von Nick Lüthi

«Digital News Report»: Online-Plus, Print-Knick, Förder-Patt

Die gute Nachricht: Die Zahlungsbereitschaft für Online-Nachrichten steigt in der Schweiz von Jahr zu Jahr. Die schlechte Nachricht: Die überwiegende Mehrheit nimmt weiterhin kein Geld in die Hand für News im Netz. Bei den gedruckten Zeitungen zeigt sich dagegen ein klarer Corona-Knick. So lauten die Befunde des «Digital News Report» der Universität Oxford zur Situation in der Schweiz.

Es ist ein Gebot des Überlebens. Wenn Werbung wegbricht und Medien weiterbestehen wollen, bleibt ihnen nur das zahlende Publikum. So konnte man in den letzten Jahren beobachten, wie ein Portal nach dem andere die Pforten geschlossen hat. Insbesondere die politischen Tageszeitungen setzen mit ihren Newsplattformen im Netz auf die Zahlungsbereitschaft der Leserinnen und Leser.

Wie der eben veröffentlichte «Digital News Report» des Reuters Institutes an der Universität Oxford zeigt, finden Schweizer Medien zunehmend ein zahlendes Publikum:

Innert eines Jahres nahm der Anteil der Befragten, die für Online-News bezahlen, um vier Prozentpunkte auf 17 % zu.

2016 lag der Wert noch bei 10 %. Die repräsentative Stichprobe der Umfrage zählte 2000 Personen aus der ganzen Schweiz.

Die Schweiz liegt im Mittelfeld verglichen mit anderen Ländern – zwar deutlich hinter den nordischen Ländern, wo sich eine ausgesprochene Bezahlkultur etablieren konnte (in Norwegen zahlen 45% für Online-News, in Schweden 30%), aber deutlich vor den Nachbarländern Deutschland und Frankreich, wo nur 11 %, respektive 9 % der Befragten angegeben haben, im letzten Jahre für Online-News je mal Geld in die Hand genommen zu haben. Dazu zählen Abos, Spenden oder auch nur der Kauf eines einzelnen Artikels.

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Ob die Zahlungsbereitschaft bei 17 % oder 9 % liegt: In beiden Fällen ist die grosse Mehrheit weiterhin nicht bereit, für Online-News zu bezahlen. Die Autor:innen des «Digital News Reports» finden das problematisch: «Da immer mehr hochwertige Inhalte hinter Paywalls verschwinden, gibt es dringende Bedenken, was mit denjenigen passiert, die nur ein begrenztes Interesse haben oder es sich nicht leisten können.» Die können immerhin auf Gratiszeitungen zugreifen. Wobei sie das auch je länger je weniger tun.

Wenig überraschend, aber trotzdem eindrücklich, zeigt der «Digital News Report» den Niedergang der gedruckten Presse.

Das Coronavirus sei «ein weiterer Sargnagel für Print». Grafisch dargestellt sieht man einen deutlichen Corona-Knick. Während vor einem Jahr noch die Hälfte der Befragten angegeben hatte, in der Woche vor der Umfrage Nachrichten in einer Zeitung oder Zeitschrift gelesen zu haben, lag dieser Wert Anfang 2021 noch bei 37 %. Vor fünf Jahren waren es noch satte 63 %, die sich mit Papiermedien informierten. Dieser Niedergang findet in der Schweiz aber auch vergleichsweise hohem Niveau statt. In den meisten vom Reuters Institute untersuchten Ländern liegen die Werte wesentlich tiefer. Nur im Nachbarland Österreich informiert man sich sich noch öfter mit Print. Neben dem schon länger anhaltenden Bedeutungsverlust kam bei der gedruckten Presse im letzten Jahre wegen Corona noch dazu, dass den Pendlerzeitungen das Publikum fehlte und aus Furcht vor Ansteckung die Kioske weniger Gedrucktes verkauften.

Alles in allem ergibt das bekannte Bild:

Dem Aufwärtstrend auf tiefem Niveau bei der Zahlungsbereitschaft für Online-News steht der starke Print-Einbruch gegenüber.

Hält diese Entwicklung an (wovon auszugehen ist), wird es in nächster Zeit sicher nicht einfacher werden, Nachrichtenmedien nachhaltig zu finanzieren. Für eine gewisse Entlastung sorgen kann eine Unterstützung mit öffentlichen Mitteln, wie sie das Parlament in Schweiz kürzlich beschlossen hat. Gemäss der Umfrage des «Digital News Report» halten sich Akzeptanz und Ablehnung staatlicher Medienförderung in der Schweiz die Waage; je 37% sind dafür und dagegen. Das heisst aber auch, dass mehr als ein Viertel der Befragten nicht weiss, was sie davon halten sollen. Diese Zahlen liefern einen ersten Fingerzeig, dass die zu erwartende Referendumsabstimmung über das kürzlich beschlossene Medienförderungspaket knapp ausgehen wird.