Eine gewisse Willkür
Bei Strassenbeschriftungen, kommunalen Orientierungssystemen oder öffentlichen Verkehrsmitteln sind Schreibweisen nicht einfach – und schon gar nicht logisch. Über amtliche Bindestriche, durchgekuppelte Adelstitel und abkürzende Sparschreibweisen.
Namensgebung und Rechtschreibung
Das Recht, Namen so zu schreiben, wie man will, kollidiert manchmal mit der Rechtschreibung. Wenn die Firmen-
oder Hausschreibweise oder eine überlieferte Schreibweise «St. Petersinsel» lautet, es aber laut gängiger Rechtschreibung «St.-Peter-Insel» heissen würde, ist sprachliche Orientierungslosigkeit die Folge. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb man «Hans-Kaiser-Weg» durchkuppelt und St. Jakobsweg zusammenschreibt oder gutnachbarschaftlich «St. Jakobshalle» und «St. Jakob-Park» geschrieben wird. Einmal eingebürgerte Schreibweisen haben Vorrang, auch wenn sie nach «Duden» oder «Heuer» falsch oder unüblich sind. Die Folge ist eine gewisse Willkür.
Himmelsrichtungen
Himmelsrichtungen werden nach «Heuer» ohne Bindestrich geschrieben, der Bindestrich wird aber ebenfalls toleriert (nach «Duden».)
Ich empfehle die einheitliche Schreibweise ohne Bindestrich, da bei solchen Zusammensetzungen auf einen Eigennamen (z. B. Glarus) eine enge Apposition (z. B. Süd) folgt.
Räumliche Präzisierungen
Zusätzliche Bezeichnungen bei Ortsangaben können einen eigenständigen Namen bedeuten. Oft sind solche Fügungen mit Bindestrich amtlich festgelegt.
Grammatisch liegt jedoch kein Zusammenhang vor, deshalb ist in der Schweiz im Allgemeinen die Schreibweise ohne Bindestrich vorzuziehen.
Bei der nachgestellten Ortsbezeichnung ist der Bindestrich grammatisch sogar falsch.
Ortsnamen
Der Bund führt ein Ortschaftenverzeichnis, in dem man sich im Zweifel schlau machen kann. Bei zusammengesetzten Gemeindenamen handelt es sich um Zusammenschlüsse im Sinn des gemeinsamen (politischen oder ökonomischen) Betriebs.
Ein Schrägstrich wir zur Verdeutlichung der Zweisprachigkeit eingesetzt. Er steht hier für «beziehungsweise». In wenigen Fällen bezeichnet er auch politische Zusammenschlüsse, wo der Schrägstrich für eine Paarformel (wie Obama/Bush) steht.
Um Ortsnamen zu präzisieren, wird die voll ausgeschriebene Variante empfohlen. Ausnahmsweise gelten auch Abkürzungen.
Es ist zur Präzisierung möglich, bei Ortsnamen den Kantonskürzel beizufügen.
Strassen- und Flurnamen
Namen geografischer Herkunft in Strassenschildern, die die Ableitung -er enthalten, werden zusammengeschrieben und nie abgekürzt. Die veraltete Abkürzung von «-Str.» für «-strasse» ist zu vermeiden. Der erste Buchstabe eines Strassennamens wird immer grossgeschrieben.
Mehrteilige Namen, die nicht eine Ableitung auf -er enthalten, schreibt man mit Bindestrichen, sofern keine Hausregeln angewendet werden.
Die Schreibweise Ae, Oe und Ue ist weit verbreitet, aber veraltet. Stattdessen sollen Ä, Ö und Ü gesetzt werden. Falls die alten Namen verwendet werden, wird davon abgeraten, zusätzlich die modernere Schreibweise einzuführen.
Sprachliche Mischformen von Deutsch und Schweizerdeutsch sind zu vermeiden.
Eigennamen inklusive Adelstitel oder akademischen Grads in Strassennamen werden durchgekuppelt.
Hausnummern
Wenn mehrere Hausnummern von voneinander entfernten Liegenschaften vorn an der Strasse angekündigt werden, ist Klarheit wichtig. Das Plus- und das Et-Zeichen sind falsch, und ein Schrägstrich könnte als Bruchstrich gedeutet werden.
Kommas oder die elegant wirkenden senkrechten Striche deuten auf eine klare Auflistung.
Der Bis-Strich kann missverstanden werden, weil dann gerade und ungerade Nummern vermutet werden können.
Angefügte Buchstaben werden ohne Abstand direkt an die Zahl gesetzt.
Missverständlich sind abkürzende Sparschreibweisen. Stattdessen sind alle Hausnummern, durch Komma oder senkrechten Strich getrennt, auszuweisen.
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