Plötzlich diese Freiheit
Wie läuft das als freischaffende Journalistin? Wie organisiere ich mich? Welche Honorare kann ich verlangen? Und wie steht es eigentlich um mein Urheberrechte? Fragen, die klären sollte, wer als Freischaffende beginnt. Doch aller Anfang ist eine Blackbox.
Festanstellung in einem Teilzeitpensum, den Rest als Freie versuchen. Mit diesem Ziel bin ich im vergangenen November auf Stellensuche gegangen. Und es hat geklappt: Seit Februar arbeite ich zu 70 Prozent als Redaktorin der «Tierwelt». Ein neues Team in einem neuen Umfeld, Abschied vom Lokaljournalismus, ein neues Gebiet; da rückte das Freischaffen zunächst etwas in den Hintergrund.
Bis es dann plötzlich ganz schnell ging: Ein Auftrag trudelte ein, einen Tag später ein zweiter. Ich war erstaunt, ging ich doch davon aus, dass ich – wenn ich dann soweit bin – mit Artikelvorschlägen an die Redaktionen gelangen würde und nicht umgekehrt. Umso mehr erfreuten mich die beiden Angebote, und ich sagte spontan zu.
Um es vorweg zu nehmen: Es hat geklappt, die Texte stehen. Der eine ist in der «Tageswoche» und – als Zweitverwendung – in der «Südostschweiz» erschienen, der andere folgt in einigen Tagen in einem anderen Medium. Trotzdem musste ich feststellen, dass ich viel zu unvorbereitet an das Vorhaben gegangen war. Wären meine ersten Auftraggeber nicht so unkompliziert gewesen, wäre ich als Freischaffende wohl gescheitert, noch bevor ich begonnen hätte.
Zum ersten Mal bewusst wurde mir meine Ahnungslosigkeit, als es darum ging, ein Honorar für die Aufträge auszuhandeln. Was kann man verlangen für einen Artikel? Wovon hängt das Honorar ab? Von der Anzahl Zeichen oder vom Aufwand? Und wie berechnet man den Aufwand überhaupt? Zählt nur die Recherche, nur das Schreiben oder beides? Das einzige, was ich zu diesem Zeitpunkt wusste, war, dass ich für diese Kolumne 300 Franken kriege und sich Freischaffende immer wieder über die schlechten Honorare beklagen, die in der Schweiz zwar sehr unterschiedlich, im Gegensatz zu Deutschland jedoch grundsätzlich etwas höher ausfallen, wie diese Erfahrungsberichte zeigen.
Ahnungslos und dankbar wie ich war, sagte ich beim ersten Honorarangebot dann auch gleich zu. Dies ganz zum Erstaunen des Auftraggebers. «Aber Carmen!», entgegnete er, «Wenn Du es als Freischaffende zu was bringen willst, musst Du verhandeln, und zwar knallhart!» Er hatte mich also ertappt: Ich hatte keinen Plan – dafür aber das Glück, an jemanden gelangt zu sein, der meine Ahnungslosigkeit nicht schamlos ausnützte. Im Gegenteil: Er erklärte mir kurz die gängigen Ansätze für Freischaffende – 500 Franken pro Tag Aufwand –, erhöhte daraufhin das Angebot und verlangte, dass ich beim nächsten Mal tue, was er eigentlich erwartet hatte: verhandeln, verhandeln, verhandeln. «Honorar verhandelbar», hiess es dann auch beim zweiten Auftrag. Sein Vorschlag – eine Pauschale von einem Tag Aufwand – entsprach den üblichen Ansätzen, die ich nun ja kannte. Also sagte ich zu. Die Sache mit dem Verhandeln muss ich noch lernen.
Nachdem nun Honorar und Umfang geklärt waren, ging es an die Arbeit. Auch die gestaltete sich anders, als ich es mir gewohnt war. Als «Tierwelt»-Redaktorin darf ich freischaffend für so gut wie alle Auftraggeber arbeiten, vorausgesetzt, es geht bei den Artikeln nicht um Tiere oder Natur. Und – was selbstverständlich ist: Ich muss die Arbeit als Freischaffende ausserhalb der Arbeitszeit bei der «Tierwelt» erledigen.
Wo also arbeite ich? Wie teile ich mir die Zeit ein? Und entspricht das Resultat dann überhaupt den Erwartungen? Während ich meine Texte bisher in der Redaktion mit Kollegen besprechen, bei Blockaden nach Inputs fragen und Passagen gegenlesen lassen konnte, war ich als Freischaffende nun plötzlich auf mich alleine gestellt. Umso nervöser erwartete ich das Feedback meiner Auftraggeber, als ich ihnen meine Texte zustellte.
Diese Unsicherheit schliesslich blieb bis zum Schluss. Was ändert die Redaktion beim Redigieren? Was kürzt sie? Passt der Titel? Schreibt sie den Lead um? Und kann ich hinterher noch mit meinem Namen dazu stehen? Auch hier hatte ich Glück. Doch die Kontrolle über meinen Text abzugeben – daran werde ich mich erst gewöhnen müssen. Und ausserdem abklären, wie es um Urheberrechte steht und unter welchen Umständen ich einen Text auch einem anderen Medium verkaufen kann.
Kurzum: Die Arbeit als Freischaffende entpuppte sich für mich als grosse Blackbox, die zu erforschen ich besser vorher begonnen hätte. Obwohl oder eben weil mein Wurf ins kalte Wasser glimpflich ausgefallen ist und ich mich inzwischen mit Broschüren und Leitfäden zum Thema eindecken konnte, werde ich als Freie weitermachen.
Frank Hofmann 26. Februar 2015, 15:03
Viel Erfolg als Freie, Frau Epp! Das Risiko, dass ich ihretwegen mein Weltwoche-Abo kündigen muss, liegt zum Glück bei null.
christian röthlisberger 27. Februar 2015, 15:57
ich bin ein bisschen erstaunt, dass sie das alles nicht gewusst haben. sie haben doch das maz absolviert. da hat man ihnen das alles nicht beigebracht?