von Nick Lüthi

Zehn Jahre nach Ankündigung: blick.ch ab 2023 mit Paywall

Ab dem nächsten Frühjahr wird blick.ch einen Teil seiner Beiträge kostenpflichtig anbieten. Derzeit sucht Ringier nach Personal für ein «Service-Team», das die Premium-Inhalte produzieren soll. Andere grosse News-Portale wie Watson, 20min.ch oder nau.ch setzen weiterhin auf Reichweite und Werbung als Geschäftsmodell.

Im Dezember 2012 sagte Ringier-Chef Marc Walder in einem Interview mit der «Sonntagszeitung»: «Wir werden beim ‹Blick› die Paywall spätestens im Herbst 2013 einführen.» Die Zeit ist verstrichen und die Artikel sind bis heute kostenfrei zugänglich. Das soll sich ändern. Läuft in den nächsten Monaten alles nach Plan, zieht blick.ch am 23. März 2023 eine Paywall hoch.

Auf Anfrage der MEDIENWOCHE bestätigt Daniel Riedel, Sprecher der «Blick»-Gruppe, dass blick.ch ab dem kommenden Frühjahr einen Teil seines Angebots kostenpflichtig anbieten werde. Dabei handele es sich in erster Linie um Beiträge mit Service-Charakter und einem hohen Nutzwert für das Publikum. Derzeit sucht Ringier Journalistinnen und Journalisten für ein neues «Service-Team». Aufgebaut und geleitet wird die neue Einheit von Benno Tuchschmid, dem aktuellen Co-Leiter Gesellschaft der «Blick»-Gruppe. Gemäss aktuellen Stelleninseraten gehe es darum, den «Userinnen und User in qualitativ-hochstehenden Artikeln mit hohem Nutzwert die drängendsten Fragen des täglichen Lebens» zu beantworten, beispielsweise aus den Bereichen Gesundheit oder Reisen, wo der Informationsbedarf in den letzten Jahren wegen Corona gestiegen ist.

Der Grossteil der Artikel soll aber weiterhin kostenlos zugänglich bleiben. Eine konkrete Zahl will das Unternehmen nicht nennen.

Die Service-Beiträge bilden den Kern der Premium-Sektion, die «Blick Plus» heissen soll. Die Redaktion kann aber auch andere Texte kostenpflichtig anbieten, von denen sie ausgeht, dass das Publikum darin einen publizistischen Mehrwert erkennt, der das Preisschild rechtfertigt. Der Grossteil der Artikel soll aber weiterhin kostenlos zugänglich bleiben. Eine konkrete Zahl will das Unternehmen nicht nennen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auf blick.ch 80 bis 90 Prozent des gesamten Angebots ohne Bezahlschranke erreichbar sein werden. Ein Wert, den Walder so auch im Interview vor zehn Jahren genannt hatte.

Dass es fast zehn Jahre gedauert hat, von der Ankündigung des CEO bis zur Umsetzung, die nun tatsächlich erfolgen soll, liege daran, dass Blick entschieden habe, zunächst Reichweite aufzubauen. Danach sei der strategische Fokus auf der publizistischen Vertiefung gelegen. «Heute ist blick.ch deutlich breiter, umfassender und service-orientierter als noch vor einigen Jahren ausgerichtet», führt Daniel Riedel gegenüber der MEDIENWOCHE aus. «Damit ist nun die Voraussetzung für die Einführung eines Abo-Modells gegeben.»

Über die Preisstruktur der Abos schweigt sich Ringier offiziell noch aus. Nur so viel erfährt man: Nicht allzu teuer sollen sie sein. Was man als Hinweis darauf verstehen könnte, dass ein blick.ch-Abo weniger kosten soll als die Angebote der direkten Konkurrenz von Tamedia oder CH Media.

Eine Paywall, sagte Ringier-Chef Marc Walder schon 2012, sei «ein eminent wichtiger Schritt weg von der ‹Alles ist gratis›-Kultur».

Die weiterhin kostenfrei zugänglichen Teile von blick.ch sollen wie bisher dank grosser Reichweite für reichlich Werbeerlös sorgen, während die Premium-Inhalte als zusätzliche Erlösquelle dienen sollen. Abgesehen vom finanziellen Nutzen, gibt es auch grundsätzliche Überlegungen, die für diesen Schritt sprechen. Eine Paywall, sagte Ringier-Chef Marc Walder schon 2012, sei «ein eminent wichtiger Schritt weg von der ‹Alles ist gratis›-Kultur».

Tatsächlich kann man den Schritt, den die «Blick»-Gruppe nun mit einiger Verzögerung vollziehen will, als Teil eines Kulturwandels der letzten Jahre sehen. Unter der Leitung von Christian Dorer (Redaktion) und Ladina Heimgartner (Verlag) bewegt sich das ehemalige Boulevard-Medium zunehmend weg vom klickgetriebenem Journalismus hin zu mehr Qualität und Relevanz.

«Wir sind der Meinung, dass der Zugang zu Information so hürdenlos wie möglich zu halten ist.»
Maurice Thiriet, Chefredaktor Watson

Blick.ch wird vorläufig die erste und einzige der grossen werbefinanzierten News- und Unterhaltungsplattformen im Schweizer Markt bleiben, die auch Abos verkaufen will. «Watson» spielt nicht einmal mit dem Gedanken, eine Paywall zu installieren. «Wir sind der Meinung, dass der Zugang zu Information so hürdenlos wie möglich zu halten ist», teilt Chefredaktor Maurice Thiriet auf Anfrage mit. Auch bei «Nau.ch» gibt es keinerlei Pläne für Bezahlinhalte. «Bei uns ist das langfristig kein Thema», schreibt Simon Klopfenstein, Mitglied der Geschäftsleitung von nau.ch auf Anfrage. «Wir glauben zu fest an neue, zielgenaue Werbeprodukte, welche die User nicht stören.»

Nicht ganz so apodiktisch wie «Watson» und nau.ch sieht man die Sache bei 20min.ch. Im Vergangenen Jahr suchten drei Studentinnen der Hamburg Media School im Auftrag der Gratisplattform nach «geeigneten Subscription-Modellen». Heraus kam dabei eine Skizze für «eine allumfassende Premiumwelt, die Mehrwerte mit journalistischen Inhalten verknüpft und auf die Zielgruppe abgestimmt ist.» Die Geschäftsleitung setzte sich mit dem Modell auseinander. Aber «aktuell verfolgen wir diese nicht weiter», teilt Eliane Loum-Gräser, Kommunikationsleiterin «20 Minuten» mit und ergänzt, dass man aber «laufend verschiedene Optionen prüfe, um das Unternehmen neben dem rein werbefinanzierten Reichweitenmodell breiter abzustützen.» Der Verlag von 20min.ch kann nun die Entwicklung des Bezahlexperiments von blick.ch beobachten, bevor er selbst entscheiden, ob er diesen Weg auch gehen will.

Bild: Unsplash/Dima Kolesnyk

Leserbeiträge

Victor Brunner 04. Oktober 2022, 16:38

Artikel: „bewegt sich das ehemalige Boulevard-Medium zunehmend weg vom klickgetriebenem Journalismus hin zu mehr Qualität und Relevanz“. Ernsthaft, zu mehr Qualität. BLICK ist und bleibt billigster und klickgetriebener Journalismus, trotz Dorer und Heimgartner ist das Portal nicht besser geworden. Der Versuch wird scheitern und weiterhin Leute wie die Schlittler und Leserreporter den Ton angeben.

Andreas Schefer 04. Oktober 2022, 17:47

Ein gutes Produkt darf und soll etwas kosten. Blick.ch bietet (seit Jahren) ein supergutes Angebot.