von Miriam Suter

The Good, The Bad & The Ugly XXXIV

Republik, 20 Minuten, SRG

The Good – Mit Gratis-Newsletter zum Geschäftserfolg

Bereits seit letztem Sommer ist das Online-Magazin «Republik» mit 25’000 Verleger*innen finanziell selbsttragend. Heikel wurde es aber zum Jahresbeginn 2021: In den ersten drei Monaten laufen die meisten Abonnements ab. In diesem Frühjahr erreichte die «Republik» eine rekordverdächtige Erneuerungsquote von 82 Prozent und zählt jetzt über 28’000 Abonennt*innen. Zum ersten Mal seit der Gründung 2018 schliesst das junge Magazin ein Geschäftsjahr mit schwarzen Zahlen ab. Der Covid19-Newsletter, den die Redaktion seit letztem März ein Jahr lang täglich gratis verschickte, hat einen guten Teil zum Erfolg beigetragen: Rund 3500 Newsletterabonnent*innen entschieden sich, ein Abo bei der Republik abzuschliessen. Die No-Bullshit-Strategie der Redaktion,scheint also aufzugehen: Der Businessplan ging von sieben Jahren aus, bis die Gewinnschwelle erreicht wird. Die Republik hat es in vier geschafft.

The Bad – Hass und Rassismus gegen Reporterin

Vergangenes Wochenende versammelten sich hunderte Gegner*innen der Coronamassnahmen- in Altdorf zu einer unbewilligten Demonstration. Die Reporterin Dafina Eshrefi berichtete für «20 Minuten» live vor Ort – oder versuchte es zumindest. In einem Erlebnisbericht beschreibt sie, wie es ihr erging, als sie versuchte, ihren Job zu machen. Der Plan war, ein paar Stimmen von Demonstrant*innen einzufangen. Sie beschreibt, wie sie schon zu Beginn als «Lügenpresse» beschimpft wird: «Alles, was ihr schreibt, ist gelogen», schrie ihr ein Demonstrant entgegen, später wirft jemand mit einem Stein nach dem Kameramann, der sie begleitete.

Für Journalist*innen ist die Berichterstattung seit der Coronakrise weltweit unangenehmer geworden, Angriffe häufen sich. Gemäss «Reporter ohne Grenzen» RSF habe das Misstrauen und der Hass gegenüber Medienschaffenden auch in der Schweiz zugenommen. Das sei eigentlich eher untypisch für unser Land, lässt sich Bettina Büsser von RSF im Erlebnisbericht zitieren. Man höre vermehrt von verbalen und physischen Angriffen auf Journalist*innen. Bei Eshrefi entschuldigte sich zwar ein Mann dafür, dass er ihr den Stinkefinger gezeigt hat. Eine Demonstrantin aber erkundigte sich, ob Eshrefi Albanerin sei. Nachdem diese die Frage bejahte, rief sie der Reporterin nach: «Passt lieber auf, sonst droht euch das Gleiche wie den Albanern im Kosovo-Krieg!»

The Ugly – Zu gutes Zeugnis für die SRG

Am Freitagmorgen informierte die SRG-Spitze über die Ergebnisse der Untersuchungen der Belästigungsvorwürfe beim Westschweizer RTS. Die Vorwürfe gegen drei leitende und prominente Mitarbeiter, die «Le Temps» letztes Jahr publik machte, wurden von externen und unabhängigen Stellen geprüft. Ergebnis: ein «gravierendes Fehlverhalten» habe man seitens der verantwortlichen Stellen nicht feststellen können. Obwohl SRG-Präsident Jean-Michel Cina vor laufender Kamera bestätigte, dass SRG-Direktor Gilles Marchand seine «sekundäre Aufsichtsverantwortung zu wenig wahrgenommen» hat.

Marchand und RTS-Direktor Pascal Crittin bleiben also im Unternehmen. Und sie wurden nicht müde, zu betonen, wie leid ihnen das alles tue, was passiert sei und dass man bei der SRG eine strikte «Nulltoleranz bezüglich Belästigungen in jeglicher Form» pflege. Ein Blick in den Untersuchungsbericht zeigt: Man hatte damit gerechnet, dass sich etwa 30 Personen bei den externen Stellen melden – am Ende waren es 230. Und das, obwohl die SRG eigentlich seit Jahren über interne Organe verfügt, wo man Belästigungen und Mobbing melden kann.

Darin liege die eigentliche Erkenntnis des Untersuchungsberichts, schreiben die Verantwortlichen: Es scheine ein «tiefes Unbehagen unter den Mitarbeitenden» zu geben. Weiter wird ein Fall beschrieben, in dem eine «vorgesetzte Person» über Jahre hinweg von ihren Mitarbeitenden immer wieder Beschwerden über das Verhalten einer bestimmten Person erhalten habe – aber in keiner Form darauf einging. Das stelle allerdings ebenfalls kein «schwerwiegendes Fehlverhalten» dar:

Jahrelange Meldungen der eigenen Mitarbeitenden schlichtweg zu ignorieren ist das eine und an sich schon skandalös genug. Dann aber öffentlich von einer «Nulltoleranz» zu sprechen, ist blanker Hohn. Für die SRG ist die Sache noch längst nicht ausgestanden. Ein weiterer Untersuchungsbericht wird im Juni folgen.

Leserbeiträge

Nic Baschung 17. April 2021, 10:18

The Bad: Zuerst, ich bin gegen Gewalt und Ausfälligkeiten jeglicher Art. Aber ich habe Verständnis für das Unwohlsein mit den sogenannten Mainstream-Medien. Sie sind scheinbar nicht mehr in der Lage, das „Leben“ in einem grösseren anthroplogischen und geschichtlichen Zusammenhang zu reflektieren. Unsere vermeintliche Sicherheit, die wir seit dem Weltkrieg erreicht haben, ist ein Phantom. Das Leben ist und war immer mehr oder minder prekär (instabil). Unser politischer Umgang mit der (uns umgebenden) Natur ist erwiesenermassen schädlich. Da wäre es auch Aufgabe, verantwortlicher Journies statt Banalitäten zu kommentieren, verständliche Reflexionen zu bieten. Das hat zwar z.B. die „Republik“ versprochen und sowenig gehalten wie die anderen. 
Wieso lese ich nirgendwo einen Kommentar oder eine Entgegnung auf einen differenzierten Artikel wie den der französischen Anthropologin Charlotte Brives
https://www.zeitpunkt.ch/sites/default/files/FileManager/Downloads/166/ZP_166_110_Brieves_Die%20Politik%20der%20Amphibiose.pdf
 Wenn in den Medien nur noch eine einzige politisch motivierte Meinung Platz hat, darf man sich nicht wundern, wenn sich unterdrückte Meinungen auf ander Weise Platz machen.

 

Ahmed Bitzius 17. April 2021, 10:36

Zu „Hass gegen Reporterin“: Dieses Verhalten der Covid-Gegner***innen hat doch auch seine guten Seiten. Am besten, die traditionellen Medien berichten überhaupt nicht mehr über diese Anlässe. So wie es auch besser wäre, sie würden nicht über die Taliban oder die Exzesse der Faschos oder der Linksextremen berichten. Einfach ignorieren! Dann blieben denen nur noch die sozialen Medien – aber was dort kommt, glaubt eh bald niemand mehr. Viel Terror würde ohne die ständige Abdeckung durch traditionelle Medien gar keinen Sinn machen…

Daniel 20. April 2021, 07:28

Ein guter Artikel, aber hört bitte mit diesen Gender*innen Sternchen auf. Das sieht furchtbar aus und unterbricht den Lesefluss.
Nehmt doch einfach immer die weibliche Form. Damit habe ich als Mann kein Problem.