von Nick Lüthi

SRG-Serien bleiben länger frei zugänglich

Gute Nachrichten für Serien-Fans: Noch in diesem Jahr wird die SRG dazu übergehen, die eigenen Filme und Serien länger online abrufbar zu halten. Möglich macht das der neue «Pacte de l’audiovisuel». Die erneuerte Vereinbarung zwischen der SRG und der Filmbranche wird nächste Woche an den Solothurner Filmtagen vorgestellt.

Man würde es für eine Selbstverständlichkeit halten. Was die Öffentlichkeit über die Medienabgabe finanziert, steht ihr auch jederzeit, umfassend und unbeschränkt zur Verfügung. Dem ist aber nicht so. Filme und Serien, welche die SRG mitproduziert, verschwinden mehrheitlich nach kurzer Zeit aus dem Online-Angebot. Wer zu spät kommt, guckt in die Röhre. Oder muss noch einmal Geld in die Hand nehmen und die Werke auf kostenpflichtigen Plattformen erwerben.

So findet die Deutschschweizer Premiere von «Helvetica» im Pay-TV von Teleclub statt und wer den «Bestatter» (noch einmal) sehen möchte, zahlte heute 20 Franken für eine einzelne Staffel auf DVD oder 100 Franken für alle sieben. Das mag zwar das interessierte Publikum verärgern, aber das Vorgehen ist rechtens. Es sei im Gesetz ausdrücklich vorgesehen, dass die SRG ihre Eigenproduktionen vermarkten könne, heisst es beim Bundesamt für Kommunikation. Solche Einnahmen würden zusammen mit dem Ertrag aus der Haushaltsabgabe dafür sorgen, dass die SRG ihren öffentlichen Auftrag erfüllen könne.

Die SRG ist am Erlös aus der kommerziellen Auswertung beteiligt und kann dieses Geld in neue Produktionen investieren.

Bei Serien wie «Helvetica» oder «Wilder» tritt die SRG als Koproduzentin auf. In dieser Rolle steht ihr in der Regel das Erstausstrahlungsrecht zu. Die weitergehenden Auswertungsrechte verbleiben aber beim Produzenten, der sein Werk auf dem Markt kommerzialisieren kann. Auf diesem Weg finden SRG-Serien ins Pay-TV platzieren oder auf kostenpflichtige Video-on-Demand-Plattformen. Von solchen Deals profitiert auch die SRG. Sie ist am Erlös aus der kommerziellen Auswertung beteiligt und kann dieses Geld in neue Produktionen investieren. Das Nachsehen haben die Zuschauer, die nur noch gegen zusätzliches Entgelt den Film oder die Serie sehen können.

Das soll sich nun ändern. An den Solothurner Filmtagen nächste Woche präsentieren die SRG und die Filmbranche den neuen «Pacte de l’Audiovisuel», der die Kooperation bei Film- und Serienproduktion für die kommenden Jahre regelt. Der Pacte wird konkrete Verbesserungen für die Zuschauer bringen. Nach Auskunft von Sven Wälti, Filmchef der SRG, wird die SRG künftig die Onlinerechte an Koproduktionen dergestalt erwerben, dass Filme und Serien längerfristig auf den eigenen Plattformen bereitgestellt werden können. «So können wir Serien künftig bis zu sechs Monate lang zugänglich machen», sagt Wälti. Das gilt für Serien, an deren Produktion die SRG zu mehr als 50 Prozent beteiligt ist.

Bei Eigenproduktionen, wie etwa «Der Bestatter», hat es die SRG alleine in der Hand, wann und wie lange sie die Serie für den Online-Abruf bereitstellt. Dass die Erfolgsserie gegenwärtig nur als DVD zu kaufen oder kostenpflichtig auf Videoplattformen zu sehen ist, erklärt Filmchef Wälti mit den kommerziellen Interessen der SRG. Das werde sich aber ändern. «Auf der neuen Videoplattform der SRG wird ‹Der Bestatter› wieder zu sehen sein», verspricht Wälti.

Die SRG wird die Online-Rechte an älteren Serien erwerben, so dass sie diese über drei Jahre anbieten kann.

Die heute erst als Projekt Rio bekannte Plattform, die im Herbst starten wird, bringt weitere Neuerungen mit, die den Bedürfnissen der Zuschauer entgegenkommen. So wird die SRG die Online-Rechte an älteren Serien erwerben, so dass sie diese über drei Jahre anbieten kann. Ausserdem habe man vor, künftig Serien gleichzeitig in allen Sprachen online zu stellen. Eine Situation, wie sie sich nun mit «Helvetica» ergeben hat, dass Teleclub eine SRG-Serie zuerst zeigt in der Deutschschweiz, wird es dann nicht mehr geben. «Man wird neue Wege finden müssen mit Teleclub und anderen Anbietern», sagt Sven Wälti.

Teleclub hat sich an «Helvetica» die Erstausstrahlungsrechte sichern können für die Deutschschweiz als Gegenleistung für die finanzielle Beteiligung an der Produktion. Denn wie die SRG weiss auch Teleclub, dass hochstehende heimische Produktionen beim Publikum gut ankommen; sie seien gar «sehr beliebt», teilt Olivia Willi von der Teleclub-Pressestelle mit, nennt aber keine genaueren Zahlen.

Die nun angekündigten Schritte runden die Serienoffensive der SRG ab. Lag der Fokus bisher auf der Produktion, rücken nun vermehrt auch Verbreitung und Nutzung in den Blickwinkel der Verantwortlichen. Vor einem Jahr hielt SRG-Filmchef Sven Wälti fest, dass die Kooperation mit der Filmbranche «mit der digitalen Realität und den veränderten Nutzungsgewohnheiten Schritt» halten müsse. Nächste Woche wird der neue Pacte de l’Audiovisuel präsentiert. Und es deutet viel darauf hin, dass er in zentralen Punkten den Interessen des Publikums entgegenkommt im Vergleich zum oft unbefriedigenden Status Quo.