von Bettina Büsser

The Good, The Bad & The Ugly LXXXIII

TV-Fussball, No Future, Gängelparagraph

The Good – Der Coup mit dem Cup

Der Cup gehört uns! Nein, das ist nicht die Behauptung einer fanatischen FC-St.-Gallen- oder FC-Lugano-Anhängerin vor dem Cup-Final am Sonntag. Es ist ein Jubelschrei, weil die SRG und der Schweizerische Fussballverband SFV diese Woche einen Vertrag bis 2026 abgeschlossen haben: Die SRG-Sender übertragen den Schweizer Fussball-Cup weiterhin live ab der ersten Hauptrunde. Und wir dürfen zuschauen, ohne extra zu zahlen.

Fussball-Fans wissen, dass das nicht selbstverständlich ist. Bei der Schweizer Meisterschaft dürfen die SRG-Sender gerade mal ein Super-League-Spiel pro Runde live übertragen. Denn die TV-Rechte für Super League und Challenge League gehören bis 2025 «Blue» (Swisscom). Wer die Spiele schauen will, bezahlt dafür. Auch Champions- und Europa-League-Spiele kann die SRG seit letztem Jahr nicht mehr live zeigen; die Rechte dafür hat ebenfalls «Blue», die – beschränkten – Free-TV-Rechte liegen in der Deutschschweiz bei «CH Media» für «TV24» und «3+».

Trüb sieht es für die SRG auch beim Schweizer Eishockey aus: Die National League hat die TV-Rechte an «MySports» (Sunrise UPC) vergeben. Bisher hatte die SRG immerhin die Free-TV-Rechte inne, neu liegen diese aber bei «TV24» in der Deutsch- und «Léman Bleu» in der Westschweiz sowie «Teleticino» im Tessin. Will heissen: Die SRG wird bis 2027 keine Live-Spiele der Schweizer Eishockey-Meisterschaft zeigen können.

Umso mehr freuen wir uns über den SRG-Coup mit dem Fussball-Cup.

The Bad – Sie gehen und gehen

No future. Diesen Punk-Slogan aus den 1980ern teilen offenbar zunehmend auch Journalist*innen. «Der Schweizer Journalismus verliert weiter erfahrene, kluge, etablierte Köpfe», lautet jedenfalls das Fazit der «Republik».

Sie hatte 2021 erstmals anhand von Informationen unter anderem von Branchendiensten gezählt, wie viele Personen zwischen 2016 und Anfang 2021 dem Journalismus den Rücken gekehrt haben – es waren rund 350. Nun hat sie diese Auszählung für 2021 und die ersten Monate von 2022 fortgesetzt, und das Resultat ist nicht erfreulicher: 2021 stiegen 93 Journalist*innen aus, 2022 waren es bisher 24.

Gemäss «Republik» haben seit 2016 Jahr für Jahr mehr Journalist*innen den Beruf verlassen. Nur 2020 ging die Zahl etwas zurück, was die Autoren Philipp Albrecht und Dennis Bühler auf die «wirtschaftliche Unsicherheit» in der Pandemie-Zeit zurückführen.

Natürlich gibt es in allen Berufssparten Aus- und Umsteiger*innen. Und natürlich wechseln Journalist*innen nicht nur aus Frust in andere Arbeitsgebiete, sondern auch, wenn zum Beispiel der Kommunikationsjob beim Lieblings-Fussballclub lockt.

Wenn aber zunehmend Journalist*innen den Beruf verlassen und gleichzeitig – wie die «Republik» letztes Jahr ebenfalls berechnet hat – tendenziell weniger junge Leute in den Journalismus einsteigen, heisst das, dass die Attraktivität des Berufs sinkt: keine Lust mehr auf die Situation in den Medienhäusern (Sparrunden), zunehmende Anforderungen (Multimedia) und sinkendes Berufsprestige («Lügenpresse!»).

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The Ugly – Grüsse nach Aserbaidschan

Es ging fast problemlos durch: Der Nationalrat folgte am Dienstag im Rahmen der Revision der Zivilprozessordnung dem Ständerat und hat die Bedingungen für «vorsorgliche Massnahmen» gegen Medien vereinfacht. Gegen den Willen von Bundesrat und Links-Grün liegen nun die Hürden zur Blockade missliebiger Medienberichte tiefer. Heute kann ein Gericht eine Veröffentlichung stoppen, wenn sie für die gesuchstellende Partei einen «besonders schweren Nachteil» verursachen kann, künftig reicht schon ein «schwerer Nachteil».

Von «Storys und Schlagzeilen ohne Rücksicht auf menschliche Verluste» war in der Debatte die Rede – von Firmen, die dubiose Geschäfte nicht publik sehen wollen, hingegen eher weniger. Einige befürwortende Parlamentarier*innen argumentierten für die Änderung, indem sie betonten, dass sich dadurch kaum etwas ändere. Der Schwyzer SVP-Nationalrat Pirmin Schwander sagte, eine Analyse des Bundesamts für Justiz habe gezeigt, dass es auf das Wort «besonders» nicht ankomme: «Die Streichung des Worts ist eher politischer Natur und nicht juristisch. Wir könnten daraus folgern: Wenn ein Wort nicht relevant ist, dann muss es auch nicht gestrichen werden. Aber wir könnten auch folgern: Wenn ein Wort nicht relevant ist, dann macht es auch nichts, wenn es gestrichen wird.»

Ob die Delegation aus Aserbaidschan, die die Debatte von der Tribüne aus verfolgte und von Nationalratspräsidentin Irène Kälin offiziell begrüsst wurde, dieser Argumentation folgen konnte, ist nicht bekannt. Eines hätten die Delegierten auf jeden Fall lernen können: Es braucht kein autoritäres Regime wie das des aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijev, um die Pressefreiheit einzuschränken.

Leserbeiträge

Victor Brunner 14. Mai 2022, 17:27

Es ist die Zeit der Rechten. Presse etwas einschränken, hat sie teilweise selbst verschuldet, frauenfeindliche Statements im Parlament, Armeebudget massiv erhöhen, kein Plan wie finanzieren, Schulden in die Höhe treiben, irgendwann kommt der Sparhammer auf die Mitelschicht und Armen. Man soll noch einmal die Geschichte Deutschland ab 1923 studieren