man hätte ihm wie Richard Nixon ein Taschentuch reichen wollen. Wenn Schwitzen Teil der Körpersprache ist, dann hat die Körpersprache deutlich gesprochen (ab Minute 24). Bei den Fragen der Journalisten fasste Hildebrand wieder Tritt und bedankte sich zuerst artig für jede Frage, um sie dann aber ausweichend oder auch gar nicht zu beantworten. Nicht genehme Fragen wurden abgewürgt, offenbar genehme Fragen, zum Beispiel jene des Westschweizer TV und Radios, länglich beantwortet. Fragesteller wurden willkürlich ausgewählt, die Veranstaltung nach einer Stunde abgebrochen und nicht, als es keine Fragen mehr gab. Hildebrand: «Was wollen wir, noch eine oder noch zwei? Also, noch eine.». Dass Roger Köppel, der selbst keine Frage stellen durfte, in der Konferenz «sowjetische Züge» erkannte, verwundert nicht. Zwar war die aufgeräumte Gutgelauntheit von Hansueli Raggenbass an der Pressekonferenz so gar nicht sowjetisch, um so mehr aber seine Anwesenheit. Als Präsident des Bankrats sollte er doch die angeschuldigte Geschäftsführung der Nationalbank beaufsichtigen und kontrollieren – und nicht beim Aufkommen von Vorwürfen diese Seite an Seite verteidigen. (rg)

Auf wessen Namen lautet das Konto?
Was wurde nicht alles geschrieben über Kashya Hildebrand, die Frau des Nationalbankpräsidenten. Fantasien über fiktive Frühstücksgespräche des Ehepaars waren nicht nur auf tagesanzeiger.ch zu lesen, sondern auch in der «Südostschweiz am Sonntag». Felix E. Müller, Chefredaktor der «NZZ am Sonntag», behauptete in seinem Text vom 1. Januar gar fälschlicherweise, dass sich die Transaktionen auf ihrem, nicht seinem Konto abspielten: «Auf welchem Weg die Unterlagen über die privaten Konti von Kashya Hildebrand zu Blocher gelangt sind, ist unklar.» Die beiden Schlusssätze des Artikels, der auf nzz.ch seltsamerweise ohne den Namen des Autors auskommen muss, lauten: «Das Gewinnpotenzial, das Hildebrand aus den beiden Transaktionen winkt, beläuft sich laut Informationen der NZZ am Sonntag auf einen mittleren fünfstelligen Betrag. Dafür riskiert kein Zentralbanker der Welt seinen Job.» Es ist das Verdienst des Whistleblowers und den zuerst berichtenden Medien («Tages-Anzeiger» am 4.1., «Weltwoche» am 5.1.), dass die Öffentlichkeit erfahren hat, dass dem nicht so ist, dass die Währungsspekulationen auf dem Konto von Philipp Hildebrand vorgenommen wurden. Um diese Information zu bekräftigen, hat Urs Paul Engeler in seinen Artikel sogar das Geburtsdatum und die vollständige Adresse von Philipp Hildebrand dazugeschrieben. Das ist einerseits völlig übertrieben, andererseits ist dieser allerwichtigste Fakt der Story bei den meisten anderen Journalisten eben genau nicht angekommen. Noch einmal: Seit dem 4. Januar 2012 ist bekannt, dass auf dem Konto des Nationalbankpräsidenten, der durch seine Handlungen die Währung beeinflussen kann, Devisengeschäfte in der Höhe von mehreren hunderttausend Franken abgehandelt wurden, also weit über den alltäglichen Gebrauch, zum Beispiel für eine Ferienreise, hinausgehen. Wenn Journalisten darin nicht durch eigenständiges Nachdenken einen Skandal erkennen können und stattdessen erst mal blind auf die Überbringer der Nachricht schiessen, sind sie fehl am Platz, jedenfalls als Journalisten. (rg)

Was ist ein Screenshot?
Gegen Ende der Pressekonferenz kam Hildebrand darauf zu sprechen, dass «mit einem Handy oder mit einer Kamera» Fotos von Screenshots genommen wurden. «Offensichtlich wurden so drei Seiten, drei Screenshots entwendet. Ich weiss nicht, ob es per Handy oder per Fotoapparat war, das wurde nicht präzisiert. Aber es wurden Fotografien gemacht von diesen Screenshots, die dann aus der Bank kamen.» Wer nun stutzt und sich fragt, warum nicht einfach Screenshots angefertigt und ausgedruckt wurden, der rechnet nicht mit Nachvollziehbarkeit solcher Vorgänge durch die IT, also der Totalüberwachung der Bankangestellten. Hildebrand weiter: «Ich habe mich da etwas erkundigt, auch bei anderen Banken. Es ist offensichtlich ein generelles Problem. Es gibt jetzt Banken, die angefangen haben, Kameras zu installieren, die sozusagen permanent auf die Screens gerichtet sind, damit man auch sehen könnte, wenn jemand mit einem Handy oder einem Fotoapparat diese Screenshots macht.» (rg)

Die Sache mit den Quellen
Wie war das schon wieder mit den Quellen im Journalismus? Erst wenn zwei Quellen unabhängig voneinander das gleiche sagen, gilt ein Fakt als gesichert und darf als solcher veröffentlicht werden. Das weiss jeder Journalist. Doch in der Praxis sieht es oft anders aus, so auch in der Causa Hildebrand. Die Geschichte der Weltwoche fusste auf einer einzigen Quelle. Dass er den Artikel gleichwohl veröffentlicht habe, begründet Autor Urs Paul Engeler mit einer simplen Gleichung: «Mit null Risiko gibts auch null Artikel.» Und ergänzt im Gespräch mit der «Basler Zeitung»: «Wenn sich jeder Artikel auf zwei Quellen abstützen würde, würden Tageszeitungen höchstens im Wochenrhythmus erscheinen oder gar nicht.» Wie wahr. Doch die Weltwoche ist keine Tageszeitung. Aber auch die Kritiker nehmen es nicht immer so genau mit der Zwei-Quellen-Regel: Als Beleg dafür, dass sich Politiker (Plural), die der Weltwoche gegenüber bisher wohlgesinnt waren, vom Blatt abwenden, nennt «Der Sonntag» gerade mal einen: Martin Bäumle. (nil)

TV-Duell: Gilli vs. Ackeret 1:0
Zu einem Duell der besonderen Art kam es letzte Woche in Bad Horn. Innerhalb weniger Stunden empfingen sowohl Markus Gilli als auch Matthias Ackeret den SVP-Strategen und «Briefträger» Christoph Blocher zum Fernsehinterview – Gilli für TeleZüri und Ackeret für Teleblocher. Gilli legte am Donnerstagabend im «Talk täglich» vor mit einer Leistung, die nur schwer zu toppen sein würde. Knappe, direkte Fragen zu den wesentlichen Punkten, die Blocher offensichtlich nicht gerne hört. Der Alt-Bundesrat reagiert mehrfach aufgebracht und wird laut. Als Gilli Blocher nach möglichen politischen Motiven für sein Handeln befragt, wird dieser gar persönlich: «Sie enttäuschen mich, dass Sie diesen Mainstream-Medien nachschwätzen.» Gewohnheitsgemäss gemütlicher zu und her geht es bei Teleblocher. Doch eigentlich würde nichts dagegen sprechen, dass auch Matthias Ackeret Fragen stellt und nicht nur Stichworte liefert und seinem Gegenüber zustimmend zunickt. Umso mehr, als dass Teleblocher ausnahmsweise in direkter Konkurrenz steht zu einem anderen Sender, der den gleichen Gast zum gleichen Thema befragt hat. Doch gefehlt. Auch die spezielle Konstellation vermag den journalistischen Instinkt in Ackeret nicht zu wecken; er lässt die Chance verstreichen. Wie gewohnt gibt sich Ackeret devot, ja unterwürfig und spricht Blocher gar als «Justizminister» an. Nichts Neues aus Bad Horn. Klarer Sieg nach Punkten für Gilli. (nil)

«Mechanik einer Treibjagd»
Vor fünf Jahren beschrieb Weltwoche-Chef Roger Köppel die «Mechanik einer Treibjagd». Auch damals ging es um eine Bank. Allerdings um eine private. Doch die Zeilen von damals sind im heutigen Kontext durchaus erhellend zu lesen. Zumal dann, wenn man im Originaltext «Bank Swissfirst» mit Nationalbank, «Boulevardpresse und NZZ am Sonntag» mit Weltwoche und «Thomas Matter» mit «Philipp Hildebrand» ersetzt – und siehe da: «Die angebliche Affäre um die Nationalbank droht zu einem Medienskandal zu werden. Die Vorwürfe lösen sich in Luft auf. Aller Voraussicht nach liegt kein Verschulden vor. Seit Monaten dröhnt die Kampagne. Kaum eine Woche vergeht, ohne dass die Weltwoche mit schäumender Vehemenz neue Erörterungen zur Nationalbank präsentiert. Die Berichterstattung über die Notenbank sprengt alle Proportionen. Das Sperrfeuer setzte im letzten März ein. Im Januar trat unter dem Druck der öffentlichen Aufregung Nationalbankpräsident Hildebrand zurück. (..) Stellt man ab auf die Schlagzeilen der Weltwoche, spielte sich Besorgniserregendes, ja Skandalöses ab (..) Selten haben die medialen Gerichtshöfe der Moral gnadenloser und erfolgreicher zugeschlagen.» (nil)

Leserbeiträge

René Zeyer 12. Januar 2012, 12:50

Aufgeregt bin ich überhaupt nicht, die Einstellung der «Weltwoche» fordere ich auch nicht, aber immerhin ist meine Name richtig geschrieben; mehr kann man heutzutage vom Journalismus wohl nicht mehr verlangen.

Ronnie Grob 12. Januar 2012, 14:40

Doch, Sie fordern eine Einstellung der «Weltwoche», Sie schreiben es sehr deutlich. Ich zitiere:

Das Skandalblatt «News of the World» wurde am 10. Juli 2011 eingestellt. Es ist Zeit, dass die «Weltwoche» diesem Beispiel folgt.

René Zeyer 12. Januar 2012, 15:21

Seufz. Lesen, verstehen, zitieren, korrekt interpretieren. Auf dieser Leiter fehlt Ihnen die zweite und vierte Stufe. Die «News of the World» wurde von ihrem Besitzer Murdoch eingestellt; ich rege an, dass der Besitzer der «Weltwoche» diesem Beispiel folgt. Ich befürchte aber, dass Köppel nicht dieselbe Grösse hat, deshalb hat die Vorstellung etwas Verlockendes, dass man ihm sein Blatt einstellt. So habe ich das geschrieben, und so meine ich das überraschenderweise auch. Ansonsten müsste ja der Besitzer Köppel den Verleger Köppel auffordern, nach seinen gravierenden Fehlleistungen den Chefredaktor Köppel zu entlassen. Wird Köppel aber kaum tun.

Thommen_61 12. Januar 2012, 14:00

Die Unschuldsvermutung ist heuchlerisch. Wenn jemand mit Unschuldsvermutung falsch vermutet wird, ist diese Unschuld dahin, sobald der Name in der Zeitung steht. Erfahrungsgemäss sind „Freisprüche“ später an einem sehr kleinen Ort in den Meiden zu finden!!

Sigrist 12. Januar 2012, 16:15

Ein Punkt fehlt noch in dieser Abhandlung:
Wie kommt es, dass einzelne Darsteller in diesem Theater die Medien und damit die Öffentlichkeit nach eigenem Gutdünken und immer wieder nach Strich und Faden nachweislich belügen dürfen, ohne dass dies von den ach so seriösen Journalisten vehement, lauthals und immer wieder angeprangert wird.
Und wer hier davon ausgeht, dass Herr Köppel Eigentümer der WW ist belegt seine Blauäugigkeit auf dem rechten Auge. Liebe Journalisten: durchleuchtet mal die Besitzverhältnisse und ihr werdet auf ein BaZ-ähnliches Konstrukt stossen. Frage: War Herr Blocher schon als Bundesrat versteckter Eigner? Das wären dann die echte Knaller!

Stefan Schaer 13. Januar 2012, 16:52

Hallo Ronnie

Medien sind die Vierte Gewalt im Staat. Ironischerweise geniesst aber ausgerechnet dieses übergeordnete Kontrollorgan grosse Narrenfreiheit. Jene, die sich für Sauberkeit in Politik und Wirtschaft stark machen, sind selbst nur dem Leser Rechenschaft schuldig. Einem Leser, der vielerorts nicht mehr die Wahl hat, welche Zeitung er abonniert und deshalb nur beschränkt Einfluss ausüben kann. Einziges Kontrollorgan der Medien sind somit die Medien.

Es ist deshalb falsch, wenn du Solidarität unter Journalisten forderst. Das Gegenteil ist nötig. Journalisten müssen Journalisten ganz genau auf die Finger schauen. «Kollegenschelte» darf nicht mehr verpönt, sondern muss erwünscht sein. Es braucht unter Medien das gleiche Mass an gegenseitiger Kontrolle und Kritik, das gegenüber allen anderen Institutionen selbstverständlich ist.

Mehr:

Ronnie Grob 13. Januar 2012, 18:51

@Stefan Schaer: Ich fordere Solidarität unter Journalisten, was kritische Enthüllungen angeht. Solche müssen von anderen Journalisten verteidigt werden, weil es bei ihnen um die Pressefreiheit geht. Wem egal ist, dass andere wegen Publikationen massiv unter Beschuss kommen, kommt vielleicht selbst auch bald unter Beschuss. Die Presse- und Medienfreiheit muss von Journalisten jeden Tag von Neuem verteidigt werden, überall, auch in der Schweiz.

Richtig finde ich dagegen, dass Medien andere Medien kritisieren. Das war in der Affäre Hildebrand der Fall, und ich persönlich, als Medienjournalist, mache das sowieso jeden Tag. Es liegt mir also fern, Kritik zwischen verschiedenen Medien zu bemängeln. Im Gegenteil, ich freue mich, wenn das geschieht und kann das generell nur unterstützen.

fst 14. Januar 2012, 13:40

» Ronnie: Ich habe noch immer keinen Text gelesen, in dem die Weltwoche dafür kritisiert wurde, dass sie berichtet hat, «dass die Währungsspekulationen in der Höhe von mehreren hunderttausend Franken auf dem Konto von Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand stattfanden.» Sondern nur viele, in denen sie für das Drumherum kritisiert wurde, den Ton, die Schlussfolgerungen und die Arbeitsweise. In denen also Medien Medien kritisieren. Nichts anderes passiert hier. Der Ruf nach Solidarität ist nicht angebracht.

Ronnie Grob 14. Januar 2012, 14:18

@fst: Bevor die „Weltwoche“ daraus eine Titelgeschichte machte, war nur im „Tages Anzeiger“ ein Satz zum Konto von Hildebrand dazu zu lesen. Wie sich die Diskussion ohne diese Titelgeschichte entwickelt hätte, ist Spekulation. Ich finde auch, dass die „Weltwoche“ den angesprochenen Fakt sachlicher hätte vermelden können.

Stefan Schaer 16. Januar 2012, 09:49

@Ronnie: Die Weltwoche kommt nicht wegen der Publikation der Daten unter Beschuss, sondern wegen dem ganzen Rest. Das Blatt hat einfach das Glück gehabt, die Daten zugespielt zu erhalten. Ausser der Publikation des Materials, die auch jeder andere hätte machen können, haben Engeler und Köppel nichts als Lügen und Diffamierungen zum Fall beigetragen. Köppel weiss das genau, er war drauf und dran, einen Rückzieher zu machen, sprach von Instrumentalisierung der Weltwoche. Dann kamen der Rücktritt und das fatale letzte Mail für Hildebrand – und durch Zufall hatte man bei der Weltwoche Recht gehabt. Damit war alle Selbstkritik gestorben. Alles in allem: Peinlich peinlich peinlich, was Köppel und Engeler geboten haben. Sie verdienen für Ihre Hildebrand-«Arbeit» nicht Solidarität, sondern strafrechtliche Konsequenzen.