Die MEDIENWOCHE ist ein digitales Magazin für Medien, Journalismus, Kommunikation & Marketing. Die Redaktion beobachtet und begleitet publizistisch die Entwicklung der Branche in der Schweiz, verfolgt aber auch internationale Trends. Neben den redaktionellen Eigenleistungen bietet die MEDIENWOCHE mit dem «Medienmonitor» (zweimal wöchentlich) und der wochentäglichen Rubrik «Auf dem Radar» Lektüreempfehlungen aus nationalen und internationalen Medien.
Inmitten des Kriegs gegen die Ukraine geht Russland gegen freie Medien im eigenen Land vor. Journalisten und Aktivisten sind entsetzt. Und einfache Bürger suchen nach Möglichkeiten, über Umwege doch noch an nicht-staatliche Informationen zu kommen.
Lange haben sie tatenlos zugeschaut, wie Alex Jones all jene mit Hass und Hetze überzog, die nicht in sein krudes Weltbild passten. Jetzt reagierte eine ganze Reihe von Medienplattformen und verbannten einen der aktivsten und prominentesten Verschwörungspraktiker der USA. So haben Facebook, Spotify, iTunes und Youtube in den letzten Tagen seine Inhalte gelöscht. Natürlich jaulen die Anhänger von Jones auf und schreien «Zensur!». Doch gefehlt. «Alle diese Unternehmen, ob Facebook oder Apple oder Google sind private Unternehmen und haben auf ihren Plattformen quasi das Hausrecht», schreibt die Netzaufklärungsseite Mimimkama.at «Sie können Beiträge der Nutzer zulassen, sie aber auch, wenn sie gegen deren Gemeinschaftsstandards verstossen, jederzeit löschen.»
Wolfgang Michal fordert in seinem historisch fundierten Essay zu Theorie und Praxis der Zensur, den Blick heute stärker auf die inneren Abhängigkeitsverhältnisse bei traditionellen und modernen Medienunternehmen zu richten: «Die gegenwärtige Zensurdebatte müsste daher viel stärker auf die inneren Abhängigkeitsverhältnisse eingehen: bei den Medien auf das Abhängigkeitsverhältnis der journalistischen Mitarbeiter zu ihren jeweiligen Chefredaktionen und Verlagen, bei den sozialen Netzwerken auf das Abhängigkeitsverhältnis der Nutzer zu ihren Diensteanbietern und deren Löschtrupps.»
Die Alternative für Deutschland AfD forderte mit einem Antrag im Bundestag die Regierung dazu auf, Zeitungsartikel des eben erst aus türkischer Haft freigelassenen Denzi Yücel zu missbilligen. Eigentlich ein unmögliches Unterfangen. Steht es doch der Exekutive nicht zu, über den Inhalt von Medien zu urteilen. «Etwas Rechtswidriges, etwas Verfassungswidriges», verlange die AfD von der Bundesregierung, sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki. In Rage redete sich dann der Grüne Cem Özdemir. In einer Brandrede geisselte er die AfD als «Rassisten». Wie zu erwarten war, bliebt der Antrag der AfD chancenlos, die Debatte ein einziges Theater, in dem, so «Welt»-Autor Matthias Kamann, die anderen Parteien die AfD haben «blass aussehen» lassen.
Bis Ende Jahr will der französische Präsident Emmanuel Macron ein Gesetz gegen Fake News in Kraft setzen. Richter sollen mit Sonderkompetenzen ausgestattet werden, um bestimmte Inhalte schnell zu löschen oder blockieren. Des weiteren solle das Gesetz Transparenz über die Finanzierungsquellen von Medien schaffen und so Beeinflussungsversuche aus dem Ausland unterbinden. Ein Passus der sich deutlich und direkt gegen die – jüngst ausgebauten – russischen Medienaktivitäten in Frankreich richtet. Kritiker sehen ein Problem darin, dass nicht klar ist, was in diesem Kontext als Fake News gilt und wer das bestimmt. Viele französische Medien stellen sich – gerade mit Blick auf das Netzwerkdurchsetzungsgesetz in Deutschland – auf den Standpunkt, dass nicht Regulierung das richtige Mittel gegen Fake News sei, sondern mehr Medienkompetenz.
Das gesetzliche Vorgehen gegen Hassrede auf Social-Media-Plattformen in Deutschland offenbart einen gefährlichen Trend: Die Auslagerung hoheitlicher Aufgaben an Private gefährdet die Medien- und Kunstfreiheit, wie etwa ein aktuelles Beispiel des Satiremagazins «Titanic» zeigt. Seit dem 1. Oktober ist in Deutschland das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in Kraft. Es verpflichtet Plattformbetreiber wie Facebook oder Twitter, «offensichtlich rechtswidrige» Inhalte Weiterlesen …
In ihrem aktuellen Bericht «Weltweite Trends in freier Meinungsäusserung und Medienentwicklung» warnt die Unesco vor den schädlichen Auswirkungen von Netzsperren, aber auch von Plattformen wie Facebook und Twitter, auf die Meinungs- und Medienfreiheit. «Ein sogenannter ‚polarisierter Pluralismus‘ mache sich breit, in dem jede segmentierte Gruppe nur einen kleinen Ausschnitt der theoretisch zur Verfügung stehenden Informationen Weiterlesen …