von Nick Lüthi

The Good, The Bad & The Ugly XCVIII

Abstimmungsinserate, Medienforschung, Sparmassnahmen

The Good – Eine Art Presseförderung

Seit zwanzig Jahren geht es bergab mit der Werbung in gedruckten Zeitungen. Inzwischen liest sich sogar ein einstiger Inserate-Krösus wie «20 Minuten» weitgehend werbefrei.

Nur: Die Situation könnte noch schlimmer sein, wäre da nicht die direkte Demokratie. Die Pro- und Contra-Kampagnen zu Eidgenössischen Abstimmungen erzeugten seit dem Jahr 2000 einen Brutto-Werbedruck von rund 400 Millionen Franken, verteilt auf alle Mediengattungen. Diesen Betrag hat die Firma Media Focus kürzlich errechnet. Sie betont aber, dass der Betrag dem Gegenwert gemäss den offiziellen Medientarifen und nicht den tatsächlichen Ausgaben beziehungsweise Einnahmen entspricht.

Im Fall der gedruckten Presse zeigt sich ein erfreuliches Bild bei der Anzeigenentwicklung. «Die eidgenössischen Abstimmungen bleiben stabil, während der Gesamtwerbemarkt sinkt», erklärt Tina Fixle, Chefanalytikerin von Media Focus. Was auch heisst, dass Parteien und Komitees die Zeitungen weiterhin als geeignetes Umfeld für ihre Botschaften anschauen.

Bloss: Auch wenn Abstimmungspropaganda als eine Art Presseförderung wirkt, retten wird sie die Zeitungen auch nicht. «Wir reden hier im Verhältnis zum Gesamtmarkt nicht von grossen Summen», relativiert Werbeforscherin Fixle. Aber wenig ist immer noch mehr als nichts.

The Bad – Mangelndes Engagement für die Forschung

Was machen wir eigentlich und warum? Die Frage nach dem Selbstverständnis der Kommunikationswissenschaft beschäftigt das Fach schon länger. Schliesslich stellt die Digitalisierung nicht nur die Medien selbst vor neue Fragen, sondern auch jene, die sie professionell beobachten.

Darum entschlossen sich die beiden Forschenden Franziska Oehmer-Pedrazzi (Fachhochschule Graubünden) und Tobias Rohrbach (Universität Freiburg) vor sechs Jahren zu einer Bestandesaufnahme. Mit einer Analyse möglichst vieler studentischer Abschlussarbeiten an Schweizer Universitäten und Fachhochschulen wollten sie die Debatte zum Selbstverständnis der Kommunikationswissenschaft mit empirischen Daten anreichern.

Allerdings gab es da ein Problem. Ausgerechnet das renommierte Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung IKMZ der Uni Zürich lehnte die Teilnahme an der Analyse ab. Die Abschlussarbeiten, die Studierende am IKMZ (und beim Vorgänger IPMZ) verfasst hatten, konnten nicht für die Arbeit berücksichtigt werden, wie im kürzlich publizierten Beitrag steht. Das wirkt sich natürlich negativ auf die Qualität der Studie aus: «Der Datensatz ist dadurch insgesamt weniger repräsentativ», schreiben Oehmer-Pedrazzi und Rohrbach.

Auf Anfrage erklärt IKMZ-Institutsdirektor Mike Schäfer, der Rechtsdienst der Fakultät sei damals zur Einschätzung gelangt, dass das Institut die Abschlussarbeiten ohne Zustimmung der Autor:innen nicht weitergeben dürfe. Nur: Alle anderen Institute von Neuenburg über Bern bis Lugano sahen kein Problem darin, dass ihre Arbeiten auch ohne Zustimmung beforscht wurden. Warum sich das IKMZ damals nicht stärker für die Forschung eingesetzt und den Entscheid des Rechtsdiensts mit Verweis auf das Vorgehen der anderen Universitäten hinterfragt hatte, bleibt sein Geheimnis.

The Ugly – Tamedia spart, Folge 378

Wieder mal unerfreuliche Nachrichten aus dem Hause TX Group/Tamedia. Obwohl die gedruckten Zeitungen im Geschäftsjahr 2021 schwarze Zahlen geschrieben hatten und die Verlegerfamilie um Pietro Supino 50 Millionen Franken Dividenden kassierte, bleibt der Spardruck auf Titel wie «Tages-Anzeiger» und «Berner Zeitung» konstant hoch.

Am vergangenen Dienstag meldete die «Republik», dass es nun die überregionale Redaktion, also das Mantelressort der Tamedia-Titel, treffe. Von einem knappen Dutzend Entlassungen sowie der Nichtbesetzung offener Stellen ist die Rede. Federn lassen muss auch die Produktionsabteilung, die allen Zeitungen zudient.

Der Abbauschritt erfolgt nicht überraschend. Er trägt zu den 70 Millionen Franken bei, die Tamedia im August 2020 als Sparziel ausgegeben hatte. «Durch vorausschauendes Management konnte Tamedia in den vergangenen Monaten auf Kündigungsmassnahmen verzichten. Leider ist das aufgrund der gesamtwirtschaftlich angespannten Lage nicht mehr ausreichend», teilt Tamedia auf Anfrage mit.

Besonders gross ist der Ärger in Bern. Hier ging man davon aus, mit der Zusammenlegung der Redaktionen von «Berner Zeitung» und «Bund» vor einem Jahr einen ausreichenden Beitrag zum 70-Millionen-Paket geleistet zu haben und dafür eine Weile verschont zu bleiben von weiteren Sparschritten. Das versicherten die Verantwortlichen im letzten Frühjahr dem Personal. Doch nun geht es trotzdem weiter. «Am Standort Bern ist eine Frühpensionierung im Gespräch», heisst es von Seiten Tamedia. Aber nicht nur das. Auch die Neubesetzung einer Praktikumsstelle ist fraglich, ebenso wie eine Reihe schon länger vakanter Stellen. Als mögliches Sparobjekt gehandelt würden zudem die Löhne der festen freien Mitarbeitenden, heisst es aus der Redaktion BZ/«Bund». Tamedia sagt dazu nichts.