Ringier lässt Autosalon-Katalog einstampfen: 24 Tonnen Altpapier als Kulanzbeweis
Was man für einen guten Kunden nicht alles tut: Wegen eines missliebigen Inserats liess Ringier 160’000 Exemplare des offiziellen Katalogs zum Genfer Autosalons einstampfen und neu drucken.
Das Verhältnis von Ringier zur Autoindustrie ist ein enges. Im Umfeld des Genfer Autosalons wird das jeweils besonders augenfällig. Sonderbeilagen vor und nach der Ausstellung, umfangreiche Specials online – alles mit dem Ziel, der Autoindustrie Werbefläche zu verkaufen.
Das funktioniert in der Regel ganz gut. Die Anzeigenflächen werden fleissig gebucht. So auch in diesem Jahr. Ein Blick zur Konkurrenz zeigt: Ringier hat die Nase vorn. Weder Tamedia noch NZZ bieten sich der Fahrzeugindustrie in vergleichbarem Masse an.
Neben den redaktionellen Beilagen produziert und vermarktet Ringier auch den offiziellen Guide zur Ausstellung im Auftrag des Salons. Dabei ging diesmal etwas schief. Die letze Doppelseite im Guide ziert ein Inserat der Firma «Mehrmarken». Das hätte nicht sein dürfen, obwohl das Inserat gemäss offiziellem Tarif 53’000 Franken eingebracht hätte.
Die Werbefläche im Guide ist den Ausstellern und Partnern des Salons vorbehalten. Dazu existieren zwischen Salon und Ringier Abmachungen. Nun aber prangt prominent die Werbung eines Direktimporteurs, der Autos günstiger anbietet als die Markenimporteure und am Salon selbst nicht präsent ist.
Gross war der Ärger beim Salon und der Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure darüber, dass sich ein Outlaw der Branche einen so prominenten Werbeplatz ergattern und seine Billigangebote hunderttausendfach anpreisen konnte. «Der Salon ist keine Verkaufsausstellung, das soll auch im Guide zum Ausdruck kommen», sagt André Hefti, Generaldirektor der Automesse. «Werbung für einen Multimarkenanbieter ist deshalb fehl am Platz. Die Inserate sollten den Ausstellern und Partnern des Salons vorbehalten sein.»
Wie das geschehen konnte? Ringier-Sprecher Edi Estermann erklärt auf Anfrage, dass «alle Kontrollorgane versagt» hätten. Der Fauxpas war nicht mehr zu stoppen, 765’000 Exemplare des Katalogs gedruckt, und der Grossteil davon als Beilage von «Schweizer Illustrierte» und Illustré bereits in der ganzen Schweiz verteilt.
Einzig die Teilauflage, die an der Ausstellung und an SBB-Bahnhöfen aufgelegt wird, liess sich noch zurückhalten. Das sind immerhin 160’000 Exemplare. Um den Schaden in Grenzen zu halten, so weit das zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch möglich war, entschied sich Ringier, die verbleibenden Guides mit dem missliebigen Inserat «fachgerecht zu entsorgen» und die entsprechende Auflage neu zu drucken. Bei einem Gewicht von 150 Gramm pro Exemplar macht das satte 24 Tonnen Altpapier und weitere 24 Tonnen für den Neudruck.
Für den Salon sei damit der Schaden behoben, sagt Generaldirektor Hefti. «Wir sind mit der Inserate-Akquisition von Ringier grundsätzlich zufrieden. Aber wir werden nach dem Salon miteinander reden müssen, damit ein solcher Fehler nicht wieder vorkommt.»