von Miriam Suter

The Good, The Bad & The Ugly XXV

Pascal Hollenstein, Priska Seiler-Graf, Eric Weber

The Good – CH Media entschuldigt sich für Headline

Die Nigerianerin Ngozi Okonjo-Iweala studierte unter anderem in Harvard, arbeitete 21 Jahre lang bei der Weltbank und wird die nächste Chefin der Welthandelsorganisation WTO sein – als erste Frau überhaupt. Grund für feministische Berichterstattung, im Jubiläumsjahr des Schweizer Frauenstimmrechts schreiben sich solche Headlines quasi von selbst.

Leider nein. Denn: Okonjo-Iweala ist auch Grossmutter. Für die CH-Media-Zeitungen war dieser biologische Fakt offenbar interessanter als ihre beruflichen Leistungen. Am vergangenen Mittwoch titelten sie darum: «Diese Grossmutter wird neue Chefin der Welthandelsorganisation». Das Social-Media-Publikum war mehr als irritiert und bereits am Mittwochnachmittag reagierte Pascal Hollenstein, Leiter Publizistik bei CH Media, und entschuldigte sich für die Titelzeile.

Gegenüber der MEDIENWOCHE führt Hollenstein aus, dass die Headline schon am Publikationstag in der Blattkritik als unpassend erkannt worden sei – dass man aber nicht in jedem Fall interne Debatten und Erkenntnisse nach aussen trage: «Wir haben, aufgrund der Diskussionen, die insbesondere in den Sozialen Medien einsetzten, den Eindruck gewonnen, dass dies im konkreten Fall anders zu handhaben ist und haben dann zeitnah reagiert». Der Titel wurde im Onlineartikel angepasst. Grundsätzlich pflege man bei CH Media eine offene Fehlerkultur. Nicht alles, was vom Publikum moniert werde, sei aber nach professionellen Standards ein Fehler und erfordere eine Reaktion: «In diesem Fall war dies anders».

The Bad – SP gestaltet eigenes Inserat

Am Donnerstag machte ein Werbepanne die Runde: «Wenn man die eigene Werbeagentur verklagen muss», twitterte Peer Teuwsen, Kulturchef NZZ am Sonntag. Dazu postete er das Foto eines Inserats von SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf. «Löst keine Probleme» steht dort prominent unter ihrem Porträt. Der dazugehörige Satzteil «Nationalitäten in Polizeimeldungen», in kleiner Schrift, oberhalb des Porträts, wird überlesen.

Hinter dem Inserat steht gar keine Werbeagentur, sondern ihre eigene Partei. «Ganz ehrlich, ich musste auch ein bisschen schmunzeln, als ich den Tweet gesehen habe», gesteht Seiler Graf gegenüber der MEDIENWOCHE. «Das ist natürlich unser Fehler, da haben wir den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen».

Sie bewahre das Inserat als lustige Erinnerung auf, falls man intern einmal ein gestalterisches Negativbeispiel brauche. Seiler Graf sieht die Sache selbstironisch: «Es ist ja bald Fasnacht, mit dem Inserat gibts jetzt ein Sujet mehr, das man für Scherze verwenden kann.»

The Ugly – Eric Weber from hell

Einmal mehr berichteten «Blick», «20 Minuten» und «Nau» darüber, wie der rechtsextreme Basler Grossrat Eric Weber vor der Kamera randalierte – diesmal gegen Nationalrätin Sibel Arslan. Weber rastete vor ihrer Wohnung aus, schimpfte übelst sexistisch über die Politikerin und drückte seinen nackten Hintern an ihren Briefkasten.

Warum ist Webers obszönes Handyvideo eine Berichterstattung wert? Seine Auftritte sind wirr. Zuletzt im Dezember wollte der Nazi rechtliche Schritte unternehmen, um sich einen Aufenthalt in einer «Irrenanstalt» zu erstreiten. Die berichtenden Medien verhelfen einem verwirrten Hetzer zu Verbreitung für seine rassistischen und sexistischen Mobbingaktionen.

«Blick» zeigte die Aufnahmen anfänglich in voller Länge und mit der Tonspur. Nach der Anfrage der MEDIENWOCHE wurde das Video entfernt. Eine Berichterstattung hält Ringier aber grundsätzlich für gerechtfertigt: «Dass ein derart inakzeptables Verhalten eines gewählten Volksvertreters zum Thema wird, ist klar, zumal das Video auf Social Media kursiert.» Für die Berichterstattung müsse man es aber nicht zeigen, so Ringier. Auch Nau.ch, wo die Ausfälligkeiten Webers in Bild und Ton zu sehen waren, zeigt das Video inzwischen nicht mehr.

«20 Minuten»-Chefredaktor Gaudenz Looser weist darauf hin, dass sie zwar die Videoaufnahmen gezeigt, aber die Tonspur bewusst weggelassen hätten*, weil sie «menschenverachtende Botschaften» enthalte. Die Veröffentlichung begründet Looser damit, dass «das Video durch die grosse Aufmerksamkeit auf Social Media bereits ein Ereignis war.» Es sei relevant, wenn ein gewählter Volksvertreter derart ausfällig wird. Man erfülle den journalistischen Auftrag nicht, wenn man «die sehr realen Ereignisse und die Resonanz in den sozialen Medien einfach stumm hinnehmen» und so tun würde, «als sei in Basel alles in Ordnung». Auf Wunsch von Sibel Arslan habe «20 Minuten» das Video jedoch komplett entfernt und durch Screenshots ersetzt.

*Update: In der ursprünglichen Fassung fehlte der Hinweis, dass «20 Minuten» die Tonspur des Videos nie öffentlich gemacht hat.