«Billige, massentaugliche Produktionen statt individuelle Formate?»
Ein Videoclip der Jugendplattform SRG-Insider diffamiert die Angebote privater Medien als seichte Massenware. Mit dem Slogan «Vielfalt statt Einheitsbrei!» will die SRG junge Medienkonsumenten als aktive Sympathisanten gewinnen. Die grenzwertige Eigenwerbung ist kein Einzelfall.
Wer den Werbespot zu Ende schaut, wird aufgefordert ein Zeichen setzen – ein Zeichen, «damit im Radio und Fernsehen Vielfalt Programm bleibt». So wirbt ein Videoclip um neue «SRG-Insider». Auf der gleichnamigen Onlineplattform finden sich Informationen zu Schweizer Radio und Fernsehen, konsumgerecht aufbereitet für jüngere Leute, die damit an die Trägerschaft herangeführt werden sollen.
Dabei vertraut die SRG offensichtlich nicht allein auf die eigenen Stärken und nimmt stattdessen die private Konkurrenz aufs Korn. Im aktuellen Videoclip heisst es, mit Blick auf Gratis- und Onlinemedien: «Ist dir eigentlich klar, dass du dafür einen hohen Preis bezahlst und was du dafür kriegst? Einheitsbrei statt Vielfalt, billige Massenabfertigung, Durchschnitt statt Individualität!». Doch das Werbeversprechen fällt in sich zusammen und dürfte beim Zielpublikum kaum verfangen.
«Individuelle Formate» bieten in der Wahrnehmung von jüngeren Mediennutzern die gescholtenen Social Media oder Chats und andere Online-Kommunikation und nicht mehr die klassischen Sendeunternehmen. Das Argument dürfte beim Zielpublikum nur schwerlich verfangen. Ausserdem schafft es der Spot nicht aufzuzeigen, welchen Mehrwert die SRG überhaupt bietet.
Nun ging sie daneben, aber die Provokation ist Kalkül: Der Spot solle «junge Leute zum Nachdenken und Mitdiskutieren anregen», sagt Jasmin Rippstein, Projektleitein SRG-Insider. Aber man sei sich bewusst, «dass die Botschaft durchaus provokativ und zugespitzt formuliert ist – genau davon lebt eine virale Kampagne.» Ausgerechnet: Zuspitzung und Provokation als Werbemittel der SRG gegen die privaten Medien, denen sie genau dieses Unterricht Gebaren eigentlich vorwirft.
Herabsetzende Vergleiche mit der Konkurrenz sind heikel und können vor dem Richter enden. Dass musste jüngst auch die SRG erfahren. Anfang Oktober verurteilte das Zürcher Handelsgericht die SRG wegen unlauteren Wettbewerbs. In einem Videoclip zur Wirtschaftlichkeit des Unternehmens hatte die SRG die Empfangsgebühren mit einem Abonnement von Tages-Anzeiger und Sonntagszeitung verglichen. Die Botschaft: Wir sind billiger und bieten mehr für weniger Geld. Tamedia klagte erfolgreich. Das Gericht befand den Preisvergleich unzulässig und unlauter. Die SRG akzeptiert das Urteil nicht und will die Klage ans Bundesgericht weiterziehen.
Einmal sind es die teuren Presseabos, denen die SRG ihre günstigeren Gebühren entgegenhält. Ein anderes mal geisselt sie die Gratismedien. Nach dem Motto: die SRG ist immer besser – weil die anderen schlechter sind. Es mag sich um zwei Ausrutscher handeln, aber der Weiterzug der Klage und die gezielte Provokation weisen in eine andere Richtung. Immerhin: Die SRG steht öffentlich dazu, und besteht sogar darauf, die Konkurrenz öffentlich als wahlweise überteuert oder qualitätsminder darstellen zu dürfen.