SRG-Fernsehsport: Mehrkampf auf einem neuen Spielfeld
Gegen ambitionierte Konkurrenz ziehen die SRG und das Schweizer Fernsehen SRF den Kürzeren und verlieren attraktive Sportrechte. Und wo sich neue Perspektiven eröffnen, etwa mit der Übertragung von Frauenfussball, bleibt das Engagement eher lau. So lange die SRG mit dem TV-Sport Werbegeld verdienen will (und muss), bleibt der Fokus auf den grossen Publikumsmagneten.
Nach mehr als vier Monaten zeigt das Schweizer Fernsehen am kommenden Samstag wieder Mal ein Meisterschaftsspiel der «Women’s Super League», zwar nur als Live-Stream auf der Website und nicht am «richtigen» Fernsehen, aber immerhin. Im Sommer 2020 hatte die SRG angekündigt, fortan Partien der höchsten Schweizer Frauenfussballspielklasse live am Fernsehen zu zeigen. Das Unternehmen begründete diesen Schritt mit der «wachsenden Bedeutung des Frauenfussballs». Dieser Entwicklung wolle man mit einem «stetigen Ausbau der Berichterstattung» Rechnung tragen. Knapp zwei Jahre später sieht das Angebot eher bescheiden aus. Neun Parteien zeigt das Schweizer Fernsehen pro Jahr, vier in der regulären Saison und fünf Play-off-Spiele, die meisten davon als Live-Stream.
Alles in allem hat er Frauenfussball eine wesentlich grössere TV-Präsenz als noch vor zwei Jahren – auch wenig ist mehr als nichts.
Die «Highlights aus der «Women’s Super League», die gemäss Programmhinweis in jeder Ausgabe des neuen SRF-Fussballmagazins «Super League – Highlights» zu sehen sein sollten, beschränken sich bisweilen auf das Einblenden der aktuellen Tabelle. Im besseren Fall zeigt das Fernsehen einen Mini-Beitrag von ein bis zwei Minuten Dauer mit den Toren aus dem Spitzenspiel der Runde. Weiter findet man auf der SRF-Website von jedem Spiel eine unkommentierte Kurzzusammenfassung von rund vier Minuten.
Alles in allem ergibt das zwar eine wesentlich grössere TV-Präsenz als noch vor zwei Jahren – auch wenig ist mehr als nichts. Aber wer sich für Frauenfussball interessiert, muss dennoch mit der Lupe suchen, bis man eines der raren Live-Spiele oder die paar Sekunden Liga-Berichterstattung findet. Im kommenden Juli wird sich das für einen Monat verbessern, wenn in England die Europameisterschaften mit Schweizer Beteiligung stattfinden. Danach gibt es wieder mediale Magerkost.
Beim Fussball am TV bewegen sich mit Swisscom und CH Media zwei ambitionierte Mitbewerber auf dem Spielfeld und bedrängen die SRG.
Das Sportangebot am Schweizer Fernsehen dominieren weiterhin die grossen Publikumssportarten, allen voran (Männer)-Fussball und Eishockey, gefolgt von Tennis, Ski alpin, Leichtathletik und Motorsport. An dieser Rangfolge hat sich in den letzten zehn Jahren nichts geändert, am konkreten Angebot allerdings schon.
Beim Fussball bewegen sich mit Swisscom und CH Media zwei ambitionierte Mitbewerber auf dem Spielfeld und bedrängen die SRG. Die berichtet zwar weiterhin ausführlich und mit einem Live-Spiel pro Rund über die nationale Meisterschaft. Aber bei den europäischen Klubwettbewerben hat das öffentliche Fernsehen das Nachsehen: Europa und Champions League sieht man grundsätzlich nur noch gegen Geld bei Blue TV von Swisscom. Einzelne Spiele darf CH Media auf seinen frei empfangbaren Sendern 3+ und TV24 zeigen. Bei der Nationalmannschaft bleibt die SRG die erste Anlaufstelle. Aufgrund einer Vorgabe in der Konzession, «beim Rechteerwerb Kooperationen mit anderen schweizerischen Veranstaltern einzugehen», holte die SRG den Konkurrenten CH Media mit ins Boot, der nun auch Spiele der «Nati» zeigen kann.
Beim Eishockey zeichnet sich eine ungleich dramatischere Entwicklung ab. Aller Voraussicht nach wird das Schweizer Fernsehen ab der kommenden Saison und für die nächsten fünf Jahre gar keine Spiele der höchsten Liga mehr zeigen können. In die Fusstapfen von Schweizer Fernsehen SRF treten CH Media und die «Blick»-Gruppe. Sie haben vom Telekom-Konzern UPC Sunrise als Rechteinhaber eine Sublizenz für die Übertragung ausgewählter Spiele im frei empfangbaren Fernsehen, respektive fürs Online-Streaming, erhalten. UPC Sunrise betreibt mit MySports eine kostenpflichtige Plattform, wo sämtliche Spiele der «National League» zu sehen sind.
Publikumsmagneten kosten zwar, bringen aber auch Werbegeld. Darum möchte die SRG die Fussball Champions League wieder zurück ins Programm holen.
Trotz potenter Mitbewerber und teils schmerzhafter Einschnitte ins Live-Angebote hält das Schweizer Fernsehen an Fussball und Eishockey als Zugpferde fest. Der Ball auf dem Rasen und der Puck auf dem Eis wecken weiterhin grosses Publikumsinteresse. Guten Quoten bringen viel Werbegeld. Schliesslich finanziert sich die SRG neben dem Milliardenbetrag aus der Haushaltsabgabe weiterhin über kommerzielle Erträge. Und sie braucht das Geld, wenn sie auch künftig Sportrechte erwerben will, um Publikumsmagnete ins Programm zu bringen – die wiederum für die Werbung attraktiv sind. Auch darum möchte man die Fussball-Champions-League wieder zurück ins Programm holen.
Die Quotenfixierung – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Programmgestaltung – würde abgeschwächt bei einem Verbot von TV-Werbung für die SRG. Eine Forderung, die immer mal wieder aufs Tapet kommt und mir Blick auf die Halbierungsinitiative wohl auch politisch diskutiert werden dürfte als Element eines Gegenvorschlags.
Auf die Sportstrategie der SRG und des Schweizer Fernsehens hätten die Umbrüche in der einheimischen und internationalen Sportmedienlandschaft keinen Einfluss. Man werde ein «umfassendes Sportangebot (…) langfristig aufrechterhalten können», erklärte Roland Mägerle, Leiter «SRF Sport» und Business Unit Sport SRG, gegenüber der MEDIENWOCHE. Als Beleg dafür verweist Mägerle auf die Vielzahl von stets wieder erneuten Verträgen für die verschiedensten Sportarten. Und Fussball zeige das Schweizer Fernsehen mehr denn je, abgesehen von der Champions League.
Seit ein paar Jahren bieten die SRG und das Schweizer Fernsehen auch Sportarten eine regelmässige Medienpräsenz, die zuvor wenig sichtbar waren.
Bei aller Fülle und Vielfalt: Die Programme und Plattformen der SRG sind längst nicht mehr die erste und einzige Anlaufstelle für den Fernsehsport in der Schweiz. Aber im Unterschied zur privaten Konkurrenz verfügt die SRG über einen gesetzlichen Auftrag und muss gemäss Konzession den schweizerischen Sport in seiner ganzen Breite abdecken.
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Seit ein paar Jahren bieten die SRG und das Schweizer Fernsehen auch Sportarten eine regelmässige Medienpräsenz, die zuvor wenig sichtbar waren. So zeigt die SRG seit 2016 Spitzenspiele der vier in der Schweiz populärsten Hallensportarten Unihockey, Volleyball, Handball und Basketball. 2020 folgte der Frauenfussball. Über das gesamte TV-Sportangebot der SRG gesehen, fristen die fünf Sportarten aber ein Nischendasein. Wer nach aktuellen Resultaten sucht, muss sich in Unterrubriken begeben. Eine kontinuierliche redaktionelle Begleitung findet nicht statt. Über die US-amerikanische Basketball-Liga erfährt man bei SRF mehr als über die schweizerische.
Das Schweizer Fernsehen erkennt in den neuen Live-Streaming-Plattformen keine Konkurrenz, sondern sieht das als Ergänzung zum eigenen Angebot.
Doch auch die neuen Nischen sind kein sicheres Terrain. Zum einen drängen hier Technologie- und Telekomanbieter in den Markt mit automatisiertem Live-Streaming. So hat die höchste Handball-Liga mit einer Swisscom-Tochter zusammengespannt und lässt mit smarten Kameras und ganz ohne Personal sämtliche Spiele ins Internet übertragen. Die zweithöchste Eishockey-Liga wird ab kommender Saison den gleichen Weg gehen. Das Schweizer Fernsehen erkennt in den neuen Live-Streaming-Plattformen keine Konkurrenz, sondern sieht das als Ergänzung zum eigenen Angebot.
Zum anderen weckt der Publikumserfolg, wenn das Schweizer Fernsehen eine Sportart erst einmal am Bildschirm etabliert hat, das Interesse der privaten Konkurrenz. So machte der Verleger Peter Wanner schon vor Jahren keinen Hehl daraus, dass auch er gerne das Schwingfest auf seinen Sendern zeigen möchte. «Darauf stürzen sich alle Sponsoren, alle Werbetreibenden», sagte Wanner 2015 während einer SRF-«Arena» zur Medienpolitik. Doch Wanner muss sich noch ein paar Jahre gedulden. Mindestens bis 2028 spannen Schwingerverband und SRG zusammen. Andere Verträge laufen früher aus. Etwa jener des Schweizer Fussball-Cups. Da bleibt die SRG noch bis zur Saison 2023/24 am Ball. Aber danach? Heisst dann der Fussball-Wettbewerb vielleicht Blick-TV-Ringier-Schweizer-Cup?
Auf dem neuen Spielfeld des Fernsehsports müssen die SRG und das Schweizer Fernsehen jederzeit damit rechnen, dass andere Akteure zum Zug kommen. Gleichzeitig befinden sich die Rechteinhaber, bei nationalen Wettbewerben sind das Verbände und Ligen, in einer komfortablen Situation. Sie können das beste Angebot auswählen. Und das Publikum kriegt mehr Live-Sport am Bildschirm als je zuvor. Einfach nicht mehr an einem einzigen Ort, sondern auf allen möglichen Kanälen und Plattformen. Die neue Vielfalt hat aber auch ihren Preis. Für TV-Sport kann Das Publikum so viel Geld ausgeben wie noch nie.
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