AUF DEM RADAR

Täglich lesen, was die Medien bewegt.
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Von Montag bis Freitag vier aktuelle Lektüretipps aus schweizerischen und internationalen Publikationen zum Medienwandel. Ausgewählt und kommentiert von Nick Lüthiredaktion@medienwoche.ch Jetzt auch als Newsletter abonnieren.

«Räumliche Trennung zwischen Radio und TV gewährleistet Meinungsvielfalt»

In absehbarer Zeit wird der SRG-Verwaltungsrat darüber entscheiden, ob die Radioinformation in Bern bleibt oder, wie von der Unternehmensleitung favorisiert, nach Zürich zum Fernsehen zieht. Nach allem, was bisher durchgesickert ist, sieht es danach aus, als sei der Umzug so gut wie beschlossene Sache. Das zu verhindern, versucht eine breite Koalition von Parteien und Betroffenen. In der NZZ meldet sich nun Peter Bertschi zu Wort, der 16 Jahre lang als stellvertretender Chefredaktor von Radio SRF im Studio Bern gearbeitet hatte. Bertschi warnt eindringlich vor den gravierenden Konsequenzen einer Zusammenführung von Radio und Fernsehen an ein und demselben Ort: «Die Erfahrung zeigt, dass eine räumliche Trennung zwischen Radio und Fernsehen SRF diese Meinungsvielfalt gewährleistet. Nur so bleibt eine unterschiedliche Radio- und Fernsehkultur SRF bestehen – verbunden mit einem durchaus sinnvollen inneren Wettstreit.»

17 Interviews zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Hier kommt eine geballte Ladung Gedankenfutter für die Service-public-Debatte, von der in der Schweiz die Verleger immer wieder behaupten, sie finde nicht statt. Das deutsche Medienmagazin «Journalist» hat mit 17 Protagonistinnen und Protagonisten gesprochen, die sich zum System der öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland äussern. Da es dort wie hier gerade um alles zu gehen scheint, lassen sich die Texte auch mit einer Schweizer Brille gewinnbringend lesen.

«So geht Protektionismus»

Das private Medienforschungsunternehmen Publicom befragt regelmässig Medienexpertinnen und -experten zu Themen, welche die Branche gerade umtreiben. In der aktuellen Umfrage geht es um Werbegelder, die milliardenweise aus der Schweizer Wirtschaft zu Google und Facebook abfliessen und nicht (mehr) den heimischen Medien zugute kommen. Was tun? «Eine deutliche Mehrheit der befragten Experten ist demnach der Meinung, dass die Macht von Facebook & Co regulatorisch beschränkt werden müsse. Nur eine Minderheit glaubt, dass der Markt die US-Konzerne in die Schranken weisen werde», heisst es in der Studienzusammenfassung. Als konkrete Massnahmen wird etwa der Ausbau der Medienförderung vorgeschlagen. Der ehemalige NZZ-CEO Veit Dengler kann dazu nur den Kopf schütteln. Er schreibt auf Twitter: «So geht #Protektionismus: ‹Seit 150 Jahren verdienen Medien viel Geld mit Werbung. Jetzt haben unsere Kunden bessere Werbemöglichkeiten gefunden. Deswegen muss der Staat uns jetzt Geld geben.›»

Zeigefinger in der Zeitung

Bei ihrem Studentinnenjob als Mediendokumentalisin fiel Beatrice Minger immer wieder ein Motiv auf, das Zeitungen gerne als Illustration verwenden: Ein Mensch zeigt mit ausgestrecktem Arm auf ein mehr oder weniger deutlich erkennbares Objekt. Minger begann die Bilder zu sammeln, zuerst am WG-Kühlschrank, später geriet die Sammlung in Vergessenheit, bis jemand die Idee hatte, die teils skurrilen Bildern als Buch herauszugeben. Nun erscheint demnächst bei Patrick Frey der Band mit dem bezeichnenden Titel: «Hier sass er».

Weitere Beiträge dieser Woche

Swisscom: Kein Werbegeld mehr für Presse und TV

Der staatlich kontrolliert Telecom-Konzern Swisscom hat gestern bekanntgegeben, fortan «weitgehend» auf Inserate in der gedruckten Presse und Werbesports am TV zu verzichten. Für die Verleger war das eine – weitere – Schreckensnachricht. Immerhin ist Swisscom der fünftgrösste Werbeauftraggeber in der Schweiz. Matthias Ackeret, Chefredaktor von «Persönlich», kritisiert den Entscheid und erinnert daran, dass sich Swisscom «gewissen Gepflogenheiten zu unterziehen» habe als staatlich kontrollierter Betrieb. Ackeret versteht darunter etwa ein «mediales Gemeinwohlhandeln». Aber «vielleicht ist es höhere Ironie, dass schon bald mehr Swisscom-Werbegelder zu den amerikanischen Technologieriesen Google und Facebook abfliessen als in unsere Verlagshäuser.»

Polarisierte Mediennutzung der Jungen

Das Jugendbarometer der Credit Suisse zeigte eine zunehmende Polarisierung im Mediennutzungsverhalten der der Schweizer Jugendlichen und jungen Erwachsenen. So ist über die letzten Jahre die Gruppe jener Jungen gewachsen, «die sich jeden Tag mehrmals über das Weltgeschehen informiert». Gleichzeitig nimmt aber auch die Anzahl der 16- bis 25-Jährigen zu, «die sich nur einmal pro Woche, noch seltener oder gar nie informiert». Bei den genutzten Medien gehörten Bezahlzeitungen und das TV zu den grossen Verlierern, wobei inzwischen auch Facebook an Popularität bei den Jungen eingebüsst hat.

Eine der letzten Investigativ-Journalistinnen der Türkei

Pelin Ünker, Redaktorin der türkischen Zeitung Cumhuriyet, nimmt es als Journalistin immer wieder mit dem Umfeld von Staatspräsident Erdogan und seiner AKP-Partei auf. Dabei ist sie eine der letzten Investigativjournalistinnen in der Türkei. Doch auch sie soll mundtot gemacht werden mit Klagen gegen sie. Ein Team der Süddeutschen Zeitung porträtiert mit Pelin Ünker eine Kollegin, die es von seiner Zusammenarbeit bei der Auswertung der sogenannten Panama- und Paradise-Papers kennt.

Bibliothek zeigt Buchklassiker als Instagram-Storys

Alt trifft neu: Die New York Public Library bewirbt Buchklassiker mit aufwändig gestalteten Instagram-Storys. Dazu hat sie die Textausgabe mit animierten Grafiken angereichert und online gestellt. Der Nutzer kann so das ganze Buch am Smartphone lesen oder auch nur durch die Grafiken klicken. Zu den ersten Titeln, die als #InstaNovels produziert wurden, gehören «Alice im Wunderland» von Lewis Carroll und «Die Verwandlung» von Franz Kafka. Die Agentur, die das Projekt umgesetzt hat, findet Instagram eine passende Plattform für Bücher: «Instagram schuf unwissentlich das perfekte Bücherregal für diese neue Art von Online-Romanen. Vom Umblättern der Seiten bis hin zur Daumenhaltung beim Lesen ist die Erfahrung bereits unverkennbar wie das Lesen eines Taschenbuchromans.»