von Ronnie Grob

Mein Schatz hat’s Grün so gern

Drei verschiedene Befragungen belegen klar, wem die deutschen Journalisten politisch nahe stehen: Den Grünen. Ob diese Haltung eine Auswirkung hat, ist nicht bewiesen. Es deutet aber Vieles darauf hin.

Verschiedene Studien haben versucht, die Parteineigung deutscher Journalisten und Journalistenschüler zu eruieren. Zieht man die Ergebnisse von drei vorliegenden Befragungen* (siehe Grafik rechts und Anhang am Ende des Artikels) zusammen, dann kommt Bündnis 90/Die Grünen auf eine Zustimmung von 33,8 Prozent, mehr als ein Drittel also. Die SPD kommt auf 20,8 Prozent. Zwischen den beiden liegt die Gruppe jener, die behaupten, ihnen sei keine Partei nahe: 27,9 Prozent. Ganz sicher nicht nahe ist den Journalisten allerdings die vom Volk 2009 gewählte Regierung: CDU/(CSU) und die FDP finden lediglich 7,6 beziehungsweise 6,9 Prozent Zustimmung. Eine rot-grüne Koalition unter deutschen Journalisten? Mit 54,6 Prozent Zustimmung: No problem. Eine schwarz-gelbe? Mit 14,5 Prozent Zustimmung: No way.

Hat die politische Haltung von Journalisten Einfluss auf ihre Texte und ihre Themenwahl? Das bleibt umstritten und kaum nachweisbar. Doch vergessen wir nicht: Journalismus ist nicht irgend ein Beruf. Journalisten sind generell Überzeugungstäter: sie nehmen schlechtes Ansehen, schlechte Bezahlung und unregelmässige, manchmal auch lange Arbeitszeiten in Kauf, weil sie mit ihrer Arbeit, ihren Recherchen etwas verändern wollen, und sei es auch nur das Schaffen von Transparenz in einem kleinen Bereich.

Kommen wir zu ein paar nach wie vor unkorrigiert online stehenden Schlagzeilen vom 19. und 20. September 2012, die so nicht haltbar sind:

Die hinter den Meldungen stehenden Studienergebnisse wurden von Anfang an bezweifelt, so vom Deutschlandfunk bereits am 20. September. Mit gutem Grund, denn es wäre schon eine grössere Diskussion wert, wenn Genmais-Futter «schädlich» wäre und «schwer krank» machen würde. Die These «ist experimentell nicht ausreichend belegt», urteilte wenig später das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung. Und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA sieht sich «derzeit ausserstande, die Schlussfolgerungen der Autoren als wissenschaftlich fundiert zu betrachten». Den ganzen Fall schön aufgerollt hat Spiegel Online: «Der kalkulierte Genmais-Schock».

Oder nehmen wir den von deutschen und Schweizer Politikern kürzlich überraschend beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie. Obwohl es sonnenklar ist, dass ein solcher Ausstieg den Steuer- und Stromzahler sehr viel Geld kosten wird, geben sich Journalisten überrascht, dass jetzt, wo die Kosten den Konsumenten erreichen, Diskussionen darüber aufkommen. Deutschland sei «erfasst von einer Strompreis-Hysterie», behauptete das ZDF kürzlich in der Sendung «Berlin direkt».

Jegliche Distanz verloren deutsche Journalisten bei der Berichterstattung über das mehr als 15’871 tote, 2778 vermisste und 6114 verletzte Menschen (Stand: 10. Oktober 2012) fordernde Erdbeben in Japan am 11. März 2011. Es war noch kaum bekannt, welche Gebiete und wie viele Personen davon betroffen waren, als sie sich fast ausschliesslich auf Spekulationen über austretendes radioaktives Material verlegten. In vielen Stunden Live-Fernsehen wurden deutsche Zuschauer mit wenig Fakten und viel Hysterie geängstigt. Gegenüber den Tausenden Toten und den Hunderttausenden mit zerstörten Lebensgrundlagen, die das Erdbeben und die Überschwemmungen verursachten, steht die Reaktorkatastrophe: sie forderte 3 Todesopfer, einige Verletzte sowie eine unbekannte Anzahl von Strahlengeschädigten. Die Nuclear Energy Agency der OECD hält 2400 Radioaktivität ausgesetzte Mitarbeiter fest, davon deren 8 mit einer Belastung von über 250 Millisievert, siehe dazu auch «Weder Strahlentote noch Krankheiten nach Fukushima» (tagesschau.sf.tv).

Die Berichterstattung in Deutschland über den Reaktorvorfall war wesentlich intensiver als in der Schweiz, Frankreich oder England, das belegt auch eine Studie (PDF-Datei) von Hans Mathias Kepplinger und Richard Lemke. Es wurden dazu 25 Zeitungen und Zeitschriften sowie 12 TV-Nachrichtensendungen untersucht. Die erste von drei daraus geschlossenen Folgerungen lautet:

Deutsche Medien haben im Unterschied zu den englischen und französischen Medien die Reaktorkatastrophe in Japan durch die Intensität und den Inhalt ihrer Berichterstattung als typisch für die Gefahren der Kernenergie dargestellt. Fukushima wurde dadurch zum Menetekel, das Konsequenzen verlangt. Die schweizerischen Medien haben ähnlich berichtet.

Zum kostspieligen Projekt Atomausstieg, der diesen Namen erst dann verdienen wird, wenn Atomstrom weder hergestellt noch importiert wird, hatten die Stromzahler Deutschlands bisher nichts zu sagen. Derzeit kann man nicht mal von zwei Meinungen sprechen, wird doch Atomenergie in Deutschland so verteufelt, dass es schwierig ist, überhaupt einen Befürworter zu finden, oder zumindest jemanden, der diese Haltung offensiv vertritt. Persönlich bin ich nach fünf Jahren Aufenthalt in Berlin noch keinem einzigen Befürworter der Atomkraft begegnet (gesucht habe ich allerdings nicht).

In den TV-Diskussionen nach Fukushima musste da schon Weltwoche-Journalist Alex Baur einspringen, so bei Kerner; es fand sich offenbar niemand in Deutschland, der die Atomkraft verteidigen mochte. Baur sagt auf Anfrage: «Sie wollten zuerst Roger Köppel einladen, doch dieser verwies auf den Autor der Titelgeschichte, mich. Nach der Sendung wollte das Publikum vor allem mit mir reden. Und die beiden Wissenschaftler der Diskussionsrunde sprachen mir gegenüber von einer unglaublichen Panik, öffentlich als ‹Verharmloser› auftreten wollten sie dann aber auch nicht.» Weltwoche-Chefredaktor Roger Köppel erzählte kürzlich anlässlich eines Streitgesprächs mit Cédric Wermuth (Video, ab Minute 26), er habe, als er noch Chefredaktor der bürgerlich-konservativen Tageszeitung «Welt» war, eine geheime Umfrage gemacht, was die «Welt»-Journalisten denn wählen. Herausgekommen sei eine Präferenz von 75 – 80 Prozent für Grüne und SPD.

So wie es gute Gründe gegen die Atomenergie gibt, gibt es gute Gründe dafür. Anders, als man durch den Konsum der Medien den Eindruck haben könnte, ist auch gar nicht zwingend eine Mehrheit der Bevölkerung dagegen. Die Schweizer Stimmbürger beispielsweise haben an der Urne mehrmals ihre Zustimmung zur Atomkraft zum Ausdruck gebracht, noch am 13. Februar 2011 wurde der Bau eines neuen Atomkraftwerks (Mühleberg II) beschlossen. Die Einwohner der Gemeinde Mühleberg befürworteten den Bau mit 61 Prozent, die Einwohner des Kantons Bern mit 51,2 Prozent.

Volksabstimmungen bringen gerne mal Medienhysterien wieder ins Lot, zuletzt beim Bahnhofsprojekt Stuttgart21, das viele deutsche Medien über Monate aktiv und im Sinne der Gegner skandalisiert hatten. Seit der Volksabstimmung vom 27. November 2011, bei der sich 58,9 Prozent der Bürger für eine weitere Finanzierung des Projekts entschieden hatten, ist die (aggressive) Diskussion darüber fast ganz beendet.

Wenn Medien grüne Themen pushen, dann geschieht das nicht nur aus ideologischen, sondern auch kommerziellen Gründen. Viele Medienkonsumenten, gerade der intelligenteren Medien, sind nun mal (potentielle) Grünen-Wähler, und die wollen bedient werden. Wenn in der «Frankfurter Rundschau» seitenweise Texte über die 1968er zu lesen sind, in der «Zeit» über fehlende Ausbildungschancen und Kinderkrippen, in der «Welt» über den Unsinn des Sozialismus und in der «Jungen Welt» über den Unsinn des Kapitalismus, dann wird damit immer auch der Leser bedient. Deshalb liest man in solchen Medien auch kaum je etwas Positives über die Unterschicht. Das sind nämlich keine potentiellen Kunden.

Der Unterschicht bleiben Boulevardzeitungen und Privatsender, die jene ganz unten jenen fast ganz unten zum Amüsement präsentieren.

* Quellen zur Grafik «Parteineigung von Journalisten in Deutschland»:
– Quelle Journalisten (2005): «Journalismus in Deutschland 2005» (media-perspektiven.de), ein Auszug von Befunden einer Repräsentativbefragung deutscher Journalisten von Siegfried Weischenberg, Maja Malik und Armin Scholl, veröffentlicht in „Media Perspektiven“ 7/2006, Seiten 346-361
– Quelle Journalistenschüler (2008): «Die Journalistenschüler – Rollenselbstverständnis, Arbeitsbedingungen und soziale Herkunft einer medialen Elite» (library.fes.de) von Peter Ziegler.
– Quelle Politjournalisten (2010): «Politikjournalistinnen und -journalisten – Aktuelle Befunde zu Merkmalen und Einstellungen vor dem Hintergrund ökonomischer und technologischer Wandlungsprozesse im deutschen Journalismus» (dfjv.de) von Magreth Lünenborg und Simon Berghofer
– Quelle «Anteil Sitze im Bundestag»: «Sitzverteilung des 17. Deutschen Bundestages» (bundestag.de)

Die Grafik in höherer Auflösung. «Mein Schatz hat’s Grün so gern» ist der Refrain des Lieds „Die liebe Farbe“ von Franz Schubert. Die politische Haltung des Autors, der übrigens auch schon mal die Grünen gewählt hat, findet sich hier.

Leserbeiträge

Rainer Hoffmann (@solarkritik) 29. Oktober 2012, 21:45

Die Neigung dieser ROT-GRÜNEN Journalisten in Deutschland wird wohl auch der Grund sein, warum die „Geheimakte Solarjustiz“ in Deutschland nicht thematisiert wird, mit der man mich seit über 10 Jahren wirtschaftlich, politisch, beruflich und gesundheitlich ruiniert !!

Seit 19.06.2012 befinde ich mich im Hungerstreik…und alle deutschen Journalisten Schweigen zu diesen Machenschaften über die dubiose Solarwirtschaft in Deutschland !

Chemikerin 29. Oktober 2012, 22:05

Der Hype um die Lärmbelastung des künftigen BER ist auch ein treffendes Beispiel. Die deutschen Medien bauschen gern jede einzelne kleine Demo auf und vervielfachen deren Teilnehmerzahl (die übrigens immer viel Lärm machen und mitnichten ruhig sind).
Volksbegehren ? In Berlin bereits gescheitert, in Brandenburg wird es ebenfalls scheitern. War auch nicht anders zu erwarten.
Sind eben immer Minderheiten, die es nur geschickt verstehen, die Medien für ihre Partikularinteressen zu nutzen.

Wotemer 30. Oktober 2012, 09:18

Manchmal ist mir mein Heimatland ernsthaft peinlich.
Und so langsam mag ich auch garkeine Zeitschriften aus der BRD in die Hand nehmen, da ich alles, was ich nicht sofort als Hysterie oder Unsinn erkenne, kaum mehr für die neutrale Wahrheit halten kann.
Traurig, traurig. Vielleicht sollte ich wegziehen.

AlfvonMelmac 30. Oktober 2012, 11:02

Endlich gibt es dazu mal eine Studie. Mir ist schon vor längerem aufgefallen, dass selbst russische Staatsmedien neutraler berichten, als ihre deutschen Pendants. Sehr schade, aber Pressefreiheit bringt eben nichts, wenn sie sich der Selbstzensur unterwirft. Es gehört in Deutschland mittlerweile zum guten Ton grün zu sein und keine Partei stellt sich dagegen, man wird sehr schief angeschaut, wenn man sich dem nicht anschließt.
Selbst der universitäre Betrieb, der eigentlich wissenschaftlich neutral sein sollte ist davor leider nicht gefeit. Eine Ringvorlesung zur „Zukunft der Kernenergie“ war gefllt mit gastvorträgen grüner Lobbygruppen, jedoch kein einziger vertreter der Kernenergiebranche wurde eingeladen, sodass das Ergebnis schon vor der untersuchung stattfand.
Hatte danach mal mit den Organisatoren geredet und sie gaben mir recht, obwohl selbst Kernenergiekritisch, aber eben doch Wissenschaftler.

Wir haben hier in Deutschland ein riesiges Problem der Selbstzensur, wer sich traut gegen die vorherrschende Meinung anzutreten wird relativ schnell wahlweise in die braune oder in die Klimakiller Ecke gestellt.

Georg Treptow 30. Oktober 2012, 14:54

Danke für diesen Artikel. Ich fühle mich als Deutscher bestaetigt der Annahme dass das Deutsche Volk medial komplett verarscht wird.

Gruss – Georg

Klaus Jarchow 30. Oktober 2012, 22:25

Die Frage ist doch sehr, ob die Journalisten dort, wo sie arbeiten, auch so ‚grün‘ schreiben dürfen, wie sie sich vielleicht fühlen mögen. Es bekommt ja nicht jeder dank stilistischer Genialität einen Freifahrtschein wie der Constantin Seibt.

An den Umfragen wäre doch ansonsten gar nichts Verwunderliches. Journalisten sind in der Regel Akademiker. Die akademische Intelligenz wiederum wählt zum überwiegenden Teil grün. Das ist seit Jahrzehnten bekannt: Die Grünen sind schlicht die Akademikerpartei. Schlau und rechts geht hingegen eher selten zusammen.

Wenn ein Journalist also nicht BWL, Jura oder ein anderes Zynismus-Fach studiert hat – um dann ‚contre coeur‘ zu argumentieren und an sich selbst intellektuellen Betrug zu begehen, wird er bei allen eigenen Texten eher ‚grün‘ resp. ‚intelligent‘ schreiben. Die Frage entsteht bei den Fremdtexten, dann, wenn er fremdbestimmt schreiben muss, als angestellte ‚Stimme seines Herrn‘.

Es sind oft schlicht die Umstände: Landet ein Jungjournalist hier bei einem Provinzblatt in einer Kleinstadt, dann müsste er brav ‚pro Schwarzgelb‘ schreiben, ob er will oder nicht. Sonst macht er’s nicht lange – Alkohol hilft ihm dann über viele Skrupel hinweg. Ich habe oft genug solche Schreiber kennengelernt, die sich abends beim Bier – und nur da – über ihre moralische Verkommenheit ‚mal richtig auskotzten‘. Und die dir die dollsten Geschichten erzählten, die sie allesamt nicht schreiben durften …

Tatjana 24. Juli 2015, 13:04

Grün=intelligent?? Wohl kaum. Grün= gebildet mag vielleicht stimmen, aber wie wir alle wissen, sind Intelligenz und Bildung sehr häufig nicht miteinander einhergehend, gerade dann nicht, wenn es um praktisches Denken und den gesunden Menschenverstand geht. Grün=weltfremd, realitätsverweigernd trifft es wohl am besten. Ebenfalls sind die Grünen in keinster Weise auch nur annährend (wert)konservativ, ist es doch schließlich genau diese Partei, welche deutsche Traditionen und Werte wie keine andere verachtet und es sich zum obersten Ziel erklärt hat, diese restlos zu beseitigen. Nicht einmal die ohnehin arg geschundene Familie bleibt von ihr verschont.
„Schlau und rechts geht hingegen eher selten zusammen“
Dies ist ebenfalls ein dummes Mär. Noch vor ein paar Jahrzehnten vertraten breite Teile des Bürgertums, der Akademiker sehr nationalistische und erzkonservative, also sehr rechte Weltanschauungen. Gut, dies hat sich inzwischen gewandelt, was wohl vorallem auf die modernen Indoktrinationsanstalten aka Schulen und Universitäten, sowie die subtile Manipulation der Massenmedien zurückzuführen ist. Es gibt heute kaum noch einen jungen Mensch, der bei dem Schlagwort „rechts“ nicht automatisch an Skinheads und Springerstiefel denkt. Ich muss Ihnen insoweit Recht geben: rechte Tendenzen tauchen eher bei jungen Menschen auf, die lediglich einen Haup-oder Realschulabschluss absolviert haben und/ oder in der Schulzeit nicht gerade mit tollen Noten geglänzt haben – ich weigere mich aber anzuerkennen, dass diese Menschen nicht „schlau“ wären (wobei das natürlich auf Einzelfälle auch zutrifft), ich gehe so weit und behaupte, dass diese einfach nicht die volle Dröhnung, ich drucke es bewusst so krass aus, Gehirnwäsche so intenstiv aufgesaugt haben wie ihre fleißigeren Mitschüler und Altersgenossen.
Aber davon abgesehen, gibt es auch heute noch ein breites Spektrum an gebildeten und(!) intelligenten Rechten, diese haben heutzutage jedoch keine Chance mehr, öffentlich ein Forum geboten zu bekommen oder gar an höhere Positionen zu gelangen, weshalb die Leute kaum noch eine Chance haben, deren Existenz überhapt wahrzunehmen.

Michael Rainier 31. Oktober 2012, 12:03

@Klaus Jarchow:
Das kann ich so nicht stehen lassen, auch wenn es vermutlich nur getrolle ist. Es ist wohl lächerlich bei der sogenannten „Grünen Intelligenz“ von echten Akademikern zu sprechen. Die „Grüne Intelligenz“ setzt sich vor allem aus zwei Gruppen zusammen:
1) Lehrern und Verwaltungsangestellte, die beide vom Staat finanziert werden und sich deshalb kaum um eine gesunde Wirtschaft sorgen.
2) Geisteswissenschaftler, die nach einem lockeren Studium erkennen, das Germanistik und Skandinavistik bwz. Politikwissenschaften ein reines Ausbildungsgeschäft ist und man damit doch nicht so gefragt ist wie Physiker/Ingenieure/Ärzte/Betriebswissenschaftler usw.

Wenn man dann so ca. 30 Jahre alt ist, von Arbeitslosigkeit bedroht ist und sieht, was gleichaltrige Fachkräfte verdienen, wird man automatisch links. Journalisten rekrutieren ihren Nachwuchs eben vor allem aus dieser Bevölkerungsgruppe, weshalb eben auch die meisten Journalisten link sind, wirklich überraschend kommt das nicht.

Es hat mich gerade bei der Energiewende-Diskussion immer wieder aufgeregt mit wie wenig Fachwissen manche Leute meinen gegen Pumpspeicherkraftwerke, Überlandleitungen usw. hetzen zu müssen aber im gleichen Artikel mehr Windstorm, mehr Solarstrom und mehr beteiligung der „Energieintensiven Industrie“ zu fordern. Ich frage mich wann endlich mal echte fachkundige Meinungen von Instituten, Professoren, Naturwissenschaftlern und Ingenieuren gehört und mit einbezogen werden.

Ich bin übrigens selbst Akademiker (Elektroingenieur) und bei uns an der Fakultät wählt kein Mensch grün oder rot. So lange ich an dieser Fakultät bin hängen hier schon Karikaturen, die sich über die linkslastige Situation in deutschen Politik lustig machen…

Klaus Jarchow 31. Oktober 2012, 13:05

Nun ja – unsere Vorurteile erscheinen uns oft wie Weisheit, weil wir damit ziemlich allein dastehen, wie der wahre Weise auch. Grüne sind mitnichten verkrachte Existenzen, es handelt sich (noch) um den jüngeren Teil eines gutverdienenden Bürgertums. Keine Partei – außer den Piraten – ist von der Wählerschaft her ‚jünger‘. Die Grünen haben darüber hinaus dezidiert die bestverdienende Wählerschaft aller Parteien, sie sind ‚bürgerlich‘ und ‚(wert-)konservativ‘, allerdings in einem ‚postmaterialistischen‘ Sinn ( mit Nachhaltigkeit und so). Soziale Fragen sind für Grüne eher randständig, sie haben noch nicht einmal einen ‚Arbeitnehmerflügel‘ wie andere Parteien, sie wollen auch keine ‚Volkspartei‘ werden, und sie sind aus den genannten Gründen auch gar nicht ‚links einzuordnen. Last not least haben sie einen überproportionalen Anteil an Naturwissenschaftlern in ihren Reihen. Was dazu beigetragen haben mag, dass alle anderen Parteien erst nach weiteren 20 Jahren ungefähr da ankommen, wo die Grünen zwanzig Jahre zuvor schon standen. So in etwa wird ein Schuh daraus …

Michael Rainier 31. Oktober 2012, 16:36

Das mit den Vorurteilen ist so eine Sache, manche sind durch Hetze entstanden (siehe Genmais) in anderen steckt mindestens ein Körnchen Wahrheit aber eines ist sicher: Vorurteile bestehen nur, wenn man damit eben nicht allein dasteht (besser Sie lassen das „über wahre Weisheit philosophieren“ usw.). Ich behaupte auch gar nicht, dass es nicht auch noch andere Leute in dieser Partei gibt ausser Asozialen und Geisteswissenschaftlern aber schauen wir uns mal die „Grüne Intelligenz“ anhand des Vorstandes genauer an:
Jürgen Trittin: Wehrdienstverweigerer, Diplom-Sozialwirt und Journalist
Cem Özdemir: Diplom-Sozialpädagoge (FH), freier Journalist
Claudia Roth: Studienabbrecherin (Theaterwissenschaften !!! GRÜNE INTELLIGENZ!!)
Renate Künast: Solzialarbeiterin, danach Jurastudium (immerhin)
Winfried Kretschmann: Lehrer für Bio, Chemie und Ethik
So viel zu Vorurteilen…..
Die Grünen als (wert-)konservativ und bürgerlich zu verkaufen und dabei noch zu behaupten, dass die Grünen nicht links wären ist nun wirklich zu viel des Guten (lächerlich). Die Grünen sind für Multikulti, Schwulen-und Lesbenpartnerschaften, Gesamtschulen, für eine (schleichende) Umverteilung von „oben“ nach „unten“ und vor allem fürs Schulden machen!! Sie nennen das (wert-)konservativ??? Ich komme aus BW und ich muss sagen, dass Schwarz-Gelb während der Wirtschaftskrise Schulden machen musste ist klar aber Grün-Rot macht jetzt Schulden und zwar gewaltig und das bei einer Arbeitslosenrate von unter 4%!! In NRW gab es sogar Neuwahlen weil die FDP kein weiter-wie-bisher-schuldenmachen dulden wollte und was machten die Grünen jetzt? genau weiter Schulden…. Der Berliner Flughafen ist eine riesen Blamage und Milliardengrab aber was macht die Rot-Grüne Regierung? Richtig weiter wie bisher mit schön viel Hilfe vom Finanzausgleich und viel Steuerverschwendung…. Wo sind die Grünen also nachhaltig? Wo denken Sie an spätere Generationen?
Ökopolitik: Niemand, auch nicht in der CDU ist für Umweltverschmutzung/zerstörung usw. aber man muss immernoch das technisch Machbare und vor allem Sinnvolle im Auge behalten und genau das können die Grünen eben nicht weil es einfach nur eine Partei voll Opportunisten und Gutmenschen ist…. Bisher war BW und Bayern ungefähr gleich auf aber nun hat BW eindeutig den Anschluss verloren und dabei hat die relative Mehrheit mit großem Abstand die CDU (39% vs. 23%) gewählt… ohne die Hetze wegen Fukushima hätte es bestimmt noch einmal ganz anders ausgesehn (und genau das ist der Punkt, der in dem hier Artikel behandelt wird) aber hätte/wäre/könnte, keiner kann die Zeit zurückdrehen und Besserung ist sowieso nicht in Sicht.

Klaus Jarchow 31. Oktober 2012, 18:52

Ach Gott, ach Gott – ist jetzt „Wehrdienstverweigerer“ schon ein Indiz fürs „Gescheitertsein“? Apropos – was war denn bspw. Helmut Kohl? Dr. phil., dann kleiner Direktionsassistent, dann PR-Mann für die Chemische Industrie, dann direkt Berufspolitiker. Auch er war also nie etwas ‚Richtiges‘. Wollen Sie mir etwa erzählen, dass in der CDU und bei den Grünen ganz abweichende Biographien zu finden wäre? Nee, das sind beides bürgerliche Parteien, also sieht’s auch ähnlich aus … Markus Söder (CSU) war Volontär und Redakteur, dann Berufspolitiker, Alexander Dobrindt (CSU) ist Soziologe, ebenso Kristina Schröder (CDU). Volker Kauder (CDU) ist Rechtsanwalt, Christian Ströbele ist Rechtsanwalt (Grüne), Turner (CDU-Kandidat Stuttgart) war Werbemanager, Claudia Roth (Grüne) war Musik-Managerin. Kurzum, von den Lebensläufen her schenken sich Grüne und Schwarze wirklich nichts … nur einen Elektroingenieur, den hatten beide Parteien, meine ich, noch nie aufzuweisen. Die taugen wohl irgendwie nicht für die Politik. 😉

Fred David 03. November 2012, 00:04

…und man vergesse mir bitteschön den Fotolaboranten und Hilfstaxifahrer Joschka Fischer nicht, der es meines Wissens nur grade zum Aussenminister brachte (typisch grün halt) und den gelernten Haushaltwarenverkäufer Gerhard Schröder, der es nicht weiter als bis zum Bundeskanzler schaffte (Sozen verstehen eh nichts von Geld) und erst noch über den zweiten Bildungsweg! Typisch!

Gudrun Rogge 03. November 2012, 15:33

Nur ein kleiner Hinweis aus dem Bundesland Berlin an Herrn Rainier:wir haben seit mehr als einem Jahr eine rot-schwarze Regierung, die rot-grüne Berliner Landesregierung liegt mehr als 20 Jahre zurück, die kann man also für den Flughafen kaum noch verantwortlich machen – auch wenn das offenbar die Vorurteile von Elektroingenieuren so schön bestätigen würde.

nikolaus karsten 03. November 2012, 15:46

Lieber Herr Rainier,
es muss Ihnen wirklich weh tun, Sie ja fast blind machen, wenn Grün wächst. Ich tippe, sie sind ein CDUler aus BW, richtig?
Bitte überprüfen sie noch einmal ihr folgendes Argument: „genau weiter Schulden…. Der Berliner Flughafen ist eine riesen Blamage und Milliardengrab aber was macht die Rot-Grüne Regierung?“
Die Regierung des Landes Berlin ist Rot-Schwarz und sie baut den Flughafen fertig. Weder Kosten, noch Zeit noch Qualität werden den Vergleich mit anderen Flughäfen am Ende scheuen müssen.
Und noch eine Nachfrage. Was macht die schwarz-gelbe Bundesregierung? Weiter Schulden. Warum haben Sie die in Ihrer Aufzählung vergessen?
Und hoffentlich auch für Sie eine Beruhigung: Den öffentlichen Schulden in Deutschland in Höhe von 2,5 Billionen Euro stehen private Vermögen in Höhe von 12 Billionen gegenüber. Die privaten Vermögen sind deutlich stärker gewachsen als die öffentlichen Schulden. Und wer hat die Weichen dafür gestellt? Die rot-grüne Bundesregierung! Agenda 2010 – schon vergessen?

Rick 03. November 2012, 18:28

Ich habe von 2000-2006 Physik studiert und anschliessen 4 Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der physikalischen Fakultät verbracht, und keiner meiner Kollegen oder Komilitonen vertrat Positionen der Grünen oder hat diese Partei gar gewählt. Im Kollegenkreis meiner Freundin(Radiologin) weiss man nicht ob man bei der Berichterstattung über Fukuschima in deutschen Medien lachen oder weinen soll, die Übertreibungen und hetzerisch-verfälschenden Darstellungen des Vorfalls kann allenfalls von Menschen ohne jede Vorkenntniss über Strahlenbelastung, Strahlendosen und Strahlenschäden ernst genommen werden. Wer sich mit dem Verhältniss natürliche Strahlenbelastung:künstliche Strahlenbelastung und der Zusammensetzung der künstlichen Strahlenbelastung auskennt kann nur noch darüber spekulieren ob die Lautsprecher der Grünen hier selbst keine Ahnung haben oder gezielt die potentiellen Wähler für dumm verkaufen um sich deren Stimmen zu sichern.

Fritz 31. Oktober 2012, 15:17

Herr Grob – besten Dank für diesen ausführlichen und sehr sachlichen Bericht! Neid ist ja bekanntlich keine gute Tugend, aber ich muss sagen – die Schweiz und die Schweizer beneide ich durchaus! Ihr habt eine bemerkenswert sachliche Diskussionskultur, Ideologen und Idealisten habe es bei euch deutlich schwerer als in Deutschland. Ihr habt den Volksentscheid als festen Bestandteil eures politischen Systems – was euch vor schlimmen Dingen (EU, Euro) bisher wohl bewahrt hat. Ihr habt Journalisten, die ihren Beruf (Informieren anstatt Volkserziehung und bewusste Desinformation) ernst nehmen. Und ihr seid souverän + neutral. Ach, darf ich nicht in die Schweiz kommen? Ich werde mich vorbildlich integrieren, fleißig Arbeiten und euch keinerlei Ärger bereiten. Darf ich? Gebt mir ein Jahr und ich werde sogar Schwiizerdütsch sprechen! 😉

Jörg Schulze 03. November 2012, 16:49

Wenn’s die Achse des Guten nicht gäbe, hätte ich das Zeitung lesen in Deutschland wohl schon aufgegeben.

Lelala 03. November 2012, 19:57

Mmmh… was übersehen wird, ist ein bisschen folgende Frage: Ich denke, mit „den Grünen“ kuschelt halt jeder gerne, insbesondere die Journalisten & Schreiberlige?
Ausserdem ist es doch irgendwie „nett und sexy“, den Grünen „etwas abgewinnen zu können“ vermute ich – die sind ja auch irgendwo „fast schon niedlich“ 🙂