Medienförderung vors Volk? Referendumsdrohung aus verschiedenen Ecken
Bei der umstrittenen Medienförderung, die derzeit die eidgenössischen Räte beraten, wird wahrscheinlich das Volk das letzte Wort haben. Aus unterschiedlichen Ecken kündigt sich ein Referendum gegen das Gesetzespaket an. Ein allfälliger Entscheid an der Urne wäre kein einfacher.
Auch wenn am Ende ein Kompromiss vorliegen wird, kann der nicht alle befriedigen. Das Bundesgesetz über ein Massnahmenpaket zugunsten der Medien, das derzeit das Parlament in Bern berät, bietet vielfältigen Anlass zur Kritik: Zu viel Geld für gedruckte Zeitungen, zu wenig Geld für Privatradios, unhaltbare Einschränkung der SRG.
Zwar kann sich bis zur Schlussabstimmung noch einiges ändern, aber unabhängig davon gilt es als sehr wahrscheinlich, dass über die Medienförderung am Ende nicht die Politik im Bundeshaus, sondern die Stimmberechtigten an der Urne entschieden werden.
Bereits im letzten Herbst brachte die Stiftung für Demokratie als erste ein Referendum gegen das Gesetzespaket ins Spiel (die MEDIENWOCHE berichtete). Für den Fall, dass die Förderung von Online-Medien ausgeklammert werden sollte, drohte die Organisation mit dem Referendum. Zwar haben die Räte darauf verzichtet, die Online-Förderung aus der Vorlage auszukoppeln, aber die Stiftung für Demokratie sah einen weiteren demokratiepolitisch heiklen Punkt in der Vorlage. Hätten die Räte einer weiteren Einschränkung der SRG bei ihrer Online-Berichterstattung zugestimmt, wäre das ein möglicher Anlass für ein Referendum gewesen. Das ist jetzt aber nicht der Fall, nachdem der Nationalrat schliesslich auf die Linie des Ständerats eingeschwenkt ist.
Andere stören sich nicht nur an einzelnen Punkten der Vorlage, sondern grundsätzlich daran, dass Medien subventioniert werden.
«Medien, die an den Staatstropf angeschlossen werden, beobachten den Staat und seine Führungsfiguren nicht länger kritisch», zitiert die «Republik» den Co-Präsidenten der «Freunde der Verfassung». Der Verein erwäge darum das Referendum gegen das Medienförderungsgesetz zu ergreifen. Bei den beiden erfolgreich zustande gekommenen Referenden gegen das Covid-Gesetz und gegen das Anti-Terror-Gesetz hat die junge Organisation bewiesen, dass sie die erforderlichen 50’000 Unterschriften locker im Alleingang zusammenbringt.
Auch in der Medienbranche selbst gibt es offenbar Kreise, die mit einem Referendum liebäugeln. Noch halten sich diese Akteure bedeckt und warten wohl noch das Endergebnis der parlamentarischen Beratung ab, bis sie die Karten auf den Tisch legen. Eine Anfrage der MEDIENWOCHE an den Verband Schweizer Online-Medien VSOM blieb unbeantwortet. Der Verband, in dem sich eine Reihe politisch eher rechts stehender News-Plattformen organisiert hat, hielt es schon vor einem Jahr für «grotesk», dass der Bund schwergewichtig die aussterbenden Zeitungen und nur abonnierte Online-Medien fördern will. Das wäre Grund genug, das Referendum zu ergreifen. Der Verband Schweizer Regionalmedien VSRM, in dem sich rund 30 Gratiszeitungen aus der ganzen Schweiz organisiert haben, ist unzufrieden mit dem Gesetz und will darum für die Gleichbehandlung und die finanzielle Gleichstellung ihrer Medien kämpfen. Die Frage, ob der VSRM allenfalls das Referendum ergreifen oder mittragen würde, liess Verbandspräsident Daniel Sigel auf Anfrage der MEDIENWOCHE unbeantwortet.
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Sollte die Medienförderung dank eines Referendums zur Abstimmung gelangen, stünden die Stimmberechtigten vor einer schwierigen Ausgangslage. Sowohl mit einer Zustimmung zum Gesetz als auch mit der Ablehnung kann man kein klares medienpolitisches Signal aussenden.
Wer die grosszügige Unterstützung der Grossverlage für die Zustellung ihrer gedruckten Zeitungen unzeitgemäss findet und das Gesetz darum ablehnen möchte, würde gleichzeitig die Förderung von Online-Medien versenken.
Nur jene Minderheit, die einen Ausbau der Medienförderung grundsätzlich ablehnt, könnte ihrem Ansinnen ohne Abstriche Ausdruck verleihen.
Alle anderen stünden vor der unbefriedigenden Situation, trotz Mitsprachemöglichkeit ihre Position nicht angemessen vermitteln zu können. Das ist eine Konsequenz des Monsterpakets zur Medienförderung, das man nur als ganzes annehmen oder ablehnen kann. Im weiteren gesetzgeberischen Prozess sollte die Politik darum wieder auf kleineren Baustellen arbeiten.
Update: Der Artikel wurde am 11. Juni aktualisiert mit neuen Angaben zur Stiftung für Demokratie und zum Verband der Schweizer Online-Medien.