Grosse Jagd auf kleine Fehler
Der Name ist Programm: Auf dem Blog fehler.li entsteht eine Sammlung jener kleinen, aber umso ärgerlicheren Fehler, wie sie Medien oft nicht zu vermeiden vermögen. Die beiden Studenten, die hinter dem Projekt stehen, wollen ihre Fehlersammlung nicht als Besserwisserei oder Pedanterie verstanden wissen. Vielmehr hoffen sie, Medienschaffende für Präzision und Sauberkeit im Umgang mit der Sprache zu sensibilisieren – und einer Geschäftsidee zum Durchbruch zu verhelfen.
Ihre Meriten als Journalisten sind noch bescheiden. Als Fehlerjäger befinden sie sich jedoch auf gutem Weg, sich einen Namen zu machen. Konrad Weber (22) und Marius Grieder (21) studieren im zweiten Semester Journalismus an der ZHAW in Winterthur. Ausbildung und Theorie in Ehren, doch die Medienpraxis ist den beiden mindestens ebenso wichtig. Vor einem Monat haben die beiden deshalb das Blog fehler.li gestartet und sammeln dort seither fleissig Fehler.
Schiefe Sprachbilder, logische Verirrungen, aber auch Flüchtigkeits- und Faktenfehler greifen Grieder und Weber auf. «Wir wollen nicht mit dem Finger auf die fehlerhaften Journalisten zeigen», sagen die beiden im Gespräch mit der MEDIENWOCHE. Vielmehr gehe es ihnen darum, anhand konkreter Beispiele auf Tücken und Fallen der deutschen Sprache aufmerksam zu machen. So lernt man am Beispiel einer falschen Genitiv-Bildung den sogenannten Kongruenzfehler kennen, und erfährt dabei gleich auch noch, was es mit Attribut und Apposition auf sich hat; nicht nur für grammatikalisch dilettierende Medienschaffende eine willkommene Auffrischung von Basiswissen. Der Grossteil der Beiträge auf fehler.li widmet sich den kleinen, eigentlich vermeidbaren und darum umso ärgerlicheren Flüchtigkeitsfehlern: Gummischrott statt Gummischrot, falsche Namenseinblendung beim Fernsehinterview, ein mit dem Wasserzeichen der Agentur veröffentlichtes Bild.
Redaktionen wissen diese ungefragten Spürdienste durchaus zu schätzen. Als der «Blick am Abend» den Hollywood-Regisseur James Cameron mit dem britischen Premierminister David Cameron verwechselte und von fehler.li öffentlich darauf aufmerksam gemacht wurde, bedankte sich die Redaktion für den Hinweis. «Aber es ist schon schwierig, nicht arrogant zu wirken», findet Konrad Weber. Gerade einem jungen Studenten könne man leicht vorhalten, er solle zuerst einmal selber etwas leisten, bevor er zu kritisieren beginne. Ein Vorwurf, den er auch schon von Hochschuldozenten gehört hat, wenn auch nicht direkt auf fehler.li bezogen, sondern in grundsätzlicher Form. «Ich verstehe das bis zu einem gewissen Grad. Doch damit müssen wir leben», sagt Weber, «und zeigen, dass wir selbst fehlerfrei arbeiten.»
Dass es sich bei der Fehlersuche nicht um eine tierisch ernste Angelegenheit handelt, verdeutlicht auch der gewählte Blogname: fehler.li – Fehlersuche mit einem Augenzwinkern. Es sei nicht etwa so, dass sie nun den ganzen Tag lang jede nur erdenkliche Publikation auf Fehler abklapperten. «Wir haben unseren Medienkonsum nicht verändert, seit wir fehler.li betreiben», bestätigen Weber und Grieder unisono. «Was uns früher auch schon aufgefallen ist, dokumentieren wir nun einfach öffentlich.» Als ausgebildeter Polygraf hat Marius Grieder ein geschultes Auge für den korrekten Umgang mit gesetztem Text. Ausserdem erhalten die beiden fehler.li-Macher immer wieder Tipps von den Lesern ihres Blogs, die sie auf Fehlleistungen hinweisen, die sie selbst nicht gesehen hätten.
Grieder und Weber sind nicht die ersten, die als Fehlerjäger und -sammler durch die Deutschschweizer Medienlandschaft streifen; aber zurzeit sind sie die einzigen. Ähnliche Projekte in der Vergangenheit sind über kurz oder lang gescheitert. Blattkritik.ch konnte sich knapp zwei Jahre halten, das Pendlerblog, das Ungereimtheiten und Fehler in 20 Minuten aufdeckte, musste nach der gleichen Frist ebenfalls die Segel streichen. Dass fehler.li einem ähnlichen Schicksal entgegenschaut, ist nicht auszuschliessen. «Ein Knackpunkt wird sicher das Studienende in zweieinhalb Jahren sein», sagen die beiden Fehlerjäger. Bis dahin hoffen sie durchhalten zu können. Nicht zuletzt, weil sie fehler.li mit einem kommerziellen Hintergedanken ins Leben gerufen haben: Die Fehlersammlung soll die Sprachkompetenz der beiden Studenten dokumentieren und so ihr geplantes Geschäft mit Korrektorat und Lektorat anschieben helfen. «Für die Matura-Arbeiten in diesem Sommer wollen wir unsere Dienste anbieten können», sagt Konrad Weber.
Pelikan 15. März 2011, 18:09
Die Idee ist nicht neu. Auffällig aber, wie viele Fehler sich auf der Website der beiden angehenden Journalisten selbst finden. Beispiele aus den letzten Einträgen:
„Gleich einen doppelten Fehler fiel einem Leser (…) auf.“
„Dieser Fehler (…) geschah wohl aufgrund einer falschen Regieanweisung oder einem fehlerhaft notierten Timecode.“
„Oder darf vielleicht doch der Rückschluss gezogen werden, das SF wisse, dass in der kommenden Frühlingssession ein neuer Bundesrat gewählt wird?
Solche Fehler sind speziell peinlich auf einer Website, die sich dem Finden von Fehlern bei den anderen verschrieben hat. Und sie treten nach einer ersten Sichtung in einer unangenehmen Häufung und Krassheit auf. Für mich unlesbar.
franziska 16. März 2011, 00:04
Ich würd dann die Sache mit den DAS und DASS übernehmen, gell Jungs… Dankbar um jeden Hinweis!