The Good, The Bad & The Ugly XLV
Blick, Gender Gap, RTS
The Good – «Blick» verzichtet auf Erotik-Inserate
Beim «Blick» gibts seit vergangener Woche noch weniger Sex: Nachdem die Sex-Ratgeber-Kolumne nach mehr als 40 Jahren eingestellt wurde, gab Ringier letzten Mittwoch bekannt, dass auch die Seite mit Erotik-Inseraten aus der Boulevardzeitung verschwinden wird – auf blick.ch sind schon länger keine derartigen Inserate mehr zu finden. Das habe mit der inhaltlichen Neuausrichtung des «Blick» zu tun, sagte Kommunikationschefin Johanna Walser gegenüber persoenlich.com. Man wolle die Zielgruppe erweitern und vor allem vermehrt Frauen ansprechen. Und laut Katia Murmann, Mit-Initiantin des Projekts «Equal Voice» bei Ringer, passen solche Inserate einfach nicht mehr zum «Blick» im 2021. Way to go, Ringier! Ganz allgemein scheint sich der «Blick» im Wandel zu befinden: Es wird beispielsweise vermehrt über Femizide statt über «Familiendramen» berichtet. Nun gilt es, weiterhin ernst zu machen. Wäre schön, wenn man in Zukunft etwa von «sexualisierter Gewalt» statt von «Sex-Verbrechen» läse. Oder von «Die Villa, in der Vergewaltigungen stattfanden» statt von «Sex-Zorro-Ranch». Man wird ja wohl noch hoffen dürfen.
The Bad – Gender Gap in den Medien bleibt bestehen
Nur jede vierte Person, über die Schweizer Medien berichten, ist eine Frau. Das zeigte eine Studie, die das Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft fög der Universität Zürich letzte Woche veröffentlicht hat. Somit blieb der so genannte Gender Gap seit 2015 bis heute praktisch unverändert. Studienleiterin Lisa Schwaiger sagt, das könne auch an den Redaktionsstrukturen liegen – obwohl diese in der Studie nicht untersucht wurden. Es sei aber davon auszugehen, dass etwa ein höherer Frauenanteil in der Chefetage oder mehr Frauen im Hard-News-Bereich zu einer entsprechenden Sensibilisierung führen könnten. Sicher, eine diversere Branche würde zu diverserem Journalismus führen und es ist wichtig, dass nicht mehrheitlich Männer Geschichten erzählen. Bloss: Das mit der Diversität wird weiterhin schwierig bleiben. Denn spätestens seit dem grossen Frauenstreik 2019, an dem sich auch viele Journalist:innen beteiligt haben, ist klar: Auch in unserer Branche herrscht Handlungsbedarf. Auf vielen Redaktionen herrscht noch immer ein patriarchales Klima. Wer langfristig weiter oder nach oben kommen will, hat sich anzupassen. Und noch immer hört man hinter vorgehaltener Hand von Fällen, in denen Schwangeren gekündigt wird. Von Chefs, die den Frauenstreik belächeln. Und ganz generell von massiven Anforderungen, die unmenschlich scheinen. Es ist kein Geheimnis, dass die Medienbranche krankt, das setzt selbst die Jungen unter Druck und drängt sie im schlimmsten Fall ganz aus dem Journalismus. Der Gender Gap ist ein schwerwiegendes, aber leider nicht das einzige Problem in unserer Branche.
The Ugly – Neue Missbrauchsfälle bei RTS
Nachdem die SRG-Spitze bereits im April über den aktuellen Stand der Aufklärung der Missbrauchsvorfälle bei RTS informiert hatte, folgte Ende letzte Woche der Abschlussbericht. So abschliessend liest sich der allerdings nicht: Die von RTS beauftragte Advokatur «Collectif de Défense» legte am Donnerstag eine Analyse von über 220 Zeug:innenaussagen vor, danach wurden neue Untersuchungen eröffnet, diesmal gegen zwei aktuelle RTS-Mitarbeiter. Des Weiteren schreibt das Kollektiv von unangebrachtem Verhalten von neun pensionierten oder ausgetretenen Mitarbeitern. Im April wurden die Ergebnisse noch öffentlich verkündet, beim Abschlussbericht hielt man sich bei der SRG zurück und präsentierte die Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen nur intern an einer offenbar sehr emotional verlaufenen Infoveranstaltung. Derweil wird der Verwaltungsrat nicht müde, mit Floskeln um sich zu werfen: Einmal mehr verspricht er, sich für die viel beschworene «Null-Toleranz» einzusetzen. Der damalige RTS-Direktor Marchand bleibt aber weiterhin unangetastet: Zwar wurden mögliche Szenarien für dessen Absetzung geprüft, dann liess man es aber doch bleiben. Laut RTS-Direktor Crittin sei die SRG allenfalls bereit, weitere Abklärungen zu machen, wenn es «gesicherte Fakten» gebe, die dies verlangen würden. 220 Zeug:innenaussagen. Eine über mehrere Monate andauernde Analyse eines Anwaltskollektivs. Und zwei neu eröffnete Untersuchungen. Die Frage lautet: Wie viele gesicherte Fakten braucht es noch?