Austritt wird zur Streitsache
Ende August teilte das Medienhaus Ringier mit, man trete «mit sofortiger Wirkung» aus dem Verband Schweizer Medien aus. So einfach geht das aber nicht. Die Statuten sehen einen Austritt erst per Ende 2016 vor. Und darauf beharrt der Verband. Beim Streit geht es auch – und vor allem – um Geld. Am Ende wird wohl ein Richter entscheiden, ob das Vorgehen Ringier rechtens war.
Es war ein Knall mit dem niemand gerechnet hatte: Am 20. August erklärte das Zürcher Medienunternehmen Ringier seinen Austritt aus dem Verband Schweizer Medien. Und zwar «mit sofortiger Wirkung». Als Grund für den Bruch mit der Branchenorganisation nannte Ringier in einer Medienmitteilung die «Radikalforderung» nach einem Werbeverbot für die SRG. Ein Postulat hinter das sich Ringier nicht stellen konnte und wollte, zumal das Unternehmen gerade mit ebenjener SRG und der staatsnahen Swisscom ein Joint Venture für das gemeinsame Werbegeschäft eingefädelt hatte.
Doch so einfach lässt man das austrittswillige Mitglied nicht ziehen. Der Verlegerverband fordert von Ringier die statutarisch vorgesehene Kündigungsfrist von sechs Monaten auf Ende eines Kalenderjahres einzuhalten. Was heisst: Wenn Ringier am 20. August 2015 seine Kündigung bekannt gegeben hat, kann das Unternehmen per Ende 2016 austreten.
Dass der Verband auf diesem Vorgehen beharrt, wie Direktorin Verena Vonarburg auf Anfrage bestätigt, hat nicht nur formale, sondern vor allem finanzielle Gründe. Ringier zahlt als eines der beiden grössten Mitglieder (neben Tamedia) einen jährlichen Beitrag von 300’000 Franken. Geld, auf das der VSM für seine aktuellen Aktivitäten angewiesen ist. Weil ein Wegfall des Betrags zu stellt sich der Verband auf den Standpunkt, dass Ringier auch noch den Mitgliederbeitrag für 2016 schuldet.
Ringier dagegen sieht sich bereits jetzt finanziell kulant, weil man «keine Rückforderungen für den bereits geleisteten Beitrag 2015» stelle, obwohl sich die Ringier-Vertreter mit Bekanntgabe des Austritts aus sämtlichen Gremien und Funktionen zurückgezogen hätten, wie Unternehmenssprecher Edi Estermann auf Anfrage erklärt. «2016 wird es aber keine Beitragszahlung geben.» Als Sparmassnahme will man den Schritt aber nicht verstanden wissen, obwohl man das Geld natürlich ganz gut anderweitig einsetzen kann. Auch betont Estermann, dass das Tuch mit dem Verband nicht komplett zerschnitten sei. Ringier werde weiterhin mit den einzelnen Mitgliedern in Branchenfragen zusammenarbeiten.
Zu seinem überstürzten Austritt sieht sich Ringier indessen legitimiert, weil es dafür «ausserordentliche Gründe» gebe. Sprecher Estermann nennt deren drei:
- Die Vorkommnisse bei der Präsidiumsretraite auf dem Zürcher Sonnenberg vom 18. August, wo Ringier-CEO Marc Walder seiner Zuständigkeit für das Departement «Elektronische und Neue Medien» des Verbands enthoben wurde.
- Die Medienmitteilung des Verbands vom 20. August, von deren Inhalt sich Ringier «brüskiert» und vom Vorgehen dazu «überrumpelt» sah, wie der «Schweizer Journalist» in seiner aktuellen Ausgabe schreibt.
- Und schliesslich die Forderung nach einem kompletten Werbeverbot für die SRG, ohne dass es dafür je einen formellen Beschluss des Verbands gegeben hätte.
Wenn der Verband Ringier nicht doch noch früher als in den Statuten vorgesehen ziehen lässt, wird dereinst ein Richter entschieden müssen, ob die von Ringier vorgebrachten Punkte als «wichtige Gründe» durchgehen, die den sofortigen Austritt rechtfertigen. Eine solche Beurteilung erfolgt aber erst dann, wenn Ringier den Mitgliederbeitrag für 2016 nicht bezahlt. Bis dahin gilt das Unternehmen als Teil des Verbands, weil es ja die Rechnung für 2015 beglichen hat.
Ein Richter wird dereinst zu beurteilen haben, ob das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien total zerstört ist, oder ob nicht doch ein ordentlicher Austritt als Reaktion auf die Vorfälle für Ringier zumutbar gewesen wäre.