von Redaktion

The Good, The Bad & The Ugly XXIX

Machomedia, Login-Allianz, Gredig direkt

The Good – Aufstehen gegen Machomedia

Der Protestbrief von 78 Tamedia-Journalistinnen ging letzte Woche durch die Decke. Sich als Frau in einem Macho-Umfeld öffentlich zu exponieren, ist schon unter normalen Umständen nicht einfach. Es in einer Zeit zu tun, in der Stellen abgebaut werden, ist darum doppelt mutig. Aber der Ball liegt nicht bei den Frauen. Was sich jetzt dringend ändern muss:

➜ Journalisten müssen sich aktiv solidarisieren. Am Medienfrauenstreik ein Bild auf Instagram zu posten, reicht nicht. Einen eigenen Brief schreiben, reicht nicht. Journalisten müssen den Mund aufmachen im Arbeitsalltag, Kollegen kritisieren, wenn sie diskriminierend und frauenfeindlich auftreten. Denn leider gilt noch immer: Männer hören vor allem auf andere Männer.

➜ Ressortleiter müssen sich weiterbilden. Wenn sie Reportagen über das Frauenstreikjubiläum als unwichtig abtun, fehlt es an grundlegendem Wissen über Journalismus: Er bildet nicht die patriarchale Vorstellung der Welt ab. Betroffene sollen die gesammelten Werke von Annemarie Schwarzenbach, Margrit Sprecher oder Laure Wyss lesen oder das Gosteli-Archiv bei Bern besuchen.

➜ Chefredaktoren müssen ihre Hausaufgaben machen. Tamedia-Superchef Arthur Rutishauser sagte jüngst der Süddeutschen Zeitung, es sei nicht so einfach, in der Schweiz qualifizierte Journalistinnen zu finden. Nicht nur wurden in den vergangenen Jahren so viele Journalistinnen wie noch nie mit Preisen ausgezeichnet, es gibt bereits seit längerem eine Datenbank, auf die man zurückgreifen kann: die der Medienfrauen Schweiz. So schwierig ist es nicht, man(n) muss bloss wollen.
Miriam Suter

The Bad – Das Login-Alliänzchen macht ein Schrittchen

Neu kann man mit demselben Login online auf «20 Minuten» und «Blick» unterwegs sein. Es ist das erste Schrittchen hin zum gemeinsamen Login von SRG bis NZZ. 2018 rauften sich Ringier, TX Group und Co zusammen und kündigten eine Login-Allianz an.

Ein gemeinsames Login soll die Schweizer Medienhäuser für Werbung attraktiver machen und den Abfluss der Online-Werbebudgets an Google, Facebook und Co bremsen. Anfangs war darum das entscheidende Argument von Ringier-CEO Marc Walder ein «gemeinsamer Datentopf»; ein Jahr danach war davon keine Rede mehr.

Obwohl sich das Projekt gegen die Giganten aus dem Silicon Valley richtet, teilen beteiligte Medien weiterhin wertvolle Nutzerdaten mit Google und Co., wenn man sich auf ihren Seiten bewegt. Zudem ermöglicht auch das neue «20 Minuten»-Login eine vereinfachte Registrierung mit einem Facebook-, Google- oder Apple-Konto.

Doch hier muss man den Medienhäusern ein Kränzchen winden: Facebook erfährt nur, dass man sich registriert. Facebook weiss nicht, welche Artikel man auf «20 Minuten» anklickt. Nun reicht also eine Anmeldung für die beiden Boulevard-Portale. Weitere Titel folgen «später» beziehungsweise «voraussichtlich im Jahr 2022».

Als die Allianz angekündigt wurde, ist «Musical.ly» gerade in «Tiktok» umbenannt worden. Die Schweizer Verlage sind in etwa so träge, wie es die E-ID-Befürworter*innen bis zur Abstimmung über die Behörden behaupteten.
Benjamin von Wyl

The Ugly – Die Diktatur im Fernsehen

In der Woche nach der «Arena»-Sendung «Corona-Diktatur Schweiz – wirklich?» begrüsste Urs Gredig nun Magdalena Martullo-Blocher in seiner Talk-Show. Die SVP-Vizepräsidentin, die am ausdauerndsten von einer Diktatur redet, steuerte bereits in den ersten Minuten ihr Lieblingsthema an. «Da sind wir schon voll in der Diskussion: Demokratie versus Diktatur», bemerkte Gredig gewohnt freundlich. Der Moderator gab sich Mühe, Martullos Behauptungen zu zerstreuen. Er verwies auf Belarus, Gewalt und Unterdrückung.

«Ich bin eben eine Demokratieverfechterin», erklärte Martullo. Darauf parierte Gredig mit der dummen Aussage: «Die Diktatur ist mehr als das Gegenteil einer Demokratie.» Als Martullo dann behauptete, die Gerichtsgewalt sei «im Moment faktisch» ausgeschaltet, setzte er nichts entgegen. In der zweiten Hälfte durfte sich Martullo vor allem dafür loben, wie früh sie auf die Pandemie reagierte.

Laber-Journalist*innen haben ein Problem mit destruktiven Positionen: Sie sind Gastgeber, sie bleiben freundlich. In der Gesprächssituation gibt es kaum Möglichkeiten, Fakten von Meinung abzugrenzen. Faktische Aussagen wie «Wir leben in einer Demokratie» oder «Es gibt Rassismus» werden dann als Meinungsäusserungen wahrgenommen. Je nachdem vertraut die Zuschauerin halt eher dem gemässigten SRG-Journalisten oder der achso demokratieverliebten SVPlerin. Talkmaster wie Gredig könnten solche Situationen durch Auswahl von Themen und Gästen vermeiden. Warum nur tun sie es nicht?!
Benjamin von Wyl

Leserbeiträge

Peter Leber 13. März 2021, 16:31

„Talker wie Gredig könnten solche Situationen durch Auswahl von Themen und Gästen vermeiden. Warum nur tun sie es nicht?!“ – Sie tun es nicht, weil Frau Martullo mehr Quoten generiert als Nationalrat Thomas Böhni. TV hat nicht mehr viel mit hinterfragendem Journalismus und mit kritischer Begleitung der politischen Grössen zu tun. In unseren Gesellschaften mit der totalen Marktdiktatur sind die Quoten der Bitcoin von Herrn Gredig.