von Daniel Jörg

Kommentare kaufen ist nicht Guerilla-PR

Der Skandal um die gekauften Online-Kommentare gegen die Abzockerinitative wirft ein schlechtes Licht auf digitale Polit-PR. Mit professioneller PR habe das indes wenig zu tun, schreibt Gastautor Daniel Jörg. Vielmehr sei das plumpe Täuschung. Jörg, Digital Strategist bei Farner Consulting, fordert eine transparentere Kommunikation der Agenturen über ihre Massnahmen bei Politkampagnen.

Kurz vor Jahresende deckte der Tages-Anzeiger auf, wie die Zürcher Kommunikationsagentur Werbeanstalt AG die Debatte um die «Abzockerinitiative» manipuliert hat. Die Werbeanstalt hat Studenten dafür bezahlt, sich unter falschen Namen in Diskussionen auf Newsportalen einzuschalten und dort vorgekaute Argumente gegen die Initiative zu publizieren. Die Tätigkeit wurde mit einem Stundenlohn von 25 Franken entlöhnt. Der Wirtschaftsverband Economiesuisse, der die Werbeanstalt mit der Abwicklung der Abstimmungskampagne gegen die Abzockerinitiative beauftragt hatte, wusste gemäss eigenen Aussagen nichts von dieser «Kommentarkampagne im Internet».

Keine Aufarbeitung in den Medien
Ein Tag nach Bekanntwerden der umstrittenen Methoden berichtet der Tages-Anzeiger, dass die Aktion gestoppt worden sei, und Economiesuisse auch weiterhin mit der Werbeanstalt AG zusammenarbeiten werde. Die gesamte Geschichte wurde von ein paar anderen Newsportalen aufgegriffen (z.B. von der Tageswoche oder der Aargauer Zeitung) und die politische Gegenseite zeigte sich entsprechend empört. Darüber hinaus erfolgte aber keine nennenswerte Aufarbeitung und Diskussion der Problematik in den klassischen Medien.

Reaktionen in Blogs und auf Twitter
Politikberater Mark Balsiger kritisierte in seinem Blog die Medienunternehmen dafür, dass sie den Leserkommentaren zu wenig Aufmerksamkeit schenken und so eine Dialogkultur wuchern lassen, die den Namen nicht verdient. Auch der ehemalige Journalist und Kommunikationsberater Manfred Messmer thematisiert die Rolle der Medien. Er macht sich über das Entsetzen der Journalisten lustig und gibt damit an, selbst rege Leserbriefe im Auftrag seiner Kunden geschrieben zu haben. Nun ja, dem wirklichen Problem geht er damit zwar nicht wirklich auf den Grund, er macht aber klar, dass es sich hier nicht um ein spezifische Online-Problem handelt. Was heute die Online-Kommentare sind, waren früher die Leserbriefe – und sind es immer noch.

Anders ging der bloggende Journalist Konrad Weber ans Thema heran. Er hat sich aus der Perspektive der Medienhäuser und Journalisten intensiv mit der Problematik von Online-Kommentaren auseinandergesetzt. Er erläutert deren Ursachen und zeigt gangbare Lösungsvorschläge sowie Erfolgsgeschichten aus dem In- und Ausland auf. Sein Beitrag ist die bisher beste Aufarbeitung der Problematik. Es ist bezeichnend für die Kommentarkultur der Online-Medien, dass solcher Selbstkritik nur in einem Blog erscheint, nicht aber auf einer breiter wahrgenommenen Plattform.

Es gibt klare Spielregeln
Was in der bisherigen Diskussion komplett fehlt, ist die Aufarbeitung der Rolle der Kommunikationsagenturen. Die Werbeanstalt ist eine kleine Kommunikationsagentur. Ob in erster Linie Werbe- oder PR-Agentur ist eigentlich unwichtig, ich halte nicht viel vom kommunikativen Gärtchendenken. Die Werbeanstalt selbst bezeichnete die Kommentarmethode im Briefing für die Studenten als «PR-Guerilla». Der Begriff wird auch im Tages-Anzeiger unkritisch wiederverwendet. Er suggeriert zwei Dinge: Dass solche Methoden zum Standardrepertoire von PR-Agenturen gehören, und dass sie von Agenturen praktiziert werden, die ihre PR-Funktion einfach etwas «kreativer» sprich «guerilla-mässiger» auslegen. Beides ist falsch.

Es gibt eine klare Definition dafür, was Public Relations Agenturen tun, und welchen Verantwortungen sie dabei unterliegen. Festgehalten ist das zum Beispiel in der Stockholm Charter der International Communications Consultancy Organisation ICCO.

Public Relations Agenturen sind professionelle Dienstleistungsunternehmen, die ihren Kunden dabei helfen, Meinungen, Einstellungen und Verhalten zu beeinflussen. In dieser Funktion haben sie klar definierte Verantwortungen gegenüber ihren Kunden, ihren Mitarbeitern, der Branche sowie der allgemeinen Öffentlichkeit.

Der Stockholm Charter haben sich alle PR Agenturen des ICCO verpflichtet. In der Schweiz sind das zum Beispiel alle Agenturen der beiden Branchenverbände BPRA oder SPRV. Die Charta definiert acht Verantwortlichkeiten. Die Methoden der Werbeanstalt mit den gekauften Kommentaren verstossen gleich gegen drei davon:

  • Gesellschaft: Eine offene Gesellschaft, freie Meinungsäusserung und eine unabhängige Presse gestalten den Kontext für den Beruf der Public Relations. PR Berater operieren immer im Kontext dieser offenen Gesellschaft und befolgen ihre Regeln. Sie arbeiten auch nur mit Kunden, welche diese Regeln befolgen.
  • Integrität von Information: Public Relations Agenturen sollen nicht versuchen Öffentlichkeiten zu täuschen. Nicht mit falschen Informationen und nicht mit nicht/falsch kommunizierten Interessen ihrer Kunden.
  • Governance und Berufsmethoden: Public Relations verpflichten sich dazu ethisch und nach bestem Vorbild zu handeln.

Was die Werbeanstalt hier praktizierte, hat also nichts mit PR – oder wie auch immer ausgelegter «kreativer PR» zu tun. Das wird noch deutlicher, wenn man sich die Grundsätze des zweiten breit abgestützten Regelwerk, den Kodex von Lissabon, konsultiert.

Ich sage nicht, dass es keine schwarzen Schafe gibt, die ab und zu gegen die gängigen Branchenstandards verstossen. Natürlich gibt’s die – aber die gibt es in jeder Branche. Als Kommunikationsberater stört mich, dass die Medienberichterstattung über #Kommentargate den Eindruck vermittelt, dass dies in der PR-Branche zur gängigen Praxis gehört. Oder noch schlimmer – eine einfach etwas «kreativer» praktizierte Form der PR ist. Das ist es nicht. Es ist schlicht und einfach Täuschung und hat mit seriöser Public Relations nichts zu tun.

Womit wir wieder beim Stichwort Verantwortung angelangt wären. Konrad Weber hat aufgezeigt, was die Medienhäuser und die Journalisten tun müssten, um einen Beitrag zu einer transparenteren und zielführenderen Kommentarpraxis auf Schweizer Newsportalen zu leisten. Was braucht es auf Agenturseite?

Die Verantwortung der Agenturen
Auch Agenturen können ihren Teil zu einer transparenteren und zielführenderen Kommentarpraxis auf Leserbriefseiten und Newsportalen beitragen, in dem sie folgende Verantwortungen übernehmen:

  1. Ethikausbildung ist oberste Pflicht für alle Agenturen und ihre Mitarbeiter: Jede seriöse Kommunikationsagentur verpflichtet sich dazu nach den Prinzipien der Stockholm Charta und dem Kodex von Lissabon zu operieren. Das gilt nicht nur für PR Agenturen, sondern auch für Werbe und Social-Media-Agenturen, kurz für alle Kommunikationsagenturen. Jeder Mitarbeiter, vom Senior-Consultant bis zur Studentenaushilfe soll sich schriftlich dafür verpflichten gemäss den Kodizes zu arbeiten.
  2. Ethikausbildung alleine genügt nicht. Damit sämtliche Mitarbeiter verstehen, was die ethischen Kodizes in der Praxis bedeuten, empfehle ich Agenturen regelmässig Best- und Worst-Practice Beispiele aus dem In- und Ausland mit ihren Mitarbeitern zu diskutieren. Das kann zum Beispiel an einem kurzen Lunch-Meeting passieren.
  3. Wenn Kunden nach Praktiken, wie diejenigen der Werbeanstalt fragen, dann sagt eine seriöse Agentur mit einer entsprechenden Berufung auf die erwähnte Kodizes ab.
  4. Gerade in der politischen Kampagnenführung gehört es zur gängigen Praxis, dass man Gleichgesinnte zur Beteiligung an Diskussionen auf Leserbriefseiten oder Newsportalen aufruft. Es ist auch courant normal, dass dabei Argumentarien vorbereitet und versendet werden. Das tun die politischen Parteien, das tun Verbände und das tun andere Interessensvertreter. Solange die Gleichgesinnten unter ihrem echten Namen und ohne Bezahlung agieren ist dem auch nichts entgegenzusetzen. Ich schlage aber vor, dass man diese Aktivierung zur Teilnahme am öffentlichen Dialog in Zukunft transparenter kommuniziert. Und zwar wie folgt:
    1. Kampagnenwebsites verfügen in der Regel eine «Argumente» Rubrik. Ich plädiere dafür, dass auf Kampagnenseiten in Zukunft auch transparent gemacht wird, wenn Gleichgesinnte zur Teilnahme am öffentlichen Dialog basierend auf diesen Argumenten aufgerufen wurden.
    2. Natürlich wäre es etwas über das Ziel hinaus geschossen, wenn die Mitglieder einer Partei oder eines Verbands dann einzeln und mit Namen genannt werden. Ich stelle mir das eher wie folgt vor: Ein Branchenverband, der seine Mitglieder zur Teilname am öffentlichen Dialog aufgerufen hat, macht auf der Website folgende Angabe: Wir haben dieses Argumentarium auch an unsere 1’500 Mitglieder gesendet, und sie gebeten sich aktiv am Online-Dialog zu beteiligen. Unter ihrem eigenen Namen.
  5. Schalten sich PR Berater selbst in Online-Diskussionen ein oder schreiben Leserbriefe, dann sollte das Kundenverhältnis transparent gemacht werden. Online kann dies einfach durch Hinzufügen eines entsprechendes Hashtags wie z.B. #Kunde gemacht werden. In Leserbriefen durch einen entsprechenden Abbinder.

Wenn die Schweizer Kommunikationsagenturen diese fünf Verantwortungen wahrnehmen, tragen auch sie aktiv zu einer transparenteren und zielführenderen Kommentar- und Dialogpraxis in der Schweizer Öffentlichkeit bei.

Natürlich sollten auch Unternehmen und Auftraggeber ihrerseits einen Beitrag dazu leisten. Ganz einfach, indem sie nur mit Agenturen zusammenarbeiten, die sich an diese Kodizes halten. Agenturen, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind, und die laufend in Ausbildung und Qualitätsförderung investieren, z.B. in der Form einer anerkannten Zertifizierung.

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Nachtrag: Kommentargate wird zum Politikum
Ruedi Lustenberger, Nationalrats-Vizepräsident (CVP, LU) hat via SonntagsBlick publik gemacht, dass er die Sache zum Politikum machen will. Lustenberger sagt: «Diese Aktion ist der vorläufige Gipfel der zunehmenden Verluderung der Abstimmungspropaganda.» Er fordert, dass sich die Economiesuisse von der Werbeanstalt trennt und Strafanzeige gegen diese einreicht. Lustenberger wird weiter bei der Bundeskanzlei abklären, ob es sich bei dieser Aktion um unlauteren Wettbewerb, vorsätzliche Täuschung oder sogar um ein Offizialdelikt handelt. Des Weiteren kündigt er an in der Frühlingssession eine Interpellation einzureichen. Basierend darauf müsse der Bundesrat dann aufzeigen, wie dieser in Zukunft «solche Täuschungen des Stimmbürgers zu verhindern, respektive zu ahnden gedenke».

Dieser Artikel wurde gleichzeitig auf Medienwoche.ch und danieljoerg.com publiziert.

Leserbeiträge

Martin 10. Januar 2013, 10:47

Farner? Ist das nicht die Agentur, die in die Schlagzeilen geriet, weil sie die GSoA bespitzeln liess? :->

M.M. 10. Januar 2013, 14:07

Ausgerechnet ein Mitarbeiter von Farner spielt hier die Unschuld vom Land. Die Agentur schreibt also keine Leserbriefe für Dritte? Sie hält niemanden dazu an, in Onlinemedien Kommentare zu schreiben? Gut, vielleicht liegt der Unterschied darin, dass sie nichts für solche Kommentaraktionen bezahlt.

Daniel Joerg 10. Januar 2013, 14:26

@Martin Danke für deinen Kommentar. Drei Antworten:

1. Ich bin nicht Farner: ich schreibe hier als Kommunikationsberater der die erwähnten Prinzipien der Stockholm Charter seit 11 Jahren lebt und predigt. Ich ticke so, ich arbeite so, ich bilde so aus.

2. Als kritischer Leser und Kommentator bist du sicherlich fähig ein Issue differenzierter zu betrachten als es mich dein Kommentar glauben machen könnte. Selbst wenn Farner mit der GSoA Geschichte die Spielregeln verletzt hat, müsstest du erkennen, dass es nicht einzelne Vorfälle wie diese sind, welche die PR Branche repräsentieren. Das sind Ausnahmen. Dass es solche Ausnahmen immer wieder gibt, ist leider normal. In jeder Branche. Das ist keine Eigenheit der Public Relations.

3. Ich bin mir der Reputation von Farner gegen aussen bewusst. In diesem Sinne kann ich deinen Kommentar wirklich gut verstehen. Die Sache ist aber doch die: Ich kann nicht glaubhaft beurteilen, was damals wirklich geschah, und was dazu geführt hat. Ich bin genau seit 6 Tagen in dieser Agentur. Aber eines kann ich dir nach dieser kurzen Zeit sagen: Wie man Farner von aussen wahrnimmt, und wie die Menschen hier wirklich sind – dazwischen klafft ein riesengrosser Graben. Komm doch mal vorbei und überzeug dich selbst. Ich lade dich gerne auf einen Kaffee bei uns an der Oberdorfstrasse in Zürich ein.

Martin 10. Januar 2013, 17:06

@Daniel Joerg:

Ich widerstehe nun der gar einfachen Versuchung, auch noch den vorherigen Arbeitgeber im gleichen Kontext zu erwähnen … 😉

Ich glaube sofort, dass sich Aussenwahrnehmung und gelebter Alltag im Unternehmen (auch) bei Farner erheblich unterscheiden. Bei einem Unternehmen wie Farner hat eine solche Differenz allerdings einen tragisch-komischen Beiklang, aber man agiert bei den eigenen Kunden hoffentlich erfolgreicher.

Die Einladung auf einen Kaffee nehme ich bei Gelegenheit gerne an.

Daniel Joerg 10. Januar 2013, 18:35

@Mark @M.M. @Martin

Ich finde das interessant. Ich schreibe ein Artikel über die Problematik von Verallgemeinerungen, und was ihr in Form von Kommentaren anzufügen habt, ist eine Beurteilung basierend auf genau dem: Verallgemeinerung.

Lasst uns doch die Kaffeerunde etwas ausweiten. Wie wärs wenn ihr zu Dritt vorbeischaut. Ich zeige euch gerne, was wir hier wirklich tun, was die Branche wirklich tut.

Martin 11. Januar 2013, 11:36

Kommunikation funktioniert nicht immer so wie vom Absender gewünscht, da hilft alles Wehklagen nichts …

Zu Dritt? Gern!

Mark 10. Januar 2013, 15:33

Jemand von Farner über PR-Ethik schreiben zu lassen, zeugt auch nicht gerade von Weitsicht. Schade, wäre doch das Thema tatsächlich einer Aufarbeitung würdig.

Nick Lüthi 10. Januar 2013, 16:36

Wir haben in erster Linie Daniel Jörg schreiben lassen, weil wir ihn für einen kompetenten Autor halten. Bei Farner arbeitet er gerade mal sechs Tage. Wir halten den Beitrag im Gegensatz zu Ihnen für eine sehr gelungene Aufarbeitung aus Agentursicht.

Mark 10. Januar 2013, 17:33

Ich halte den Beitrag durchaus auch für gelungen, aufgrund des Autors oder besser seines Arbeitgebers erhält er aber einen unnötigen Nachgeschmack, der hätte vermieden werden können.

Claude Bürki 11. Januar 2013, 12:02

Auch Farner hat früher, als es noch keine digitalen Medien gab, Leserbriefe in Auftrag gegeben. Ich weiss das von einem Kollegen, der früher bei Farner war. Gut so, wenn sich junge PR-Leute wie Daniel Jörg jetzt seriös mit der Problematik auseinandersetzen.

bugsierer 10. Januar 2013, 21:05

saubere analyse. danke.

was fehlt: economiesuisse hat behauptet, die agentur hätte die aktion ohne ihr wissen angeleiert. ein witz. auch die dümmste agentur tut sowas nicht ohne budget und auftrag. und wenn doch, sind beide nicht mehr zu retten. aber gossomodo fällt auf, dass auch hier wiedermal der schwarze peter weitergereicht wird, ohne selber verantwortung zu übernehmen. da bleibt mehr als nur 1 geschmäckle.

schön, dass farner einen pfiffigen onliner wie herrn jörg eingestellt hat. er schreibt sehr schleues zeugs wie kaum ein anderer werber in der schweiz. möge er dem alten dampfer neue und längst überfällige inputs einhauchen. ich bleibe aber skeptisch. ein kompetenter onliner allein macht aus der „für-eine-million-mach-ich-aus-einem-härdupfusack-einen-bundesrat“-agentur noch keine glaubwürdige kommunikationsagentur. solange herr jörg der einzige bleibt, der aus dem hause farner visionäre thesen verbreitet, bleibt er ein feigenblatt.

Daniel Joerg 11. Januar 2013, 18:01

@bugsierer Danke für deine Anmerkungen. Ich teile deine Sicht.

Philippe Wampfler 10. Januar 2013, 22:43

Die hier verwendete Definition von Guerilla-PR halte ich für reichlich schräg. Selbst wenn es für das „Beeinflussen von Meinungen“ ethische Spielregeln gäbe und wenn die eingehalten würden – ist nicht die einzige legitime Form von Meinungsbeeinflussung das Überzeugen im herrschaftsfreien Diskurs? – selbst wenn das so wäre, würde Guerilla-PR gehackte PR bezeichnen: Also die PR-Formen jenseits der Spielregeln.
(Meiner Meinung nach ist Ethik auf der politischen Bühne ein heuchlerisches Schlagwort. Relevant ist, was legal ist. Das ist erlaubt, alles andere nicht.)

Christoph Emch 11. Januar 2013, 11:33

Ich bin kein Experte auf Habermas, aber der „herrschaftsfreie Diskurs“ schliesst meines Erachtens auch journalistische Beiträge aus. Die potenzielle Teilnahme der Öffentlichkeit am Diskurs ist nicht gegeben. Folglich wären ethische Normen auch im Journalismus überflüssig. Das, allerdings, würde ich bestreiten.

Philippe Wampfler 11. Januar 2013, 13:08

Mir geht es um das Beeinflussen von Meinungen. Journalismus hat in meinem Verständnis eine andere Funktion: Meinungen und Zusammenhänge abzubilden. Dafür gibt es sehr wohl ein ethisches Fundament, das der herrschenden Praxis nicht komplett widerspricht. Kurz: Man kann Themen ethisch korrekt präsentieren, aber Meinungen nicht gegen Bezahlung ethisch korrekt beeinflussen.

Christoph Emch 14. Januar 2013, 10:11

Über die unterschiedliche Funktion von PR und Journalismus müssen wir uns nicht zu lange aufhalten. Da bin ich derselben Meinung. Ich finde bloss, wenn Du mit Habermas‘ „herrschaftsfreiem Diskurs“ argumentierst, ist es schwierig, die Rolle des Journalismus in der Argumentation unterzubringen. Auch wenn es für den Journalismus ein sinnvolles ethisches Fundament gibt. Mit herrschaftsfreiem Diskurs hat das wenig zu tun.

Was PR anbelangt, bin ich dennoch der Überzeugung, dass es auch da eine sinnvolle ethische Basis gibt. Überzeugungsarbeit kann mit Respekt für andere Meinungen geleistet – auch wenn Sie bezahlt wird.

patrick 11. Januar 2013, 14:07

ohne die kommentar-aktion der werbeanstalt verteidigen zu wollen: aber wer als kommunikations-berater noch nie in seinem ganzen leben (oder auch seit 11 jahren…) nicht gegen eine der beiden kodizes verstossen hat, darf gerne den ersten stein werfen…

Daniel Joerg 11. Januar 2013, 18:19

@patrick Ich schmeisse nicht mit Steinen, das ist nicht meine Art. Aber stell dir vor, ja, ich könnte hier jetzt einen Stein schmeissen.