von Nick Lüthi

SRF 4 News: Vom Nonstop-Nachrichtensender zum Podcast-Abspielkanal

Das Inforadio SRF 4 News versteht sich neu als «kuratierter Stream». Das heisst: mehr Podcasts im Programm und weniger Menschen am Mikrofon. Damit folgt der Sender der strategischen Vorgabe «digital first, broadcast second». Aber Radio gibt weiterhin den Ton an.

Auf SRF 4 News wird weiterhin viel gesprochen. Aber immer seltener steht jemand hinter dem Mikrofon, wenn wir uns ins Programm einschalten. Mittags um halb eins ist fertig mit Live-Moderation. Erst am nächsten Morgen um sechs übernimmt wieder eine Moderatorin oder ein Moderator im Studio. Das ist eine Sparmassnahme.

Intern rechnet man damit, dass spätestens, wenn SRF 4 News vom Radiostudio Bern nach Zürich zieht, höchstens noch zwischen sechs und zehn Uhr morgens jemand durchs Programm führen wird. Für den Rest der Zeit gibt es Content aus der Konserve, ausser natürlich bei den Nachrichten.

13 Jahre nach der Gründung als DRS 4 News wird aus dem mehrheitlich moderierten Nachrichtensender ein Abspielkanal für Podcasts und andere vorproduzierte Audioformate.

Mit der Neupositionierung von SRF 4 News als «kuratierter Stream» reagiert SRF auf das veränderte Medienkonsumverhalten.

Die vielfältigen Möglichkeiten zur zeitsouveränen Audio-Nutzung setzten in den letzten Jahren allen linearen Radioprogrammen zu. Wobei SRF 4 News schon immer ein Nischenangebot war im Vergleich mit den Massenprogrammen von SRF 1 und 3. Die Publikumszahlen hielten sich seit der Gründung 2007 stabil auf tiefem Niveau. In den besten Jahren erreichte der Sender über 300’000 Zuhörerinnen und Zuhörer pro Tag. Heute sind es noch um die 150’000 gemäss den Messungen von Mediapulse. Damit liegt SRF 4 knapp hinter dem Kulturprogramm von SRF 2, aber noch deutlich vor dem Jugendsender Virus.

In den Anfängen erreichte das neue Programm kein grösseres Publikum, weil es nur via DAB-Digitalradio ausgestrahlt wurde und nicht über UKW. Später konnte der Sender nicht mehr weiter zulegen, weil Online-Medien das Bedürfnis nach schnellen und aktuellen News besser befriedigten als ein Radioprogramm.

Inzwischen hat SRF die Weichen gestellt. Neu gilt: Digital first, broadcast second.

Klassisches Radio spielt nur noch die zweite Geige. Am deutlichsten und für das Publikum wahrnehmbar manifestiert sich dieser Wandel bei der Moderation.

Was das Radio einst im Kern ausmachte, ein Mensch am Mikrofon, der durchs Programm führt, das Publikum direkt anspricht, gilt heute vor allem als Kostenfaktor. Diese Ressourcen setzt SRF nun lieber ein für die Produktion von digitalem Audio-Content, der sich auf beliebigen Plattformen ausspielen lässt. Kostengünstig lässt sich das umsetzen, wenn bereits bestehende Elemente ausgewählt und neu zusammengefügt werden – kuratiert, eben.

Exemplarisch für dieses Vorgehen steht der Podcast «Mein Tag», der seit 1. März 2021 im Programm von SRF 4 News steht. Dabei werden Beiträge aus den verschiedensten Sendungen neu zu einem halbstündigen Podcast zusammengefügt, um dem Publikum am Vorabend «eine kompakte Zusammenfassung aller aktuellen und relevanten Themen des Tages» zu bieten. Als wichtige Quellen für den neuen Podcast dienen Radiosendungen wie das «Echo der Zeit» oder die «Regionaljournale».

Was auch heisst: Das klassische Radio mag zwar strategisch nur noch zweite Priorität geniessen bei SRF. Aber es spielt weiterhin eine zentrale Rolle für die Umsetzung von digital first. Denn erst dank der hochwertigen Inhalte aus den Radiosendungen lassen sich neue Audio-Formate kuratieren für die Kanäle und Plattformen der Online-Welt.