von Sabrina Heike Kessler

Coronavirus: Der schwierige Kampf gegen Krankheitsmythen

Nicht nur das Coronavirus verbreitet sich stetig. Genauso kursieren Gerüchte und Falschmeldungen rund um die Epidemie. Warum wissenschaftlich gesichertes Wissen zu Gesundheitsfragen einen schweren Stand hat gegenüber Fake News.

Das Coronavirus beschäftigt die Weltgesundheitsorganisation nicht nur unter medizinischen Gesichtspunkten. Die WHO kämpft auch gegen Fake News, die rund um die Krankheit kursieren. Dabei setzt die UNO-Organisation mit Sitz in Genf stark auf populäre Social-Media-Plattformen wie Instagram, Facebook oder Twitter.

Dort will die WHO erreichen, dass verlässliche Informationen als erstes Ergebnis angezeigt werden bei entsprechenden Suchvorgängen. Fachleute nehmen Stellung zu Gerüchten und Mythen, die rund um das Coronavirus kursieren und für Verunsicherung sorgen: Sind elektrische Händetrockner oder ultraviolettes Licht wirksam bei der Abtötung des neuen Coronavirus? Kann das Besprühen des Körpers mit Alkohol oder Chlor das Coronavirus abtöten? Kann Mundwasser-Gurgeln oder der Verzehr von Knoblauch vor einer Infektion schützen? Blockiert das Auftragen von Sesamöl das Eindringen des neuen Coronavirus in den Körper?

Die WHO weiss, dass sich die Verbreitung von Gerüchten und Fake News im Gesundheitsbereich verheerend auswirken kann. Das zeigte sich in der Vergangenheit etwa bei Masernausbrüchen mit Toten in Ländern, wo dies noch vor wenigen Jahren nicht möglich gewesen wäre; so etwa auch in der Schweiz. Verschwörungstheorien und Fake News sorgten dafür, dass die Impfquote zurückging und sich die vermeintlich ausgerottete Krankheit wieder verbreiten konnte.

Überall, wo es an wissenschaftlich gesichertem Wissen fehlt, bleibt Platz für unbelegte Spekulationen.

Beim Coronavirus können Gerüchte und Fehlinformationen genauso gefährlich werden und sich in den Köpfen der Menschen festsetzen wie die Impfmythen. Im schlimmsten Fall verbreitet sich das Coronavirus dann noch schneller und bringt Tote, wo es ohne die Fake News gar keine geben müsste, weil Menschen an falsche Gegenmittel oder Ansteckungswege glauben.

Das kann nur verhindert werden, wenn man die Verbreitung von Fake News im Gesundheitsbereich frühzeitig und konsequent bekämpft. Das ist nicht nur die Aufgabe der WHO, sondern auch die von verantwortungsbewussten Medien. Keine einfache Aufgabe, denn überall, wo es an wissenschaftlich gesichertem Wissen fehlt, bleibt Platz für unbelegte Spekulationen.

Wenn sich Fake News genauso schnell verbreiten wie die Epidemie selbst, wird dies mitunter auch als «Infodemie» bezeichnet. Aber es sind nicht nur global verbreitete Fake News über das Coranavirus im Umlauf. Aktuelle Beispiele aus Deutschland zeigen, dass auch Fehlinformationen zu vermeintlichen Ansteckungsfällen mit regionaler Reichweite kursieren und so Angst verbreiten.

Eine weitere Strategie im Kampf gegen Fake News beim Coronavirus war auch der Versuch einer Kooperation zwischen Ärzten und Medizinjournalen. Pandemieforschung in Echtzeit sollte schnell Transparenz schaffen und als «Gegengift» zur Desinformation wirken. Geschwindigkeit geht aber auch in der Wissenschaft, wie im Journalismus, oft auf Kosten der Qualität. Wissenschaftliche Ergebnisse sind dann mitunter zu wenig gesichert, also mit Unsicherheiten und Einschränkungen behaftet.

Fake News zum Coronavirus werden von vielen Social-Media-NutzerInnen angeklickt, geliked, geteilt.

Wenn die redaktionellen Medien vorsichtig vorgehen, können sie den steigenden Hunger nach mehr und nach den aktuellsten Informationen zum Coronavirus längst nicht stillen. Ging es bei SARS 2002/03 vergleichsweise gemächlich zu und her mit der Kommunikation im Web 1.0, so spielte bei der Schweinegrippe 2009/10 Social Media als Informationsquelle bereits eine wichtige Rolle. Damit konnten sich auch Fake News schneller verbreiten. Gesundheitsbehörden waren entsprechend gezwungen, auch schneller zu reagieren.

Grundsätzlich gilt: Fake News verbreiten sich schneller als wissenschaftlich gesicherte Fakten. Fake News zum Coronavirus werden von vielen Social-Media-NutzerInnen angeklickt, geliked, geteilt. Das führt dazu, dass Halb- und Unwahrheiten noch stärker sichtbar werden, weil Suchmaschinen und Social-Media-Algorithmen diese als relevante Information einstufen. Das weiss auch Facebook. Eigene Untersuchungen des Social-Media-Konzerns legen nahe, dass sich die Menschen im Durchschnitt mehr mit Fake News beschäftigen.

Gerüchte und Fehlinformationen rund um das Coronavirus haben überzeugende Eigenschaften, die es sehr attraktiv machen, sie zu lesen und an sie zu glauben – sie sind meist leicht verständlich, einfach und plausibel formuliert. Sie bieten zudem vermeintliche Sicherheit und einfache Antworten in Zeiten grosser Unsicherheit. Dazu sind sie oftmals emotional, sensationalistisch, überraschend, klar in ihrer Bewertung und oft auch visuell ansprechend aufbereitet.

Die Kombination aus grosser Unsicherheit, fehlendem wissenschaftlichen und medizinischen Wissen, steigender Angst vor Ansteckung und hohem Informationsbedarf kann im Fall des Coronavirus dazu führen, dass Menschen weniger kritisch mit Informationen zu diesem Thema umgehen und besonders empfänglich für Fake News werden. Diese Umstände können interessengeleitete Akteure gezielt ausnützen.

Anfälliger, Fake News zu glauben, sind jene, die eine schwach ausgeprägte Fähigkeit oder Motivation zum analytischen Denken haben.

Es gibt eine grundsätzliche Dimension des Problems: Im Prinzip sind wir alle anfällig für Fake News – zumindest bei Themen, mit denen wir uns nicht oder schlecht auskennen. Weil wir oft nicht genug Zeit, kognitive Ressourcen oder Motivation haben, um komplexe Themen zu verstehen und tiefgehend zu verarbeiten, kommt es sehr häufig zu Missverständnissen und Halbwissen.

Anfälliger, Fake News zu glauben, sind zudem jene, die eher eine schwach ausgeprägte Fähigkeit oder Motivation zum analytischen Denken haben, die zu dogmatischem Denken tendieren, die an andere Verschwörungstheorien oder übernatürliche Phänomene glauben oder die eher weniger skeptisch sind im alltäglichen Denken. Ausserdem werden Fake News eher dann geglaubt, wenn sie ins eigene Weltbild passen. So sind zum Beispiel starke Befürworter der Homöopathie häufig auch Impfgegner.

Dass Menschen in Gesundheitsfragen an Fake News glauben, erklärt sich mit dem menschlichen Wunsch, gesund zu sein, zu bleiben oder werden zu wollen und der Angst vor Krankheit und Tod. Schon evolutionär ist der Mensch darauf angelegt, mit der eigenen Gesundheit besser nicht zu experimentieren, sondern sich auf das zu verlassen, was andere denken, empfehlen und tun. Wirken die Informationen, die man über das Coronavirus liest, zudem noch plausibel und passen ins eigene Weltbild, werden sie direkt mental eingespeichert. Sind Fake News dann einmal im Kopf eines Menschen, sind sie dort relativ stabil verankert und nur sehr schwer wieder zu beseitigen.

Die Kommunikationswissenschaft hat auch einen gesellschaftlichen Auftrag: Den Medienwandel nicht nur zu beobachten, sondern ihre Analysen auch in den öffentlichen Diskurs einzubringen. Dieser Artikel ist Teil einer Serie zu aktueller kommunikationswissenschaftlicher Forschung.

Leserbeiträge

adam 18. Februar 2020, 21:44

So so … und was sind dann KEINE FAKE news zum Virus? Nuetzlicher als das Beschreiben von fake news ist wohl eine Aufzaehlung der Tatsachen dazu was richtig ist im Umgang mit dem Virus – Da kann man aber leider SEHR LANGE suchen … die Medienwoche jedenfalls hat nicts darueber geschrieben … lustig …

Rob 19. Februar 2020, 12:23

Man muss doch nicht lange zum Thema Corona-Virus suchen!

Hier ist die Informationsseite des Robert-Koch-Instituts:

https://www.infektionsschutz.de/coronavirus-sars-cov-2.html

Da wird alles zu diesem Virus erklärt, auch für fachunkundige Bürger.

Wer noch mehr Details will, der findet hier die gesamte Übersichtsseite zu diesem Virus:

https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/nCoV.html

Man muss sich mit der Suche einfach mal ein wenig anstrengen. Aber das wurde im Text ja bereits beleuchtet, dass viele Menschen sich keine Mühe machen.

 

Peter N 19. Februar 2020, 15:29

„Menschen in Gesundheitsfragen an Fake News glauben, erklärt sich mit dem menschlichen Wunsch, gesund zu sein“

Ich habe auch den Wunsch, gesund zu sein. Gerade deshalb hinterfrage ich medizinisches Wissen im Internet doppelt bis dreifach. Zu oft liest man bei Dr Google den größten Quatsch. Dass Menschen ins Gesundheitsfragen an Fake News glauben erklärt sich einzig durch die Faulheit und die selbstverschuldete Unmündigkeit dieser Leute. Sorry, aber es ist schon anmaßend, mich mit dem Attribut, dass ich gesund bleiben möchte, mit Fake News Freunden auf eine Stufe zu stellen. Das kommt einer Frechheit gleich.