von Nina Fargahi

Man spricht über Namen statt über Menschen

Der Versicherungskonzern Swiss Life steht in der Kritik, weil er ausländischen Mitarbeitenden anbietet, ihre Namen im Kundenkontakt einzuschweizern. In der darauf folgenden Rassismus-Debatte vermochten die meisten Medien aber nicht bis zum Kern des Problems vorzudringen. Es geht nicht um den Klang von Namen, sondern um das Menschenbild de Unternehmens.

«Aus Mehmet wird Tobias», titelte unlängst die Sonntagszeitung. Es ging darum, dass Mitarbeitenden von Swiss Life die Möglichkeit geboten wird, ihre ausländisch klingenden Namen zu «helvetisieren», um im Kundenkontakt Vertrauen zu schaffen. Laut dem Unternehmen soll das die Erfolgschancen im Call Center erhöhen.

Swiss Life räumt ein, seit 1996 solche Falschnamen zu verwenden – sogar im schriftlichen Verkehr mit Kunden, wo das Argument der schweren Verständlichkeit kaum greift Es gehe um eine einfachere Kommunikation, versuchte Swiss Life den Shitstorm zu beruhigen, den die «Sonntagzeitung» ausgelöst hatte. Schliesslich werde niemand gezwungen. Die Mitarbeiter würden freiwillig entscheiden, sie sähen ihr Alias als reines Arbeitsinstrument, sagte Markus Leibundgut, Schweiz-Chef bei Swiss Life, in einem Interview mit dem «Bund».

Wer an den Osterhasen glaubt, glaubt auch, was Swiss Life uns hier weismachen will. Ob diese Namensfälschungen freiwillig erfolgen oder nicht, spielt letztlich keine Rolle. Würde Swiss Life etwas liegen an ihren Mitarbeitern (und an einem vertrauenswürdigen Geschäftsgebaren), würde sie es verbieten, dass diese ihre Namen im Kundenverkehr an die vermeintlich schweizerische Gesellschaft assimilieren. Gute Vorgesetzte stehen hinter ihren Mitarbeitern und fördern deren Persönlichkeit, unabhängig ihres Namens.

Für die Präsidentin der eidgenössischen Kommission gegen Rassismus und FDP-Politikerin, Martine Brunschwig-Graf, geht es denn auch nicht um die Freiwilligkeit der Namensänderung. «Das Problem ist, dass ein Unternehmen denkt, dass es besser ist, einen schweizerischen statt einen anderen Namen zu tragen», sagt sie gegenüber dem «Echo der Zeit» von SRF.

Das Thema drehte nur ein paar Tage in den Medien. Auffallend an der Debatte war, dass das Vorgehen von Swiss Life nur selten als unhaltbar qualifiziert und viel Verständnis für die Haltung des Unternehmens aufgebracht wurde. In der «Arena» von Schweizer Fernsehen SRF nannte Moderator Jonas Projer dies immerhin einen «Funken», der die Schweiz zu einer Diskussion über Rassismus angeregt habe. Ausgerechnet der ehemalige Präsident der eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, Georg Kreis, schaltete einen Gang tiefer und sprach von einem «Fünkli».

Die allgemeine Debatte verlief derart harmlos, dass Swiss Life zu keinem Zeitpunkt signalisierte, ihre Praxis überdenken zu wollen, geschweige denn, zu ändern. Das Geschäft geht vor. Dabei bedarf es nicht grosser Empathie, um nachempfinden zu können, wie eine Person sich fühlen muss, die unverblümt damit konfrontiert wird, dass ihr Name und damit sie selbst hierzulande kaum akzeptiert ist. Dies, obwohl sie hier lebt und vielleicht sogar auch hier aufgewachsen ist. Für eine Person, die ihre wahre Identität verbirgt, nur um mehr Umsatz für den Arbeitgeber zu generieren, bedeutet dies eine Diskriminierung, Demütigung und Beleidigung. Tag für Tag.

Swiss Life sollte nicht verleugnen, dass mitten unter uns Menschen leben, die keine schweizerisch klingenden Namen tragen. Auch ihnen hat der Versicherungskonzern seinen Erfolg zu verdanken.

Leserbeiträge

Henri Leuzinger 13. Juli 2017, 14:02

Tja, eine schwierige Geschichte. Mehrmals kassierte ein Kollege bei der Wohnungssuche Absagen, als er seine Postadresse nannte. Als dann seine Freundin mit gängigem Schweizer Namen telefonierte, erhielt sie problemlos die Unterlagen.