von Nick Lüthi

Etikettenschwindler aussortieren

Grosser BR-Check: Mehrere Tausend Journalisten in der Schweiz müssen derzeit nachweisen, dass sie die Kriterien für den Eintrag ins Berufsregister BR erfüllen. Damit soll der weiterhin begehrte Titel aufgewertet werden.

Journalist ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Jeder Krakeeler kann sich so nennen, ohne dafür Konsequenzen zu fürchten. Die Trennung von Spreu und Weizen schafft erst der Eintrag ins Berufsregister, kurz: BR. Wer das Haupterwerbseinkommen mit Journalismus verdient und sich verpflichtet hat, den Pressekodex anzuerkennen, darf sich fortan «Medienschaffende/r BR» nennen. In der Schweiz gibt es zurzeit 7100 Journalistinnen und Journalisten, die diese Kriterien erfüllen. Doch schon bald werden es einige weniger sein. Nicht, weil sie die Branche wechseln, sondern weil sie den BR-Titel zu unrecht tragen.

Der Berufsverband impressum und die Gewerkschaften SSM und Syndicom, die gemeinsam das Register der Berufsjournalisten führen, überprüfen derzeit flächendeckend, wer den Anforderungen noch genügt und wer nicht. Alle, ausser jene, die in den letzten beiden Jahre den BR-Titel erhielten, sind angehalten, einen Fragebogen ausfüllen und zu bestätigen, dass sie mindestens 50 Prozent ihrer Einkommens aus journalistischer Tätigkeit stammt. Wer das nicht kann, erhält die Jahresmarke nicht mehr. Die zweite Voraussetzung für den Eintrag ins BR, die Anerkennung der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalistinnen», wird dagegen nicht erneut eingefordert.

Ziel der Übung sei eine Aufwertung des Presseausweises, heisst es im Begleitschreiben zum Fragebogen. «Es muss gewährleistet sein», präzisiert Stephanie Vonarburg von der Gewerkschaft Syndicom, «dass Medienschaffende, die den BR-Titel tragen, tatsächlich die dafür erforderlichen Kriterien erfüllen.» Nun ist es nicht so, dass massenweise Schindluder getrieben worden wäre mit der Berufslegitimation. Es gebe keine Hinweise auf Missbrauch, heisst es bei den Berufsverbänden unisono. Es sei einfach wieder einmal an der Zeit gewesen, eine umfassende Kontrolle durchzuführen. Wann die Letzte stattgefunden hat, daran mag man sich spontan nicht mehr erinnern; es dürften sicher zehn Jahre her sein.

Doch wozu der ganze Aufwand, wenn der Presseausweis im Berufsleben vieler Journalisten sowieso keine Rolle spielt? Gerade bei festangestellten oder älteren Medienschaffenden habe der Ausweis tatsächlich nur eine geringe praktische Bedeutung, wissen auch die Berufsverbände. Eine Visitenkarte oder Auftragsbestätigung sei für gestandene Berufsleute die übliche Legitimation, wenn es gelte sich auszuweisen. Doch für Einsteiger oder freischaffende Journalisten bedeute das rot-weisse Kärtchen weiterhin ein wichtiges Arbeitsinstrument.

Ausserdem gelte es zu unterscheiden zwischen dem Ausweis und der geschützten Berufsbezeichnung «Medienschaffende/r BR». Von einem Bedeutungsverlust des BR-Titels könne keine Rede sein. «Das sieht man allein schon an den Visitenkarten oder E-Mail-Signaturen von vielen Journalisten, die dort den BR-Titel aufführen», sagt Salva Leutenegger, Zentralsekretärin des Journalistenverbands impressum. Auch sei ihr niemand bekannt, der freiwillig auf den BR-Titel verzichtet hätte, weil er ihn für nutzlos hält.

Dass die geschützte Berufsbezeichnung weiterhin sehr begehrt ist, zeigen auch die zahlreichen Anfragen, die bei den Verbänden eingehen. «Viele Anfragen für eine Aufnahme ins Berufsregister müssen wir aber ablehnen», weiss Martina Lopez vom Zentralsekretariat der Gewerschaft SSM. Oft seien das Leute, die nebenbei bloggen, schreiben oder fotografieren, den Journalismus aber nicht als Haupterwerb betreiben.

Bis Ende Jahre wollen SSM, Syndicom und impressum den BR-Check abgeschlossen haben. Die Bereinigung des Berufsregisters ist auch ein Signal an Auskunftspersonen, dass sie Profis gegenüberstehen, wenn sich ein Journalist als «Medienschaffender BR» ausgibt. Als weiteres Element zur Aufwertung des Titels werden die Verbände Behörden und Unternehmen über die Bereinigung des Berufsregisters informieren.