AUF DEM RADAR

Täglich lesen, was die Medien bewegt.
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Von Montag bis Freitag vier aktuelle Lektüretipps aus schweizerischen und internationalen Publikationen zum Medienwandel. Ausgewählt und kommentiert von Nick Lüthiredaktion@medienwoche.ch Jetzt auch als Newsletter abonnieren.

Der polarisierende Kandidat

Marcello Foa, der Generaldirektor der Corriere del Ticino-Gruppe, soll Präsident der italienischen RAI werden. Seine Person ist aber nicht unumstritten. Wie kommt es, fragt Alexander Grass in einem Porträt in der «Zeit», dass ein Tessiner Medienmanager das politische Italien über Wochen in Aufregung versetzt? Foa bringt zwar das professionelle Rüstzeug mit für den Spitzenposten beim italienischen Rundfunk. Er war Journalist, Medienmanager und Dozent an der Uni Lugano. Aber als Autor polarisiert er. So schreibt Foa bei der Berlusconi-Zeitung Il Giornale seit Jahren schon einen Blog, wo er in neurechter Manier gegen den Mainstream anschreibt und dabei mitunter auf zweifelhafte Quellen zurückgreift; etwa Infowars, die Lügenschleuder von Alex Jones, die jüngst von allen grossen Social-Media-Plattformen verbannt wurde. Foa weiss dazu nur zu sagen: «Infowars übertreibt, auch Breitbart. Sie bringen aber Themen auf, die anderswo verschwiegen werden.» Dass ihm das RAI-Präsidium bisher verwehrt blieb, hat aber mehr damit zu tun, dass er von Lega-Chef Salvini portiert wird und die politischen Gegner ihm deshalb ihre Stimme verweigerten.

Ein aktiver Beirat

Der frühere Basler Stadtentwickler Thomas Kessler ist Mitglied im Beirat der Zeitung «bz Basel» (AZ Medien). Wie Renato Beck in der Tageswoche schreibt, übe Kessler sein Mandat sehr aktiv aus. Etwa, indem er der Redaktion regelmässig Einschätzungen, Anregungen und Storyideen schickte. «Man stelle sich die Aufregung vor, hätte Christoph Blocher dies bei der «Basler Zeitung» so gehandhabt», gibt Beck völlig zu recht zu bedenken. Problematisch ist Kesslers Rolle auch dann, wenn die «bz Basel» über ihn berichtet, ohne seine Rolle als Beirat zu erwähnen, was immer wieder vorkomme.

Der langen Rede kurzer Sinn

Was einen zur «Republik» als Erstes einfällt? Lange Texte. Meist schwingt dabei Kritik mit. So lang, dass man sie gar nicht erst zu lesen beginnt. Dieses Dilemma ist der Redaktion bekannt, ein Gefäss für die Kurzform wäre auch seit dem Start bereitgestanden, aber niemand hat es genutzt. Jetzt wurde das Konzept überarbeitet und Constantin Seibt erklärt gewohnt wortreich (und alles andere als kurz), wie es dazu kam, dass nun wöchentlich mindestens drei «Ameisen», so der Jargon für das Kurzformat, publiziert würden.

Papier kann mehr

Das Zeitungsbild ist auch ein Webvideo: die «Bild»-Zeitung in Deutschland publiziert fortan Bilder, die via Smartphone-App gescannt auf ein dazugehöriges Video verweisen. Realisiert wird das mit den Bundesliga-Spielen, wo man bei der Zeitungslektüre exklusiv über diese Plattform verfügbare Spielsequenzen anschauen kann. «Damit machen wir die gedruckte Zeitung wertvoller und belohnen den, der die gedruckte Zeitung gekauft hat», sagt Matthias Brügelmann, der innerhalb der «Bild»-Gruppe für Sport zuständige Chefredaktor.

Weitere Beiträge dieser Woche

Harsche Kritik an der Premiere von Prime News

Daniel Ryser, Top-Transfer von der WOZ her, gibt seinen Einstand bei der «Republik» mit einer Justiz- und Medienkritik; es geht um eine Demonstration im Sommer 2016 in Basel, in deren Verlauf Teilnehmende massive Sachbeschädigungen begingen. Das vor einer Woche lancierte Basler Online-Magazin «Prime News» macht daraus eine Skandalstory, indem es eine ehemalige Juso-Politikerin in den Kreis der Gewalttäter rückt. Ryser: «Hätte der Journalist sich mehr auf seine Arbeit denn auf seine Empörung konzentriert, wäre ihm dabei nicht die journalistische Grundregel abhandengekommen, auch die Gegenseite anzuhören, namentlich die im Artikel erwähnte, aber nicht befragte Anwältin Manuela Schiller.» Diese hätte sagen können, dass besagte Ex-Juso-Frau gar nicht in Basel war während der unerfreulichen Vorkommnisse und sie nur aufgrund schlampiger Polizei- und Justiz-Arbeit zu den Angeklagten zählt.

Was macht eigentlich Walter de Gregorio?

Als Kommunikationsdirektor der Fifa stand der frühere Journalist Walter de Gregorio in der heissen Phasen der polizeilichen Ermittlungen gegen den Fussballverband im Rampenlicht der Weltmedien. Doch dann schmiss er den Bettel hin und war vom einen Tag auf den anderen aus der Öffentlichkeit verschwunden. Was macht de Gregorio heute, drei Jahre nach seinen Rücktritt? «Aus dem Fifa-Direktor ist ein Berater, Einflüsterer und Strippenzieher geworden», schreibt Sportjournalist Thomas Renggli, der gemeinsam mit de Gregorio bei der Fifa gearbeitet hatte. Und de Gregorio geniesst vor allem das geschenkte Leben, nachdem er im Frühling einen, oft tödlich verlaufenden, Aorta-Riss überlebte. Beruflich bewegt er sich weiterhin in der Sportwelt. Unter anderem unterstützte er als Krisenmanager Cristiano Ronaldo (33) in dessen Steueraffäre sowie Bernhard Burgener (61), den Präsidenten des FC Basel, im Rechtsstreit mit dessen früheren Geschäftspartner Dieter Hahn (57), schreibt Renggli in der Coop Zeitung.

Projekte und Ideen gegen die Netflix-Dominanz

Streamingdienste wie Netflix oder Amazon Prime haben die Art und Weise, wie wir Filme und Serien schauen, radikal verändert. Von diesem neuen Nutzungsverhalten möchten auch herkömmliche TV-Sender profitieren. Darum versuchen sie, vergleichbare Angebote auf den Markt zu bringen wie die erfolgreichen Plattformen aus den USA. «Die ganze Branche, so scheint es, schmiedet Pläne, um den US-Konzernen Konkurrenz zu machen – oder machen sie am Ende vor allem einander Konkurrenz? Wer arbeitet eigentlich an was?», fragt Karoline Meta Beisel in der Süddeutschen Zeitung und bietet einen Überblick der aktuellen Projekte und Ideen.

Polizei greift bei Youtube-Fehde ein

Der Youtuber Rainer Winkler, der sich im Netz «Drachenlord» nennt und ansonsten nicht durch irgendein besonderes Talent auffällt, gelangte dennoch zu einiger Online-Berühmtheit, weil er mit seinem Austeilen in alle Richtungen eine regelrechte Hass-Gemeinde schuf. Seit Winkler zudem seine Wohnadresse veröffentlichte, ziehen regelmässig Drachenlord-Hasser zu seinem Domizil, um ihn vor Ort in einem Dorf im nördlichen Bayern und nicht nur im Netz zu schmähen. Weil die Situation zu eskalieren drohte – so gab es auch schon Stimmen in der Vergangenheit, die zum Mord am Drachenlord aufriefen – entschied sich die Polizei gestern einzugreifen. Sie kesselte eine Versammlung der Hass-Gemeinde ein und verhaftete einzelne Teilnehmer.