«Jetzt kann es jeden treffen»
Gestern Abend wurde in Kiew der russische Journalist Arkadi Babtschenko hinterrücks erschossen. Es ist dies ein weiterer Mord in einer ganzen Reihe gewaltsamer Tötungen von Medienschaffenden in der Ukraine. Alle Opfer standen in Gegnerschaft zur aktuellen russischen Politik und waren deshalb in das Nachbarland geflohen, von wo aus sie in vermeintlicher Sicherheit ihrer Arbeit nachgehen wollten. Babtschenko wurde einer breiteren Öffentlichkeit bekannt mit seiner schonungslosen Schilderung der Kriege unter Putin, an denen er als Soldat in jungen Jahren selbst teilgenommen hatte. Ein Kollege des Ermordeten meinte, wenn es Babtschenko getroffen habe, dann könne es jetzt jeden treffen. Markus Ackeret kommentiert dazu in der NZZ: «Der Mord an diesem mutigen, unangepassten, aber, wie alle seine Freunde betonten, umso lebenslustigeren Journalisten und Schriftsteller ist deshalb – unabhängig davon, wer ganz genau hinter der Tat steckt – ein Ausdruck des gesellschaftlichen und politischen Klimas.»
Update: Der Mord an Babtschenko war offenbar eine Inszenierung des ukrainischen Geheimdienstes, der Journalist lebt.
Kundenservice: von Netflix und Amazon lernen
Abo-Einnahmen werden für Medienunternehmen immer wichtiger angesichts des Rückgangs der Werbeumsätze. Doch beim Kundenservice will es noch nicht so recht klappen. Ein Vorbild könnten sich die Zeitungshäuser bei vergleichsweise jungen Digitaldiensten wie Netflix oder Amazon nehmen, die auch darum so erfolgreich sind, weil sie dem Kunden ein positives Nutzererlebnis bieten. Etwa bei der Preisgestaltung oder der Abodauer. Während alte Medien dazu neigen, Kunden möglichst eng an sich zu binden, lassen ihnen Netflix & Co. die Freiheit, zu kommen und zu gehen, wann sie wollen. «Ob es ihnen gefällt oder nicht, die Verbraucher erwarten Flexibilität», schreibt dazu Frederic Filloux in seiner aktuellen «Mondaynote» und listet zahlreiche weitere Punkte auf, wo noch Verbesserungspotenzial besteht bezüglich Kundenorientierung.
Sollen Journalisten gegen die AfD demonstrieren?
Wie vertragen sich politisches Engagement und Journalismus? Können zum Beispiel Medienschaffende gegen die AfD protestieren und danach noch glaubwürdig über die Rechtspartei berichten? Martin Machowecz, Leiter des «Zeit»-Büros in Leipzig, bezweifelt dies, wie er in einem Tweet anlässlich der Anti-AfD-Demonstration vom letzten Sonntag in Berlin schrieb. In einem Interview mit der taz führt Machowecz seine Skepsis aus. Wenn Journalisten öffentlich ihre Abneigung gegen die AfD kundtun, entstehe «der problematische Eindruck, wir Journalisten seien alle einhellig gegen die Partei. Und wir wüssten genau, was gut und böse ist. Das erschwert es, mit deren Wählern in Kontakt zu bleiben.»
Hören statt Sehen
Stehen wir vor einem weiteren Kulturbruch? Folgt auf den «Iconic Turn» der «Audible Turn»? Wird das neue Lagerfeuer ein Lautsprecher sein, der mit uns sprechen kann? Bedient von unserer Stimme, die zur neuen Fernbedienung wird? Hans Knobloch und Bernt von zur Mühlen arbeiten in ihrem Essay in der FAZ die evolutions- und kulturgeschichtlichen Differenzen zwischen Sehen und Hören heraus und kommen zum Schluss: Mit dem «Audible Turn» stehen wir vor einer Zäsur, welche «die Interessen und Bedürfnisse der Nutzer wieder stärker in den Vordergrund» rücken und «zu mehr sinnvoll verbrachter Zeit mit Medien (time well spent) führen» wird.