von Nina Fargahi

Medien im Echo-Modus

Zur Kampagne gegen eine erleichterte Einbürgerung machten die Medien nicht die beste Figur. Die faktenfreien und themenfremden «Argumente» der SVP («Burka-Plakat») wurden oft ungefiltert und unwidersprochen verbreitet. Aber Journalismus darf nicht blosses Echo politischer Kampagnen sein.

Die SVP hat die Abstimmung zur erleichterten Einbürgerung der dritten Generation verloren. Doch sie hat erneut mit einem riesigen finanziellen Aufwand das Bild des bedrohlichen Islams in viele Köpfe gehämmert. Diesen Schwung, so hofft sie wohl, werde in die nächste Abstimmung mitgenommen, wenn es beispielsweise um das Kopftuchverbot geht.

Dass zuweilen vor politischen Abstimmungen Emotionen – in der Regel Ängste – geschürt werden, und dabei oft auf die Person gespielt wird, gehört zu einem Abstimmungskampf dazu. Die nicht immer leicht zu beantwortende Frage dabei ist: Wie weit darf sich politischer Stimmenfang von der Realität entfernen?

Nach Trumps Wahlkampf scheint in einer politischen Kampagne heute alles erlaubt zu sein: Das bewusste Abweichen von der Wahrheit gilt nicht mehr als Lüge, sondern ein alternatives Faktum. Auch die SVP bewirtschaftete im Bereich der Migrationspolitik ziemlich erfolgreich «alternative Fakten», noch lange vor Trumps Wahlkampf.

Auch dieses Mal warb das SVP-Komitee unter Nationalrat Andreas Glarner mit verschleierten Frauen. «Burka-Plakate», wie sie fälschlicherweise genannt werden (es sind nämlich gar keine Burkas zu sehen, sondern Nikabs), säumten die Schweizer Bahnhofshallen. Das Plakat, das nichts mit der Abstimmungsvorlage zu tun hatte, diente ganz offensichtlich einem einzigen Zweck: Dem Schüren der Angst vor dem Islam. So weit, so bekannt: Politik auf Kosten von Minderheiten gehört zum Standardrepertoire rechtsextremer Parteien. Daran scheint man sich gewöhnt zu haben. Widerspruch kommt kaum. Auch die Medien bleiben erstaunlich leise.

Nur vereinzelt nennen sie beim Namen, worum es sich beim Abstimmungskampf der SVP um die erleichterte Einbürgerung im Kern ging: um fremdenfeindliche Hetze. SRG und Privatsender luden Andreas Glarner, den Kopf der Kampagne, in ihre quotenträchtigen Talkshows «Arena» und Talk Täglich ein, sämtliche Schweizer Medien boten ihm eine Bühne und Glarner durfte sein weitgehend faktenfreies Programm verbreiten. In der «Arena» sagte er etwa, die dritte Ausländergeneration dürfe nicht eingebürgert werden, weil sonst «Eritreer mit dem Schnellboot in die Schweiz kommen».

Journalismus darf nicht blosses Echo politischer Kampagnen sein. Skandal und Sensation mögen Aufmerksamkeit und Auflage generieren, doch damit ist die wichtige Aufgabe der Medien innerhalb einer demokratischen Gesellschaft nur ungenügend erfüllt. Gerade bei sensiblen Themen stehen die Medien in der Verantwortung, Fakten und Aussagen zu prüfen, einzuordnen und in einem Kontext zu erklären und zu analysieren. Rassismus ist keine legitime Position in einem demokratischen Diskurs. Die Medien müssen einen Weg finden, solche gesellschaftsgefährdenden Tendenzen nüchtern zu identifizieren und zurückzuweisen. Das ist keine leichte Aufgabe. Es ist jedoch ein Gebot der Toleranz, gegenüber Intoleranz intolerant zu sein.

Leserbeiträge

Elisabeth Gujer 17. Februar 2017, 23:04

„Es ist jedoch ein Gebot der Toleranz, gegenüber Intoleranz intolerant zu sein.“

Toleranz setzt einen Mächtigeren voraus, der jemanden oder etwas duldet.
Wie wäre es, wenn man stattdessen das Wort Akzeptanz wählen würde?

Danke sehr für Ihren gescheiten Beitrag.

Mit freundlichen Grüssen E. Gujer

Frank Hofmann 18. Februar 2017, 14:41

Aha. Die Hakenkreuz-Kampagne gegen die Durchsetzungsinitiative der SVP hatte natürlich nicht zum Ziel, „Emotionen bzw. Ängste“ zu schüren. (Das Hakenkreuz ist in Deutschland übrigens verboten.) Der Beitrag liest sich wie ein Bewerbungsschreiben für eine bekannte Tageszeitung.

pan. 21. Februar 2017, 00:21

in den medien, die ich konsumiere, stand sehr wohl, das plakat habe nichts mit der einbürgerung der 3. generation und somit der aktuellen abstimmung zu tun. es ist nicht der skandal, das dies verheimlicht worden wäre, sondern das glarner verbreiten konnte, die einbürgerung von nikab-trägerinnen (und andern schlecht integrierten) wäre gefährlich. weil man das eine (offensichtlich falsche) dementierte, vergass man, die unterschwelligere aussage (auch) anzugreifen. deshalb blieb sie stehen.