von Nick Lüthi

The Good, The Bad & The Ugly LXXVIII

Redaktion Tamedia, Radio SRF, blick.ch

The Good – Perle am Rande des Nachrichtenstroms

Bei aller Tragik der Ereignisse bieten nachrichtenintensive Zeiten den Medien die Möglichkeit zur Profilierung. Das Interesse an ihrer Berichterstattung ist hoch – wie während der Corona-Krise nun auch zum Ukraine-Krieg. An den Rändern des breiten Nachrichtenstroms finden sich mitunter Perlen. bei der Tamedia-Redaktion in Form eines Ukraine-Blogs.

Jeden Tag veröffentlichen die drei Redaktoren Hannes von Wyl, Philippe Stalder und Bernhard Odehnal (Bild) einen Beitrag aus dem Feld von «Fotos, Fakes und Fragen». In der Regel greifen sie eine Meldung auf, die für (kontroverse) Schlagzeilen gesorgt hat. Zum Beispiel: Was taugt ein vom russischen Verteidigungsministerium vorgebrachter «Beweis» für eine angebliche Inszenierung des Massakers von Bucha? Bewegt sich eine vermeintliche Leiche tatsächlich, wie die russische Seite behauptet? Im Ukraine-Blog erfährt man – sauber hergeleitet und reichlich mit Quellen belegt – dass die vermeintliche Körperbewegung von einem Regentropfen auf der Windschutzscheibe herrührt, durch die der Tote gefilmt wurde. Oder: War das nur ein PR-Coup, als Elon Musk versprochen hatte, die Ukraine mit seinem Satelliten-Internet zu versorgen? Keineswegs. «Starlink» läuft und leistet neben der zivilen Nutzung auch dem Militär wertvolle Dienste, erfahren wir im Ukraine-Blog.

Die Tamedia-Redaktion liefert hier in kompakter Form Hintergründe und Einordnung, die man sich sonst in aufwändiger Handarbeit aus unzähligen Quellen selbst zusammenklauben müsste.

The Bad – Live aus dem Aquarium

«Wenn die Zukunft vom Radio das Fernsehen ist, dann ist das Radio tot.» Das sagte vor sieben Jahren der Basler Radiovordenker Dominik Born («Sonum»). Nun macht sich Schweizer Radio SRF daran, seine neuen Studios flächendeckend mit Fernsehkameras auszurüsten. Überall, wo gesendet wird, kann auch gefilmt werden. «Visual Radio» heisst das. Damit wolle man lediglich optimieren, teilen die Verantwortlichen auf Anfrage mit, was schon seit zehn Jahren möglich sei, nämlich via Webcam ins Studio zu schauen. Das sei beim Publikum sehr beliebt. Nur: Beim Radio arbeiten auch Leute, weil sie dort gerade nicht gefilmt werden – sonst könnten sie gleich zum Fernsehen gehen.

«Natürlich bedeuten die Kameras im Studio eine Umstellung für die Moderatorinnen und Moderatoren», gesteht Philippe Koller, Projektleiter Visual Radio in einem Newsletter für die SRF-Angestellten. «Allfällige Bedenken nehmen wir selbstverständlich ernst und besprechen diese mit den Mitarbeitenden», verspricht Robert Ruckstuhl, Leiter Kanäle Radio SRF gegenüber der MEDIENWOCHE.

Ob das Radio besser wird, wenn man es auch sehen kann, darf bezweifelt werden. Denn seine Stärke liegt ja gerade darin, dass es ohne Bild auskommt.

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The Ugly – Starke Aussagen, schwacher Kontext

Ein Zitat als Titel eines Artikels macht sich gut, direkte Rede wirkt authentisch; der Protagonist oder die Protagonistin spricht ungefiltert für sich selbst. Das wird aber dann zu einem Problem, wenn das Zitierte nicht der Wahrheit entspricht oder unangemessen ist. Wenn zum Beispiel Russlands Uno-Botschafter zu den Tötungen in Bucha sagt: «Es gibt keine Zweifel an einer Inszenierung» und das dann gross als Titel auf «blick.ch» steht. Oder wenn – auch als Titel auf «blick.ch» – der Bürgermeister von Mariupol zitiert wird mit: «Das ist das neue Auschwitz». Dass solche Aussagen dokumentiert gehören, steht ausser Frage. In einen Text eingebettet können sie ergänzt und richtiggestellt werden. Doch als Schlagzeile erhalten falsche oder zweifelhafte Aussagen ein zu grosses Gewicht. Viele Lesende sehe online und auf Social Media nur den Titel – und nehmen den möglicherweise für bare Münze.