von Nick Lüthi

The Good, The Bad & The Ugly IV

Referendumsdrohung,
Rückzug aus der Region,
Rüpelhafte Reaktion

The Good – Medienförderung vors Volk!

Noch hat der Nationalrat die Möglichkeit, den Entscheid zu korrigieren. Geht es nach der vorberatenden Kommission, soll die Förderung von Online-Medien auf die lange Bank geschoben werden. Nur gedruckte Zeitungen würden zusätzliche Millionen der dringend nötigen Presseförderung erhalten.

Das ist anachronistischer Humbug, zeigt aber gut, wie Medienpolitik in der Schweiz funktioniert: Wer hat, dem wird gegeben. Profiteure einer solchen Förderung wären Grossverlage wie TX Group / Tamedia und CH Media, die das Geld selbst aufbringen könnten, wenn sie wollten.

Es waren denn auch die Chefs der beiden Verlage, die massgeblich und erfolgreich gegen die Online-Förderung lobbyiert haben. Die gute Nachricht: Es gibt Pläne, die Privilegierung des Auslaufmodells Print mit einem Referendum zu bekämpfen. Die Stiftung für direkte Demokratie steht mit ihrer Unterschriftensammelplattform WeCollect bereit. Als «Teil einer breiten Allianz» würde sie helfen, das gesetzgeberische Flickwerk bachab zu schicken.

Überhaupt gehört Medienpolitik an die Urne. «No Billag» hat gezeigt: Eine engagierte, bisweilen auch hart und polemisch geführte Debatte kann zu einem vernünftigen Ergebnis führen.

The Bad – SRF hängt Regionen ab

Am Montag verschwinden die regionalen Ressorts aus dem Online-Angebot von SRF Schweizer Radio und Fernsehen. Unter srf.ch/basel oder srf.ch/bern werden keine Meldungen mehr veröffentlicht. Ebenso schliesst SRF die Facebook-Seiten der Regionalredaktionen.

Die Begründung: Zu schwache Nutzung des Angebots. Künftig berichtet SRF auf der Website und in der Nachrichten-App nur noch aus den Regionen, wenn ein Thema in der gesamten Deutschschweiz interessiert. Was bleibt, sind einzig die Regionaljournale am Radio, die auch auf der Audio-Plattform von SRF nachzuhören sind.

Der Entscheid sorgt schon länger für Kopfschütteln, sowohl bei einem Teil der betroffenen Regionalredaktorinnen und -redaktoren als auch beim Publikum. Erst recht irritiert das Vorgehen mit Blick auf die neue Strategie: SRF versteht sich als «Medienunternehmen für alle» und hat sich «Digital first» auf die Fahne geschrieben.

Für die Regionen gilt das offenbar nicht. Dort wird digital abgebaut. Und wie will man für alle da sein, wenn man gleichzeitig attraktive Angebote abschiesst?

The Ugly – «20 Minuten»-Mann dreht im roten Bereich

Die Vorwürfe sind happig. Marcel Kohler, Geschäftsführer von «20 Minuten», fährt schweres Geschütz auf gegen zwei NZZ-Redaktoren. Lucien Scherrer und Reto Stauffacher berichteten am 27. August über den Zustand der Gratispresse in der Schweiz. Dabei erwähnten sie auch Pläne, die gedruckte Ausgabe «20 Minuten» im kommenden Jahr einzustellen.

Kohler kommt im Artikel ausführlich zu Wort und dementiert die Einstellungspläne. Später von «Persönlich» dazu befragt, zieht der Medienmanager gegen die Journalisten vom Leder. Das mit dem Ende der gedruckten Zeitung sei eine Gerücht und entbehre jeder Grundlage. «Sie haben es wider besseren Wissens trotzdem behauptet. Das ist unseriös und geschäftsschädigend, daher werden wir rechtliche Schritte prüfen.» Zudem stünden falsche Zahlen im Artikel.

Trotz der schweren Vorwürfe unterliess es «Persönlich»-Chefredaktor Matthias Ackeret, der mit Kohler sprach, die kritisierten NZZ-Kollegen anzuhören. Wir holen das hier nach. Reto Stauffacher hält fest: «Unsere Quellen sind verlässlich, und die im Artikel genannten Zahlen stimmen.» Auch haben Kohler und die TX Group bis jetzt keine rechtlichen Schritte unternommen, ja nicht einmal eine Gegendarstellung verlangt. «Sämtliche Zitate in unserem Artikel wurden von ihm gegengelesen und sämtliche Zahlen entweder von ihm verifiziert oder in Gegenrede gestellt», erklärt NZZ-Autor Stauffacher.

Dass die gedruckte Zeitung nicht ewig leben wird, weiss auch Marcel Kohler. Angesichts der Unsicherheiten auf dem Werbemarkt ist ein frühzeitiges Ableben seiner Zeitung keine wilde Spekulation. Und ein guter Geschäftsführer hat Pläne für alle Eventualitäten in der Schublade.