Wenn Streaming das Klima anheizt
Digital heisst nicht zwingend grün: Forscher wollen die Auswirkungen von digitalen Trends auf die Umwelt messen.
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Digital heisst nicht zwingend grün: Forscher wollen die Auswirkungen von digitalen Trends auf die Umwelt messen.
Selbst wer sich intensiv mit dem Medienwandel beschäftigt, verliert manchmal den Überblick. Welche Kräfte bewirken welche Entwicklungen? Was sind die aktuellen Trends und Dynamiken? Das Media Lab Bayern hat sich die Mühe genommen, die wichtigsten Trends zusammenzutragen und in einer interaktiven Grafik darzustellen. Von A wie Artificial Intelligence bis W wie Wearables finden sich zu zahlreichen Stichworten kurze Texte mit weiterführenden Links. Die Media Trend Map erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern ruft die Nutzenden dazu auf, sich einzubringen mit Anregung und Kritik.
Der Wissenschaftskabarettist Vince Ebert wirft die – nicht ganz neue – Frage auf, ob wir dank der schieren Fülle an Nachrichtenquellen, die uns heute zur Verfügung stehen, denn auch besser informiert sind; er findet eher nicht. Vielmehr neigten wir dazu, «unsere Zeit mit Scheindebatten und Pseudoproblemen zu verschwenden.» Denn: «In Wirklichkeit regen wir uns nicht deswegen auf, weil irgendetwas gefährlich ist, sondern wir denken, irgendetwas ist gefährlich, weil wir uns aufregen. Am Ende glauben wird nicht das, was wissenschaftlich erwiesen ist, sondern das, was wir überall massenhaft gehört, gelesen oder gesehen haben.» Ebert empfiehlt darum: «Wenn Sie weniger News und dafür mehr Sachbücher und Fachartikel lesen, werden Sie merken, dass die Probleme, die bei uns so hysterisch diskutiert werden, oft gar nicht so dramatisch sind wie gedacht.»
Man kennt die Frage aus zig Umfragen: Wie lange sind Menschen online am Tag? In Deutschland stellen sie ARD/ZDF seit über 20 Jahren. Und noch immer lautet sie gleich. Stephan Dörner, Chefredaktor des Tech-Magazins t3n, findet nun mit guten Gründen: Die Fragestellung ist überholt. «Die Aufteilung der Zeit in online und offline passt in die heutige Always-on-Welt der Smartphones so wenig wie noch nie», schreibt Dörner und nennt ein paar Beispiele. «Höre ich Podcasts oder Musik über einen Streaming-Dienst, gilt das als Online-Zeit – heruntergeladene Songs dagegen sind offline? Und was ist mit Songs und Filmen, die ich in Streaming-Apps wie Spotify und Netflix heruntergeladen habe und offline nutzen kann?» Fragen über Fragen, auf die die Antwort eigentlich nur lauten kann: «online» war gestern, heute ist «always-on».
Europa hat gegenüber den USA und China einen erheblichen Wettbewerbsnachteil: die Sprachenvielfalt. «Gäbe es die Möglichkeit, alle Produktbeschreibungen eines E-Commerce-Unternehmens oder zum Beispiel auch journalistische Inhalte sofort in alle Sprachen Europas automatisch zu übersetzen, würde das ganz neue Möglichkeiten eröffnen und auch der Entstehung einer europäischen Öffentlichkeit helfen.» Darum plädiert Wolfgang Blau, Internet-Vordenker und Präsident des internationalen Verlagshauses Condé Nast, dafür, maschinelle Übersetzung zuoberst auf die Prioritätenliste gesamteuropäischer Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen zu setzen. Die breitere Verständlichkeit von bislang sprachlich abgeschotteten Inhalten bringe aber auch Nachteile mit sich, sagt Blau gegenüber dem Wiener «Standard»: «Wenn alle Web-Inhalte der Welt in ihrer eigenen Sprache verfügbar sind, werden Sie auch auf Propaganda, Missinformation stossen, die vorher gar nicht sichtbar war.»
Der französische Philosoph und Zeitdiagnostiker Paul Virilio prägte den Begriff des «rasenden Stillstands». Er meinte damit den Zustand einer Gesellschaft, die Zeit und Raum technologisch beherrscht, aber damit gleichzeitig sich selbst auszulöschen droht. Neben der Philiosophie galt die zweite grosse Leidenschaft Virilios der Architektur, wo er es als Autodidakt zu erstaunlichen Meriten brachte. Am 10. September ist Virilio im Alter von 86 Jahren gestorben. In einem Nachruf im Berliner «Tagesspiegel» schreibt Gregor Dotzauer, dass die von Virilio begründete Denkrichtung der Dromologie, eine «wilde, in viele Disziplinen ausgreifende Theorie, die er zusammenbastelte –, anregender war als so manche akademische Abhandlung.»
Längst gleichen die meisten Kioske kleinen Gemischtwarenläden. Es gibt Lebensmittel, Getränke, Snacks. Und natürlich auch noch Druckerzeugnisse, mehrheitlich Magazine. Ausser am Sonntag zählen Tageszeitungen nicht mehr zu den Verkaufsschlagern, wie so viele andere Produkte, die der Kiosk bereithält, etwa Tabakwaren. Für kleinere Kioske, die weiterhin ein traditionelles Sortiment anbieten, reicht das oft nicht mehr zum Überleben. In der NZZ beschreibt Matthias Sander den unaufhaltsamen Niedergang der Quartierkioske.
Das Ende naht. Nicht jenes der Zeitung, aber der gedruckten Ausgabe. Für die Berliner Tageszeitung taz ist dieser Weg vorgezeichnet. In einem Newsletter an die Genossenschafterinnen und Genossenschafter informierte taz-Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch jüngst über den bevorstehenden Schritt: «Das Zeitalter der gedruckten Zeitung ist zu Ende, der Journalismus lebt im Netz weiter.» Die Teilhaber der Zeitung sind nun aufgefordert, unter dem Titel «Szenario 2022» Ideen für den Übergang einzubrigen.