The Good, The Bad & The Ugly XVI
Nebelspalter, Echo der Zeit, NZZ
The Good – «Nebelspalter» auf dem Radar
Die Handelszeitung hat herausgefunden, dass Markus Somm den «Nebelspalter» übernehmen will. Dem früheren BaZ-Verleger und rechts-konservativen Publizisten würde die Satirezeitschrift als Startrampe dienen für eine Online-Plattform. Somm selbst sagt nur, dass er nichts sagt. Der aktuelle «Nebelspalter»-Verleger Thomas Engeli bestätigt das Interesse Somms. Aber er widerspricht der Darstellung vom «Nebelspalter» als schwächelnde Publikation, wie sie die Handelszeitung verbreitet hat: Man verzeichne «entgegen dem allgemeinen Trend einen regelmässigen Abonnentenzuwachs».
Ein Grund dafür ist die redaktionelle Kontinuität. Chefredaktor Marco Ratschiller führt die Satirezeitschrift nun schon seit 15 Jahren. Dabei pflegt er einen feinen, unspektakulären Stil, ganz in der 145-jährigen Tradition des «Nebelspalters». «Das Seziermesser ist oft geeigneter als der Vorschlaghammer», findet der ausgebildete Historiker, der selbst auch als Karikaturist in seinem Blatt zeichnet. Und er zieht Grenzen, wo andere eine grenzenlose Freiheit der Satire sehen. «Religiöse Glaubensinhalte und -symbole dürfen nicht zum Selbstzweck lächerlich gemacht oder verunglimpft werden», sagte Ratschiller 2015 der MEDIENWOCHE. Unter einem Verleger Somm wäre Ratschiller wohl kaum mehr Chefredaktor, sondern eher einer vom Schlage, wie ihn Ratschiller 2016 in seiner preisgekrönten Karikatur «Innenleben eines Wutbürgers» gezeichnet hatte.
Das Gute an den Verkaufsgerüchten: Auch andere Verlage werden wieder auf das Traditionsblatt aufmerksam. Und für den aktuellen Verleger käme ein Verkauf sowieso nur in Frage, «wenn dies den ‹Nebelspalter› zusätzlich stärken würde».
The Bad – «Echo der Zeit» – aus zwei mach eins
Im September feierte das «Echo der Zeit» von Radio SRF seinen 75. Geburtstag. Der Tenor der Geburtstagswünsche lautete: Bleib, wie du bist. Wie sich jetzt herausstellt, ein frommer Wunsch. Ab kommendem Jahr verzichtet das Nachrichten-Hintergrundmagazin auf die Live-Moderation der Zweitausstrahlung um 19 Uhr. Auch das Nachrichtenbulletin zu Beginn der Sendung soll in der zweiten «Echo»-Sendung künftig nur noch ab Konserve gesendet werden. Das zeigen Dokumente, die der MEDIENWOCHE vorliegen.
Mit dem Verzicht auf eine Stunde Moderation und eine halbe Stunde Nachrichtenredaktion beim «Echo» lassen sich aber keine Millionen einsparen. Das Dilemma: Ein grösserer Spareffekt liesse sich nur mit dem Verzicht auf ganze Sendungen erzielen. Davor schreckt aber SRF zurück. Doch selbst wenn nun überall ein bisschen abgezwackt wird, kann SRF irgendwann nicht mehr umhin, einen grösseren Schnitt zu machen.
The Ugly – Wenn zwei sich streiten, freut sich die NZZ
Letzten Samstag spielten Operation Libero und FDP in der NZZ Inserate-Ping-Pong für und gegen die Konzernverantwortungsinitiative. Auf einen ganzseitigen offenen Brief der jung-liberalen Stosstruppe folgte zwei Seiten später im gleichen Format die Replik des alten Freisinns. Macht ein Plus von geschätzt 40’000 Franken in der Kasse der Zeitung. Ob das Timing, dass beide Botschaften am selben Tag ins Blatt fanden, ein glücklicher Zufall war (wie es die FDP behauptet) oder ob die NZZ nachgeholfen hat (was die Zeitung verneint)? Egal. Hauptsache, beide Parteien sind zufrieden.
Damit von dieser Form der «Presseförderung» auch andere Medien profitieren, hier das Rezept: Zuerst verärgert die Redaktion mit ihrer Berichterstattung eine Partei nachhaltig. Diese sieht die Buchung eines Inserats als einzige Möglichkeit, den redaktionellen Kurs zu kontern und sich Gehör zu verschaffen. Umso besser, wenn sie dieses Vorhaben öffentlich ankündigt, wie das Operation Libero getan hat. Das mobilisiert die Gegenseite, idealerweise bucht sie ebenfalls ein Inserat als Replik.
Das Beispiel zeigt: Entscheidend ist der redaktionelle Kurs. Ein angekündigtes Inserat im «Blick» schaltete Operation Libero schliesslich nicht. Wohl auch darum, weil der Ärger über dessen Berichterstattung kleiner war als über die der NZZ.