von Redaktion

Neutrale Beobachter trotz Eigeninteressen?

Von der SRG wird im Vorfeld der RTVG-Abstimmung Zurückhaltung erwartet. Es könne nicht sein, so die Mahnung, dass der grösste Nutzniesser der öffentlichen Gelder selbst Propaganda für da neue Gebührenregime betreibe. Eine sachliche Berichterstattung sollte aber auch für private Medien gelten. Auch sie sind in vielen Fällen Partei. Die Analyse der Abstimmungsberichterstattung zeigt aber, dass private Medien vor allem jene Aspekte der Vorlage betonen, die mit ihren eigenen wirtschaftlichen oder weltanschaulichen Interessen übereinstimmen. Eine Analyse von Mark Eisenegger, Linards Udris, Mario Schranz

Die anstehende Abstimmung über die Teilrevision des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) ist eine Herausforderung und Gratwanderung für die Schweizer Medien, da sie selbst zum Objektbereich der Thematisierung werden und ihre Interessen durch diese Berichterstattung zentral tangiert sind. So steht die Pflicht zur objektiven und ausgewogenen Berichterstattung (durch Berufsnormen und Richtlinien vorgegeben) einer (eigen-)interessengeleiteten Berichterstattung gegenüber.

Medien sind gefährdet eine Berichterstattung zum eigenen Vorteil zu betreiben («Selbstbeobachtungsfalle»), wenn wichtige eigene Interessen des Verlags oder der Medienorganisation auf dem Spiel stehen. Zudem machen sie ihre eigene Interessengebundenheit kaum zum Thema. Das zeigen Erkenntnisse der Medienjournalismus-Forschung (u.a. Pointer 2010 Beuthner/Weichert 2005, Malik 2004, Trappel/Meier 2002) Diese These der Interessengebundenheit wird auch durch die Analyse der aktuellen Medienberichterstattung zur RTVG-Abstimmung bestätigt. Während die meisten privaten Medienorganisationen aus Eigeninteressen starke Kritik an der Vorlage und der SRG üben, sind es die Kanäle der SRG selber, die am ausgewogensten über die Vorlage berichten.

Bei der aktuellen RTVG-Abstimmung und der in diesem Zusammenhang entfachten Grundsatzdebatte über den audiovisuellen Service public sind nicht nur die Interessen der SRG, sondern auch jene der privaten Medienorganisationen aus zwei Gründen zentral betroffen. Die Privaten stehen erstens im Online-Bereich mit der SRG in direkter Konkurrenz und möchten deren Handlungsfeld hier eingeschränkt sehen. Darauf zielte die umfassende, grundlegende und landesweit gestreute Kritik an der SRG von Pietro Supino, Verwaltungsratspräsident der Tamedia, zu Beginn des Abstimmungskampfes.

Zweitens beziehen einige private Medienorganisationen, die regionale Radio- und Fernsehprogramme betreiben, ebenfalls Gelder aus dem Gebührentopf. Eine Ablehnung der RTVG-Vorlage würde die gegenwärtigen medienpolitischen Spielregeln zwar nicht ändern. Die damit verbundene symbolische Schwächung der SRG würde angesichts der anstehenden Grundsatzdebatte über den Service public den privaten Medienorganisationen wie Tamedia, Ringier oder NZZ-Gruppe aber zweifellos in die Hände spielen.

Auf der anderen Seite würden einige Medienorganisationen direkt von einer Annahme der RTVG-Vorlage profitieren – nämlich dann, wenn sie selber Radio und Fernsehen betreiben, da deren Anteil am Gebührentopf steigen würde. Die zusätzlichen Gebühreneinnahmen sind insbesondere für die AZ Medien wichtig, die mit ihrem neuen, gleichsam überregionalen Sender TV24 Synergien zu den eigenen regionalen TV-Sendern TeleBärn, Tele M1 (beide gebührenunterstützt) und TeleZüri (ohne Gebühren) nutzen möchte. Auch für Somedia mit ihrer herausragenden Stellung in der Region Südostschweiz sind die eigenen Tele Südostschweiz und Radio Südostschweiz (beide gebührenunterstützt) von grosser Bedeutung.

Die NZZ-Gruppe schliesslich müsste aus rein strukturellen Gründen ambivalent bis kritisch gegenüber der Vorlage eingestellt sein: Denn sie erhält zwar Gebühren für die Regionalsender Tele 1 und Tele Ostschweiz, richtet sich aber strategisch nicht am Rundfunkgeschäft aus; hier ist die Konkurrenzsituation der NZZ-Gruppe zur SRG im Online-Bereich ein wahrscheinlich wichtigerer Faktor. Aus einer rein ökonomischen Perspektive betrachtet, liegt eine Zustimmung zur RTVG-Vorlage, wenn auch nicht unbedingt eine gestärkte SRG generell, also nur im Interesse der AZ Medien und der Somedia.

Ob die verschiedenen Medien bei der aktuellen RTVG-Revision in diesem Sinne eine «faire» Berichterstattung unabhängig von den eigenen Interessen betreiben, wird im Folgenden auf der Grundlage eines aktuellen Forschungsprojekts nachgegangen. Seit 2013 analysieren wir in regelmässigen Abständen die Berichterstattung zu den eidgenössischen Abstimmungsvorlagen in den Leitmedien der Schweiz («Abstimmungsmonitor»), so auch zur aktuellen RTVG-Revision. In diesem Beitrag können wir erste Zwischenfunde des Abstimmungsmonitors präsentieren.

1. Starke Resonanz für Vorlage und SRG
Die untersuchten Deutschschweizer Medien schenken der RTVG-Vorlage und der SRG generell sehr grosse Beachtung. Erste Auswertungen zur aktuellen, medialen Abstimmungsdebatte (Zeitperiode: 1.3.2015-19.5.2015) zeigen, dass von allen vier Vorlagen, über die am 14. Juni abgestimmt wird, die RTVG-Abstimmung mit Abstand am meisten Aufmerksamkeit auf sich zieht, fast doppelt so viel wie die Erbschaftssteuer-Initiative, vier Mal mehr als die Vorlage zur Präimplantationsdiagnostik und sieben Mal mehr als die Stipendieninitiative. Eine starke Resonanz für eine «Behördenvorlage», wie sie die RTVG-Vorlage ist, kommt regelhaft den Gegnern einer solchen Vorlage zugute – dies zeigt unter anderem das Beispiel der Vorlage über die Autobahnvignette vom November 2013.

Die Tonalität gegenüber der Revision ist in den Medien überwiegend negativ (vgl. Abb. 1). Das heisst, dass der Anteil an RTVG- und SRG-kritischen Beiträgen den Anteil an zustimmenden Beiträgen übersteigt, auch wenn man kontroverse und «kontradiktorische» Beiträge mitberücksichtigt. Contra-Argumente und Contra-Positionen dominieren den öffentlichen Diskurs also deutlich. Wir vermuten, dass die grundlegende Tonalität gegenüber der Vorlage in den einzelnen Medientiteln und Verlagen von einer interessengeprägten Berichterstattung der Medienorganisationen zeugt. Denn während die Medientitel von Tamedia, Ringier und NZZ deutlich die RTVG- und SRG-kritischen Argumente und Positionen herausstreichen, sind die Medien der AZ-Gruppe und des Somedia-Verlags, die von einer Annahme profitieren würden, in ihrer Berichterstattung deutlich ausgewogener bis sogar positiv. Dem generellen Muster entsprechen auch die Weltwoche und die Basler Zeitung. Dass dort die weitaus kritischste Berichterstattung vorherrscht, verweist darauf, dass beide Titel mit ihrer staatskritischen Haltung und einer grundlegenden Problematisierung (bis Skandalisierung) der SRG die RTVG-Abstimmung aus politisch-weltanschaulichen Gründen für einen grundlegenden Abbau des Service public zu nutzen versuchen. In den Informationssendungen der SRG wird deutliche Zurückhaltung geübt. Bei den SRG-Sendungen kann man empirisch tatsächlich eine selbstauferlegte Zurückhaltung im Vorfeld der RTVG-Abstimmung feststellen.

Die Befunde im Vergleich der Medienorganisationen geben also Anlass zur Vermutung, dass sich Interessen der Medienorganisationen in der Berichterstattung niederschlagen. Gleichwohl gibt es weitere intervenierende Faktoren, welche die aktuelle Berichterstattung erklären können. Dies zeigt sich auch daran, dass es innerhalb der jeweiligen Medienorganisationen Unterschiede zwischen den zugehörigen Medientiteln gibt. So fällt auf, dass die tagesaktuellen Flaggschiffe der Medienorganisationen (u.a. NZZ oder Tages-Anzeiger) über die RTVG-Vorlage und die SRG weniger kritisch berichten, als die anderen Titel einer Medienorganisation, vor allem die Sonntagszeitungen.

Im Einzelnen zeigt sich bei den Medien folgendes Bild:

  • Die Ringier-Titel berichten am kritischsten über die Vorlage und die SRG, wenn auch bei relativ bescheidener Resonanz. Im Blick (-43), Blick am Abend und im Sonntagsblick (beide -33) sind die RTVG-kritischen Positionen deutlich im Vordergrund (zur Erklärung der Kennwerte vgl. den Abbildungstext).
  • Bei Tamedia erhält die Vorlage durchschnittliche Beachtung; vor allem in der SonntagsZeitung (-45), der Berner Zeitung (-37) und auch bei 20 Minuten (-25) herrscht eine sehr kritische Betrachtung vor, während die Berichterstattung beim Flaggschiff Tages-Anzeiger moderater ausfällt und kritisch bis ausgewogen ist (-21). Beim Tages-Anzeiger hat sich Chefredaktor Res Strehle auch aktiv für die Vorlage ausgesprochen und die grundlegende Bedeutung der SRG für die demokratische Debatte betont.
  • In den Titeln der NZZ Mediengruppe wird die Vorlage stark thematisiert; sie wird vor allem in der NZZ am Sonntag (-31), aber auch in der Neuen Luzerner Zeitung (-30) tendenziell sehr kritisch betrachtet, während die Berichterstattung in der Neuen Zürcher Zeitung (-7) ausgewogener ausfällt. Zwar beziehen NZZ-Redakteure in Kommentaren kritisch Stellung zur Stellung. Die NZZ lässt aber auch Raum für Gastautoren, die sich für die Vorlage oder den audiovisuellen Service public aussprechen. Dass die oben beschriebenen Eigeninteressen bei der NZZ-Gruppe divergieren und die Positionierung ambivalent ist, lässt insofern kein eindeutiges Bild erwarten.
  • Eine positivere Darstellung erhält die RTVG-Vorlage, wie vor dem Hintergrund der Interessenlage erwartet, nur in den Titeln von AZ-Medien und Somedia, die beide über ihre privaten Rundfunkunternehmen vom neuen RTVG profitieren würden. Dennoch fällt bei den AZ Medien eine merkwürdige, ambivalente Positionierung auf. Bereits in einer frühen Phase des Abstimmungskampfes stilisiert die AZ in einer eigenen Serie zum «Mediengiganten SRG» die SRG zum Problem und sorgt mit der intensiven Thematisierung dafür, dass vor allem die Argumente der Gegner Resonanz erhalten und der Abstimmungskampf Fahrt aufnimmt. Erst in einer späteren Phase, als die Gegenkampagne lanciert ist und die Deutungshoheit in den Medien errungen hat, erhalten in Reaktion darauf in der Aargauer Zeitung und teilweise auch beim verlagseigenen Onlinemedium Watson.ch vor allem die Befürworter Resonanz, so dass in der Summe die Vorlage bei AZ Medien im Untersuchungszeitraum leicht positiv bewertet wird (+9) respektive bei Watson.ch (nur) knapp negativ ausfällt (-7). Negativ ist die Berichterstattung hingegen in der Schweiz am Sonntag (-29).
  • Die Berichterstattung der SRG ist im selben Untersuchungszeitraum ausgeglichen bis leicht positiv, wenn man die reichweitenstärksten Informationsprogramme Tagesschau, 10vor10 und Schawinski berücksichtigt. Die acht ausgestrahlten Beiträge (Tagesschau, 10vor10) resp. Sendungen (Schawinski) verteilen sich auf drei positive, zwei negative und drei kontroverse Fälle. Am 16.3.2015 beispielsweise, als die Tagesschau den Argumenten des Bundesrates viel Platz einräumt, kann auch Hans-Ulrich Bigler vom Gewerbeverband in der Sendung Schawinski seine Argumente gegen die Vorlage ausführlich darlegen. Zumindest auf der Ebene der Berichterstattung lassen sich demnach keine Indizien festmachen, wonach die SRG-Sendungen zu Gunsten der SRG und zu Gunsten der Vorlage einseitig berichten würden.

Abbildung_1
Abbildung 1: (zum Vergrössern Bild anklicken) Die Grafik zeigt pro Medienorganisation in dunkelblauen Balken die Resonanz für die RTVG-Abstimmung und in orangen Balken die Tonalität (Spektrum von +100, ausschließlich positiv, bis -100 ausschließlich negativ), d.h. die Positionierung gegenüber der Vorlage und/oder der SRG, die mit der Vorlage in Verbindung gebracht wird (n = 283 Beiträge resp. Sendungen).

Diese ersten Befunde legen nahe, dass gerade bei privaten Medien ein Journalismus betrieben wird, der den eigenen Interessen entspricht. Neben allen anderen Faktoren, die immer auch die Berichterstattung mitbestimmen – u.a. die Ereignislage oder unterschiedliche Medienlogiken – scheinen sich also die Interessen der Medienorganisationen in der Berichterstattung niederzuschlagen. Dabei denken wir gar nicht so sehr an Interventionen in die Redaktionsarbeit oder gar direkte Druckversuche von oben, – von den vereinzelten publizistischen Inputs einiger Verlagsoberen einmal abgesehen.

Es sind wohl subtilere Prozesse die hier wirken, nämlich Selbstzensur oder ein Anti-Staats-Reflex vieler Journalistinnen und Journalisten in Fragen der Medienpolitik. In der SonntagsZeitung, dem Sonntagsblick, der Schweiz am Sonntag und der NZZ am Sonntag besteht ein klarer RTVG-Nein-Überhang, dies im Gegensatz zu einigen tagesaktuellen Medientiteln, die deutlich ausgewogener berichten (z.B. NZZ, AZ oder Tages-Anzeiger). Zu vermuten ist hier ein Muster, das sich auch generell bei Sonntagszeitungen zeigt und durch unsere Daten in den Jahrbüchern «Qualität der Medien» belegt ist: Sonntagszeitungen spitzen stärker als Tageszeitungen im Kampf um Aufmerksamkeit Konflikte zu und bewirtschaften eher moralisch-emotionale Themen und Argumente. Davon scheinen nun in diesem Fall die Gegner der Vorlage und der SRG zu profitieren.

2. Akteure und Argumente
Die oben gezeigte ablehnende Haltung transportieren die Medien insbesondere durch den Gewerbeverband, der das Referendum gegen das revidierte RTVG lanciert hatte. Hans-Ulrich Bigler erhält in seiner Funktion als Gewerbeverbandsdirektor in der Medienarena sehr viel Raum, um die ablehnende Haltung darzustellen. Nur die NZZ übt Zurückhaltung und gibt weder Bigler noch der jüngst erfolgten Gegen-Skandalisierung breiten Raum. Vertreter der SRG und hier insbesondere der Generaldirektor Roger de Weck selbst erhalten bei mehreren Medien ähnlich viel Raum wie Bigler, um für die Vorlage einzutreten oder um sich in der Service public-Debatte zu äussern. Allerdings fällt die Resonanz der SRG gegenüber dem Gewerbeverband in den Titeln von Tamedia und Ringier schwächer aus.

Die ablehnende Haltung der privaten Medienorganisationen wird auch durch die Thematisierung innerparteilicher Konflikte akzentuiert. Abweichende Positionen, die Kritik am RTVG und/oder der SRG beinhalten, werden vor allem bei der SP (in der Person von Ständerätin Anita Fetz) und der CVP (in der Person von Nationalrat Gerhard Pfister) herausgestrichen. Abweichende Positionen der SVP (Bsp. Regierungsrat Jakob Stark aus dem Kanton Thurgau) aber, mit denen die Vorlage und/oder die SRG unterstützt werden, finden dagegen praktisch kaum Beachtung.

Dies trifft auch auf BDP und FDP zu und erstaunt, da dem Pro-Komitee prominente BDP-Vertreter (u.a. Martin Landolt) angehören und die Partei offiziell die Ja-Parole ausgegeben hat und bei der FDP die Vorlage an der Delegiertenversammlung mit 136:78-Ja-Stimmen relativ umstritten war. Stattdessen vermag beispielsweise FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen mit seinem «Fünf-Punkte-Plan» zur Reduktion der SRG ab Anfang Mai ausserordentlich viel Resonanz zu erzielen, obwohl der Plan selbst seit März öffentlich einsehbar war und bereits vor der Eidgenössischen Medienkommission präsentiert wurde und damals nur am Rande Aufmerksamkeit erhielt.

Debatte über Service public statt über Gebührenmodell
Was die Resonanz der eingebrachten Argumente betrifft, zeigt die Analyse eine Dominanz an Aspekten, die sich primär gegen die SRG als Ganzes und nicht gegen die Vorlage im Konkreten richten. Die Revision wird unter anderem mit den Positionen zur Ablehnung empfohlen, dass zuerst eine Diskussion über den medialen Service public in der Schweiz nötig sei. Viele Voten monieren zudem angeblich steigende Gebühreneinnahmen sowie die Expansion der SRG. Dabei kommt zumeist eine allgemein ablehnende Haltung gegenüber dem öffentlichen Sender zum Ausdruck (zu grosser und zu mächtiger «Staatssender»).

Es handelt sich hier allesamt um Argumente, die mit der Gesetzesrevision im Kern nichts zu tun haben und sich stattdessen gegen die SRG als Ganzes richten. Dazu gehört auch die Problematisierung und teilweise Diskreditierung der Kampagnenführung des Pro-Lagers u.a. in Basler Zeitung und Weltwoche, aber auch in Tamedia-Titeln wie 20 Minuten und der SonntagsZeitung. Direkte Argumente gegen die neue Haushaltabgabe erhalten im Vergleich dazu nur wenig Beachtung. Das heisst: Der grundsätzlichen Diskreditierung des Pro-Lagers wird mehr Raum gegeben, als dem Versuch, die Argumente des Pro-Lagers auf der Basis sachlicher Argumente zu entkräften.

Kaum Reflexion von Eigeninteressen
Dass und welche Eigeninteressen die privaten Medienorganisationen verfolgen, wird praktisch nicht zum Thema gemacht. Auf den ersten Blick lässt sich zwar festhalten, dass die Medien vor allem jüngst auch die Kampagne der RTVG-Gegner kritischer beobachten. Auf den zweiten Blick wird aber deutlich, dass diese Kritik nur bedingt dazu dient, Eigeninteressen von Akteuren sachlich und substanziell zu thematisieren. Denn sie erfolgt zumeist personalisiert gegen Gewerverbands-Direktor Bigler gerichtet und beschränkt sich neben dem Argument, dass Bigler als FDP-Nationalratskandidat Wahlkampf betreibe, vor allem auf Stilfragen der Kampagnenführung des Gewerbeverbandes. Die strukturelle Interessengebundenheit der privaten Medienorganisationen hingegen wird kaum thematisiert.

Wenn überhaupt, wird die Rolle privater Medien so zum Thema gemacht, dass einzelnen Medienunternehmen vorgeworfen wird, sie hätten sich «kaufen» lassen und würden sich wegen der versprochenen Zusatzeinnahmen für das RTVG aussprechen. Dass es auch umgekehrt sein könnte und private Medien – zum Teil im Zusammenspiel mit politischen Akteuren, die ihnen nahe stehen – Interesse an einer geschwächten SRG haben könnten, wird kaum thematisiert. Von den mehr als 1200 erfassten Aussagen weisen ganze fünfzehn (!) darauf hin, dass die Medienberichterstattung zulasten der SRG ausfalle und dass private Medien mit einer SRG- und RTVG-kritischen Berichterstattung durchaus Interessen verfolgen könnten.

Dass beispielsweise SVP-Politikerin Natalie Rickli, die sich mit viel Medienresonanz gegen die Vorlage ausspricht, gleichzeitig bei Goldbach Media arbeitet, die u.a. die Werbefenster privater Medien vermarktet und in direkter Konkurrenz zur SRG steht, wird in der untersuchten Medienberichterstattung nur gerade zwei Mal (sic!) in einem jeweils kurzen Abschnitt thematisiert. Es zeigt sich also, dass mediale Selbstreflexion ein äusserst steiniges Terrain darstellt.

3. Muster der Berichterstattung

  • Tamedia: Die Berichterstattung der Tamedia-Titel schenkt wie in den meisten anderen Medien auch dem Gewerbeverband die grösste Aufmerksamkeit, gibt aber (mit Ausnahme vom Tages-Anzeiger) SVP-Vertretern stärkere Resonanz als die anderen Medien und ist vor allem dadurch charakterisiert, dass Vertreter von privaten Medienorganisationen praktisch abwesend sind (vgl. Abb. 2). Dies bedeutet, dass gerade bei der grössten privaten Medienorganisation der Schweiz die Stellungnahmen von Privatmedien-Vertretern, die sich wiederum sehr unterschiedlich gegenüber der Vorlage positionieren und auf Konflikte innerhalb dieser Branche hinweisen, in der Berichterstattung nicht weiter verbreitet werden. Diesem Muster entsprechend, dominieren bei den Tamedia-Titeln diejenigen Argumente, bei denen auf die Notwendigkeit einer Service public-Debatte hingewiesen wird (v.a. Berner Zeitung), die finanzielle Belastung durch die neue Haushaltabgabe für den öffentlichen Rundfunk hervorgehoben wird (z.B. für die Wirtschaft) und die RTVG-Befürworter problematisiert werden. Die Resonanz primär von SRG-Vertretern, die auf die Vorteile des Gebührenmodells fokussieren, fällt im Vergleich dazu schwächer aus. Dieses Muster zeigt sich vor allem bei der SonntagsZeitung, der «Berner Zeitung» und 20 Minuten, während das Flaggschiff von Tamedia, der Tages-Anzeiger, sich aus der Service public-Debatte tendenziell zurückhält und sowohl Kritik an den Befürwortern als auch Gegnern der RTVG-Vorlage zulässt.
  • Ringier: Auffallend ist, dass in der Berichterstattung der Ringier-Medien, dem zweitgrössten privaten Medienunternehmen der Schweiz, Vertreter von Privatmedien die grossen Abwesenden sind. Generell finden auch in den Ringier-Titeln Argumente, die auf die SRG selbst (wachsende Einnahmen) und deren Service public-Leistungen fokussieren, die grösste Resonanz. Jüngst allerdings findet die Kritik an der Kampagne des Gewerbeverbandes breitere Beachtung. Aussagen zur Interessengebundenheit privater Medienorganisation finden sich nur vier, dafür aber auch jüngst in einem Kommentar eines hochrangigen Ringier-Vertreters (Frank A. Meyer).
  • NZZ Mediengruppe: Die NZZ-Titel verteilen ihre Aufmerksamkeit generell gleichmässiger auf die verschiedenen Akteure; damit erhält der Gewerbeverband hier nicht dieselbe Bühne wie in anderen Medien. Vertreter von Privatmedien erhalten im Vergleich zu anderen Medientiteln in den NZZ-Titeln etwas mehr Aufmerksamkeit, u.a. Tamedia-Präsident Pietro Supino mit einem langen, SRG-kritischen Gastbeitrag. Doch auch bei den NZZ-Titeln finden Aussagen über die Interessengebundenheit der privaten Medien mit drei Fällen praktisch keine Resonanz (nur jüngst in einem Kommentar von Rainer Stadler). Auch bei den NZZ-Titeln überwiegen die Service public-Debatte und die Problematisierung der SRG (wachsende Einnahmen) sowie die Diskussion um die SRG als Konkurrentin von privaten Medien gegenüber einer Diskussion um die neue Haushaltabgabe. Allerdings erhalten hier auch Beiträge von Medienwissenschaftlern Resonanz, die sich für die SRG bzw. den audiovisuellen Rundfunk aussprechen.
  • AZ Medien: Die Titel der AZ Medien verteilen ihre Resonanz neben dem Gewerbeverband etwas stärker auch auf die SRG und die CVP, aber fokussieren ebenso auf abweichende Positionen innerhalb der SP (Anita Fetz). Gleichzeitig erweisen sich die AZ-Medien als diejenigen Medien, bei denen noch am ehesten private Medien zu Wort kommen, und zwar in gleichem Umfang mit Kritik an der SRG (z.B. Hinweis auf die SRG als Konkurrentin privater Medien im Internet) sowie mit Pro-Stimmen zum neuen Inkassosystem, wie es durch die RTVG-Vorlage vorgeschlagen wird. Es fällt auf, dass von allen Medienorganisationen die AZ-Medientitel am stärksten diejenigen Argumente in den Vordergrund rücken, bei denen für die neue Haushaltabgabe geworben wird. Ebenfalls werden hier am ehesten noch die (positiven) Leistungen der SRG für den Service public betont und die Kampagne der RTVG-Gegner am stärksten skandalisiert. Dieses Gesamtbild weist auf die sehr ambivalente Position von AZ Medien hin, die sich einerseits als Herausgeberin von (Online-)Zeitungen in Konkurrenz zur SRG sieht, gleichzeitig aber vom neuen RTVG finanziell profitieren würde. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die jüngste Berichterstattung ein Stück weit die starke SRG-Problematisierung der ersten Phase zu korrigieren versucht. Auch für die AZ Medien gilt aber, dass in der Berichterstattung selbst die Interessenlage privater Medienorganisationen zumindest im Untersuchungszeitraum kaum ein Thema ist (fünf Fälle). Eine Ausnahme in dieser Hinsicht bildet das Schalten von zwei widerstreitenden Leitartikeln in der Aargauer Zeitung (23.5.), als Verleger Peter Wanner in seinem Pro-Beitrag explizit auf die ökonomischen Interessen der AZ Medien an der Vorlage hinweist.
  • Somedia: Die Südostschweiz, die einen wesentlichen Teil der Inlandberichterstattung mit der Aargauer Zeitung (AZ Medien) teilt, betreibt nicht überraschend in mehreren Aspekten eine ähnliche Berichterstattung wie die Aargauer Zeitung. Es fällt aber auf, dass im Somedia-Titel die Resonanz deutlich verhaltener ausfällt, weil sich die Südostschweiz an der Problematisierung der SRG in der ersten Phase des Abstimmungskampfes nur bedingt beteiligt. Insgesamt stehen Argumente, die auf die Vorteile der Haushaltabgabe selbst hinweisen, bei der Südostschweiz im Vordergrund. Dies ist kompatibel mit der Erwartung, wonach die Somedia als Betreiberin privater Rundfunkmedien von der Vorlage finanziell profitieren würde. Dass Somedia selbst Akteur in der Auseinandersetzung ist, wird erst in einer sehr späten Phase des Abstimmungskampfes angesprochen, und zwar in einem Kommentar von Chefredaktor David Sieber am 23. Mai.
  • Weltwoche/BaZ: Die Basler Zeitung und die Weltwoche schliesslich fokussieren in ihrer Berichterstattung primär auf die Kampagnenakteure Gewerbeverband, SRG und Bundesrat und blenden die Stellungnahmen politischer Parteien aus. Beiden Zeitungen ist gemeinsam, dass Journalisten öfter als in anderen Medien ihre eigenen Bewertungen in die Berichterstattung einfliessen lassen. Diese Bewertungen wiederum schlagen sich in einer starken Resonanz von Argumenten nieder, mit denen die angeblich zu grosse und zu einflussreiche SRG als «Staatssender» grundsätzlich infrage gestellt wird oder mit denen das Pro-Lager als unglaubwürdig skandalisiert wird. Auch finden sich in diesen beiden Medien von allen untersuchten Medien die meisten aus einer Qualitätsperspektive besonders problematischen ad-hominem-Aussagen, mit denen SRG-Generaldirektor Roger de Weck direkt angegriffen und als Person diskreditiert wird (u.a. Vorwurf der Überheblichkeit). Im Kontrast dazu ist die Interessengebundenheit privater Medien kein Thema, von einem Gastbeitrag des früheren SP-Präsidenten Helmut Hubacher einmal abgesehen.

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Abbildung 2 (zum Vergrössern Bild anklicken) Die Grafik zeigt für jede Medienorganisation die vier resonanzstärksten Argumente-Gruppen. Für jeden der (maximal) drei Akteure, die in einem Beitrag erfasst wurden, wurden alle geäusserten Argumente gesammelt und in Argumente-Gruppen zusammengefasst (n = 1222 Aussagen). Pro Medienorganisation werden die jeweils vier resonanzstärksten Argumente-Gruppen abgebildet; die übrigen Argumente-Gruppen werden hier also weggelassen. Dargestellt sind in Grün die resonanzstärksten Argumente, die tendenziell die RTVG-Revision und/oder die SRG stützen, und in Rot die resonanzstärksten Argumente, mit denen Stellung gegenüber der RTVG-Vorlage und/oder der SRG bezogen wird. Wegen der generell sehr schwachen Resonanz werden in dieser Darstellung die SRG-Medien nicht berücksichtigt.

Fazit
Die aktuelle Berichterstattung über die RTVG-Abstimmung kommt bislang nicht nur den gegnerischen Kampagnenakteuren zugute, sondern auch den meisten involvierten privaten Medienorganisationen. Die Analyse zeigt im Rahmen der Abstimmung über die RTVG-Reform eine deutlich negative Tonalität gegenüber der SRG in der öffentlichen Diskussion. In der aktuellen Berichterstattung über die RTVG-Revision werden relativ rasch die Fragen nach der neuen Haushaltabgabe mit den Fragen nach den Service public-Leistungen des öffentlichen Rundfunks vermischt und von ihnen überlagert.

Pro-Stimmen erhalten generell weniger Gehör als die Contra-Positionen. Dies zeigt sich besonders neben der Weltwoche und Basler Zeitung bei den Titeln von Tamedia (den Tages-Anzeiger teilweise ausgenommen), von Ringier und von der NZZ-Gruppe (die NZZ teilweise ausgenommen) – allesamt Medienorganisationen, die sich in starker Konkurrenz zur SRG sehen, sei es aus wirtschaftlichen, sei es aus weltanschaulichen Gründen. Nur bei denjenigen Medienorganisationen, die selber Rundfunkmedien betreiben und von der RTVG-Revision direkt finanziell profitieren (AZ Medien und Somedia, teilweise auch die NZZ-Gruppe), finden sich auch Argumente für die RTVG-Vorlage und kritische Äusserungen über die Kampagne des Gewerbeverbandes. Aber auch hier lässt sich eine starke Problematisierung der SRG beobachten.

Gesamthaft ist die aktuelle RTVG-Medienberichterstattung durch eine Einseitigkeit zuungunsten der Vorlage charakterisiert, wobei vor allem die Interessen der SRG oder jene des Gewerbeverbandes zum Thema werden, jedoch kaum jene der privaten Medienorganisationen, die durch die RTVG-Vorlage ebenfalls direkt oder indirekt selbst betroffen sind.

Die Autoren sind Mitarbeiter des fög – Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich.

Leserbeiträge

Christian Hoffmann 31. Mai 2015, 16:30

Die Autoren schreiben, dass vor allem die privaten Medien interessengebunden berichten. Ich habe den Eindruck, dass das die präsentierten Daten gar nicht zeigen. Erstens wird die Interessenlage der privaten Medien nicht nachvollziehbar operationalisiert. Wie stark unterscheidet sich etwa die Interessenlage von AZ, Somedia, NZZ, Tamedia, NZZ und Weltwoche/BaZ? Dies wird nur rudimentär und für einige Häuser gar nicht skizziert. Fand überhaupt eine Operationalisierung statt? Führen vermeintliche Interessensunterschiede dann zu signifikanten Unterschieden in der Berichterstattung? Angesichts der Streuung der Daten erscheint mir dies unwahrscheinlich, aber scheinbar wurde dies auch gar nicht geprüft?
Die Daten zeigen im Übrigen über alle privaten Medien (die ja keineswegs identische Interessen aufweisen) hinweg einen relativ klaren kritischen Konsens, von dem ausgerechnet die SRG auffällig abweicht. Der Schluss der Studie hätte also genauso sein können: Gerade die SRG berichtet interessengebunden. Warum wird dies in der Interpretation nicht reflektiert?
Und schließlich: Gerade die Weltwoche/BaZ passen doch überhaupt nicht in die zugrunde liegende These der Interessengebundenheit. Dies wird übergangen indem dann hier neu weltanschauliche Interessen in die Analyse eingeführt werden. Wie wurden diese operationalisiert? Wurden sie auch für die anderen Häuser operationalisiert? Wie stark ist der Erklärungsbeitrag der weltanschaulichen im Vergleich zu den ökonomischen Interessen?
Diese Analyse scheint doch streckenweise sehr unklar oder unvollständig. Daher sollte in der Interpretation Vorsicht walten.

Mark Eisenegger 01. Juni 2015, 14:01

Zunächst: Es ist falsch, wie Herr Hoffmann behauptet, dass es unter den privaten Medienorganisationen einen kritischen Konsens gegenüber der RTVG-Vorlage gibt (vgl. die empirischen Befunde zu Somedia und AZ Medien in unserer Analyse).

Zu den methodischen Punkten:

Die dargestellten Auswertungen basieren auf einer Vollerhebung aller Beiträge der genannten Medien zur RTVG-Abstimmung im Zeitraum von 1.3.2015-19.5.2015: N=283 Beiträge. Signifikanz-Tests erübrigen sich vor diesem Hintergrund.

Die ermittelten Anteilsunterschiede zwischen den Medienorganisationen bezüglich der zustimmenden Beiträge weisen Effektgrössen auf, die eindeutig relevante Unterschiede (mittlere bis grosse Unterschiede) zwischen Weltwoche/BaZ und Tamedia/Ringier/NZZ einerseits und AZ/Somedia sowie der SRG andererseits belegen. Die ermittelten Anteilsunterschiede zwischen den Medienorganisationen bezüglich der ablehnenden Beiträge weisen Effektgrössen auf, die relevante mittlere Unterschiede zwischen Weltwoche/BaZ einerseits und Tamedia/Ringier/NZZ andererseits belegen.

Eine quantifizierende Operationalisierung und Messung der unterschiedlichen Interessenlagen im Hinblick auf ein kausales Erklärungsmodell war nicht angestrebt und ist auch gar nicht möglich.

Wir plausibilisieren die festgestellten Berichterstattungsunterschiede zwischen den Medienorganisationen mit den in den Absätzen 4, 5, 6 und 7 ausführlich dargelegten Interessenkonstellationen.

Diese Plausibilisierung der vorhandenen Berichterstattungsunterschiede stellen wir zur Diskussion: Bitte um inhaltliche Auseinandersetzung!

Christian Hoffmann 01. Juni 2015, 14:59

Lieber Mark Eisenegger (auf die Gefahr hin, parallel hier und auf Facebook zu debattieren): vielen Dank erstmal für diese Replik!
Zum kritischen Konsens: Von 16 ausgewerteten Medien weisen 14 eine negative/kritische Resonanz auf. Ja, die Südostschweiz und (in geringerem Masse) die Aargauer Zeitung fallen hier aus dem Rahmen. Ich denke es ist dennoch nicht falsch, von einem Konsens zu sprechen, da insbesondere im Falle des Hauses AZ weitere Zeitungen/Plattformen ebenfalls eine negative Resonanz aufweisen. Insofern ist doch auffällig, dass alle Angebote der SRG in den neutralen bis positiven Bereich fallen. In der Interpretation stellt sich also durchaus die Frage, welche Partei hier in welche Richtung abweicht.

Die Frage der Signifikanz bezieht sich auf Unterschiede zwischen den Medienhäusern und den angenommenen Einfluss ihrer Interessenslagen. Zu den Unterschieden: Hier schreiben Sie, die Anteilsunterschiede bezüglich zustimmender und/oder ablehnender Beiträge ist „relevant“. Ist das eine deskriptive Aussage?

Zum angenommenen Einfluss der Interessenslagen: Ihrer Analyse liegt ja die These zugrunde, dass ökonomische Interessen die Berichterstattung beeinflussen (These der Interessengebundenheit). Um dazu eine Aussage treffen zu können, müsste diese Interessenslage aber schon irgendwie erhoben werden. Andernfalls ist ja eine belastbare Aussage zu den Ursachen der beobachteten Berichterstattung nicht möglich. Entsprechend ist es irreführend, wenn im Beitrag die Behauptung aufgestellt wird, dass die Berichterstattung der privaten Medien interessensgeleitet ist.

Dies gilt insbesondere, da ökonomische und weltanschauliche Interessen in der Argumentation vermischt werden.

In den Absätzen 4-7 beschreiben Sie mögliche Interessenslagen der Somedia, AZ und NZZ. Ringier, Tamedia, Weltwoche/BaZ werden kaum oder gar nicht beschrieben. Reicht dies aus Ihrer Sicht wirklich aus, um eine Aussage zu treffen, wie diese:

„Während die meisten privaten Medienorganisationen aus Eigeninteressen starke Kritik an der Vorlage und der SRG üben, sind es die Kanäle der SRG selber, die am ausgewogensten über die Vorlage berichten.“

Die Interessenslage der SRG wird übrigens vollständig ausgeblendet. Warum wird nicht kritisch reflektiert, dass die Berichterstattung der SRG auffällig von jener praktisch aller anderen Medienhäuser abweicht?

Mark Eisenegger 01. Juni 2015, 17:34

Die Anteilsunterschiede für die Bewertungenskategorien zwischen den Medienorganisationen sind mittel bis gross (ausser SRG vs. AZ Medien/Somedia) gemäss dem Effektgrössemass für den Test von 2 unabhängigen Anteilswerten und somit relevant. Ebenso ergibt sich ein signifikantes Chi-Quadrat in der Kreuztabellierung der Bewertungskategorien über die Medienorganisationen.

Zum angenommenen Einfluss der Interessenslagen: Nochmals: Wir haben keine Kausalitätsanalyse vorgenommen, das war nie das Ziel. Wir haben die Medienorganisationen anhand von Interessenkriterien klassifiziert (Onlinekonkurrenz, eigene Radio-/TV-Programme usw.). Diese Klassifikation dient der (qualitativen) Erklärung der Bewertungsunterschiede.

Zur SRG: Es zeigt sich, dass der Unterschied der SRG von AZ Medien/Somedia deutlich geringer ist als der Unterschied von AZ Medien/Somedia zu Tamedia/NZZ/Ringier und BaZ/Weltwoche. Die SRG mit ihrer ausgewogenen Bewertung spiegelt die politischen Pro- und Contra-Lager adäquater als die eindeutig contra positionierten Tamedia/NZZ/Ringier und BaZ/Weltwoche. Die ausgeprägte Contra-Position dieser Medien wird von uns hinterfragt und mit Bezug auf die Interessenlagen plausibilisiert.

Philipp Landmark 01. Juni 2015, 14:53

Was immer auch eine „Vollerhebung“ sein mag – ein Drittel der NZZ Mediengruppe findet wie beim fög üblich nicht statt. Auch in der Wissenschaft reicht die Schweiz eben nur bis Winterthur.
Es wäre übrigens aufschlussreich, wenn beim Erbsen-zählen zwischen Erklärstücken und Meinungsartikeln, Eigenleistungen und Gastkommentaren usw. unterschieden würde.