von Nick Lüthi

The Good, The Bad & The Ugly XXI

Opa Köbi, Lukas Bärfuss, Marc Walder

The Good – Opa Köbi sagt es freundlich, aber bestimmt

Dafür, dass die Corona-Berichterstattung in einer gewissen Berechenbarkeit und Routine erstarrt ist, können die Redaktionen nichts. Das liegt in der Natur einer ausserordentlichen Lage. Dennoch kann es einem niemanden verübeln, wenn man nach Alternativen sucht. Und sie auch findet.

Opa Köbi tauchte aus dem Nichts auf. Und war immer wieder in meiner Twitter-Timeline. Der Anonymus (oder ist es eine Anonyma?) positioniert sich als Massnahmenbefürworter, aber genauso als Behörden- und Medienkritiker. Was ihn zuerst auszeichnet: Opa Köbi pflegt in seinem Blog einen gesitteten Ton, und hält nicht alle für Trottel, die nicht seiner Meinung sind.

Seit Mitte November notiert Opa Köbi auf Medium.com und Twitter seine Beobachtungen zur Pandemiebewältigung. Anlass zu seiner publizistischen Aktivität gab vermutlich der Dokumentarfilm «Unerhört!» des ehemaligen SRF-Moderators Reto Brennwald. In seinem ersten Beitrag listet Opa Köbi zehn «faktische Aussagen» aus dem Film auf, «die klar irreführend sind».

Und kürzlich ging es wieder um Reto Brennwald, diesmal in dessen Rolle als Moderator einer Diskussionsrunde am Fernsehen. Wo andere auf der Inkompetenz der Teilnehmenden herumgeritten wären, nimmt Opa Köbi die Sendung zum Anlass, ein paar gesicherte Fakten zu Covid-19 zu wiederholen.

Mit seinem sachlichen Stil wird Opa Köbi in seiner Blog-Nische bleiben. Aber er zeigt auch, dass es Alternativen zu den selbsternannten «Alternativmedien» gibt.

The Bad – Bärfuss und die Sargnägel

Vom Sturm aufs Kapitol bis zu den letzten Sargnägeln für die SRG dauert es bei der Lektüre von Lukas Bärfuss nur zwei Minuten. Im «Sonntagsblick» veröffentlichte der Schriftsteller einen Essay zu den erschütternden Vorgängen in Washington. Darin betont Bärfuss die Bedeutung von unabhängigen Medien für eine funktionierende Demokratie, ob in den USA oder in der Schweiz.

Soweit so richtig (und wichtig). Doch was folgt, zeugt von einem eigenartigen Verständnis der schweizerischen Medienpolitik. So will Bärfuss beobachtet haben, dass das Parlament in Bern «eifrig die letzten Sargnägel» für den öffentlichen Rundfunk schmiede.

Wenn es in den letzten Jahren einen Sargnagel gegeben hatte, dann war das die «No Billag»-Initiative. Dass sie abgeschmettert wurde, wissen alle. Dass die SRG den Rückenwind nicht genutzt hat, den ihr das starke Votum der Stimmberechtigten mitgegeben hatte, liegt nicht an der Politik, sondern an der SRG selbst.

Wenn Bärfuss in einer Motion, die die SRG einer regelmässigen Prüfung durch die Eidgenössische Finanzkontrolle unterstellen will, einen Sargnagel erkennt, verkennt er die medienpolitische Realität. Es ist gerade im Sinne eines starken Service public, dass die öffentlichen Mittel, welche die SRG milliardenweise erhält, nicht in überdimensionierte Immobilien- und Software-Projekte verlocht werden. Sie sollen ins Programm, also in den Journalismus, fliessen. Auch und gerade darum haben linke Politikerinnen die Motion mitunterzeichnet. Und nicht, weil sie nützliche Idioten der SRG-Abschaffer sind, wie es Bärfuss darstellt.

The Ugly – Ringier im Abstimmungskampf

Besondere Umstände erfordern besondere Massnahmen. Da die geplante Einführung einer elektronischen Identität auf politischen Widerstand stösst, ziehen die Fürsprecher des neuen Gesetzes im Vorfeld der Abstimmung vom 7. März 2021 alle Register. Dazu gehört auch politisches Native Advertising; also Abstimmungspropaganda, im Kleid eines redaktionellen Beitrags.

Auf blick.ch, schweizer-illustrierte.ch und bluewin.ch steht seit gestern ein Artikel mit dem unverfänglichen Titel «Darum brauchen wir eine elektronische Identität», der die Vorzüge einer E-ID anpreist. Um den Schein redaktioneller Berichterstattung zu wahren, steht die Abstimmungsempfehlung in einer Textbox innerhalb des Artikels. Anstelle der Autorinnenzeile heisst es: «In Kooperation mit digitalswitzerland». Eine weitere Kennzeichnung als Polit-Werbung fehlt.

Dass das grenzwertige Werbeformat in Publikationen von Ringier und Swisscom auftaucht, ist kein Zufall. Sind doch die beiden Unternehmen Teil der Allianz digitalswitzerland, die Ringier-Chef Marc Walder 2013 ins Leben gerufen hatte und die sich jetzt für die umstrittene E-ID stark macht.

Wenn es um ein politisches Anliegen geht, dem der eigene Chef zum Durchbruch verhelfen will, werden auch mal die Spielregeln neu geschrieben. Anfang 2020 hiess es bei Ringier noch: «Politisches Native Advertising entspricht nicht der Policy der ‹Blick›-Gruppe.» Das gilt offenbar nicht mehr. Auf erneute Anfrage konnte die Sprecherin aber nicht erklären, warum jetzt plötzlich geht, was eigentlich nicht geht.

Leserbeiträge

Artur Vogel 16. Januar 2021, 13:05

Dass Bärfuss unter galoppierendem Realitätsverlust leidet, wann immer er sich über die Schweiz echauffiert – mit Vorliebe in ausländischen Medien, welche die Schweiz-Beschimpfung mit hämischer Freude verbreiten -, ist hinlänglich bekannt. Das scheint sich allerdings auszuzahlen, denn Bärfuss dürfte einer der am meisten überschätzten deutschsprachigen Schriftsteller sein.