DOSSIER mit 140 Beiträgen

Investigativer Journalismus

Informantenschutz: Wie anonym ist anonym?

Vor einer Woche haben mehrere deutschsprachige Medien über den massiven Steuerbetrug mittels sogenannter Cum-Ex-Geschäfte berichtet. Darunter auch das ARD-Magazin «Panorama». Das Magazin zeigte in seinem Beitrag auch einen Insider, den sie anonymisiert vor die Kamera brachten. «Mit Schminke, Silikonmaske und Brille soll ihn niemand wiedererkennen. Seine Stimme wird verzerrt», schreibt Peter Welchering, langjähriger Journalist und Spezialist für Informantenschutz, in einem Gastbeitrag für das Medienblog Übermedien. Nur: Solche Verfremdung bietet keinen vollständigen Schutz, weiss Welchering. «Journalisten, die ihre Informanten umfassend schützen wollen, dürfen ihre Aussagen vor der Kamera nur noch von Schauspielern nachstellen lassen.» Denn jede Tonaufnahme, und sei sie verzerrt, enthält einen «Fingerabdruck», der sich mittels Netzfrequenzanalyse identifizieren lasse. So nutzen etwa Geheimdienste diese Methode. Die «Panorama»-Macher rechtfertigen ihr als fahrlässig kritisiertes Vorgehen damit, dass es sich beim gezeigten Insider nicht um einen Informanten handele und es daher keine vollständige Anonymisierung brauche, weil er auch als Kronzeuge namentlich auftreten werde.

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Mutige Recherchen in Russland

In der Rangliste der Pressefreiheit liegt Russland auf Platz 149 von 180 – doch russische Investigativjournalisten liefen in den vergangenen Monaten zur Höchstform auf: Sie enttarnten Agenten, die mutmaßlich hinter der Vergiftung von Kreml-Kritiker Nawalny stecken und recherchierten in Präsident Putins persönlichem Umfeld – die Korruption macht’s möglich. Für ihre Recherchen nutzen Journalisten auch illegal Weiterlesen …

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Bellingcat – Truth in a Post-Truth World

Bahnbrechende Enthüllungen und wegweisender Investigativ-Journalismus: Das internationale Recherchenetzwerk Bellingcat wertet Fotos und Videos aus dem Internet aus, um komplexe politische Ereignisse in aller Welt aufzuklären. Gründer ist der britische Netzaktivist Eliott Higgins. Fesselnder Dokumentarfilm von Hans Pool, der 2019 mit dem Emmy Award ausgezeichnet wurde.

Geschichten, die nicht sterben

Journalisten leben gefährlich: Sie werden beschimpft, bedroht und immer wieder auch ermordet. Das Netzwerk «Forbidden Stories» hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Arbeit getöteter Reporter fortzuführen – als Warnung und zur Abschreckung.

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Journalistenverbände fordern, heimliche Aufnahmen nicht mehr pauschal zu verbieten

Seit fast zwei Jahren ermittelt in Deutschland die Justiz gegen einen Reporter der RTL-Sendung «Team Wallraff». Er hatte mit versteckter Kamera in einer Jugendhilfeeinrichtung recherchiert, in der es deutliche Missstände gab. Reporter ohne Grenzen und der Deutsche Journalisten-Verband fordern nun Ausnahmen für Journalisten vom generellen Verbot heimlicher Ton-Aufnahmen.

RTS-Enthüllungen: Irgendwann musste es raus

Die Fälle von sexueller Belästigung beim Westschweizer Fernsehen RTS waren in der Medienbranche schon lange bekannt. Warum wird erst jetzt darüber berichtet? Und: Geht «Le Temps» zu weit mit dem unfreiwilligen Outing von Darius Rochebin? Überrascht von den Fällen von Mobbing, Sexismus und sexueller Übergriffe bei Radio Télévision Suisse RTS war eigentlich nur das Publikum Weiterlesen …