von Benjamin von Wyl

The Good, The Bad & The Ugly XC

NZZ, Bakom, Ringier

The Good – Das täglich Brot der Vierten Gewalt

Der Newsletter «Der andere Blick» gilt vielen, die die NZZ bashen, als Ursprung des Übels. Es ist auf diesen Newsletter zurückzuführen, dass die NZZ in manchen rechten Kreisen in Deutschland als «Westfernsehen» bezeichnet wird. Nun ist es ein solcher Newsletter, mit dem ein Redaktor seinen kenntnisreichen Kommentar lanciert, der einige Behauptungen von SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher zerpflückt. Behauptungen, die die Unternehmerin Tage davor in einem unkritischen Interview mit der «NZZ» aufgestellt hat. Kommentare wie dieser sind nicht nur für die Öffentlichkeit wichtig, sondern zeigen auch, dass die interne Debatte bei der NZZ lebendig ist.

Zuletzt vermittelte die NZZ manchmal den Eindruck, sie konzentriere ihre Energien auf Texte über «Cancel Culture» und andere kalkulierte Empörungen. Diese Woche empörte sie endlich wieder einmal die Mächtigen: «Das war eine verdammte Frechheit», so die Reaktion von Bundesrat Ueli Maurer in der «SRF Tagesschau» auf einen Artikel von Mittwoch. Er sagte lächelnd, er sei schon «nahe dran, eine Ehrverletzungsklage einzureichen». Dabei bündelt der beanstandete Artikel einzig Aussagen von Maurers Finanzdepartement und solche von Viola Amherds Verteidigungsministerium. Ist sich Maurer einfach keine kritischen Einordnungen aus der NZZ mehr gewohnt?

Artikel wie dieser sind eben das täglich Brot der Vierten Gewalt – und die erklärten Demokratie-Retter:innen, die eher im Monats- als im Tagestakt publizieren, können diesen Journalismus nicht ersetzen. Hoffentlich wird NZZ-Redaktorin Angelika Hardegger, die diese Woche den «Zürcher Journalistenpreis» erhielt, nach ihrem Wechsel zur «Republik» im Herbst nicht seltener schreiben.

The Bad – Finanzkontrolle kritisiert das Bakom

Die Eidgenössische Finanzkontrolle EFK hat kontrolliert, wie das Bundesamt für Kommunikation Bakom die SRG kontrolliert. Das Bakom mache das nicht allzu gut: Es komme der Aufsichtspflicht über die Finanzen der SRG nur «sehr bedingt nach». Das Bakom beschränke sich darauf, «ein Gesamtbild über die Finanzlage der SRG zu haben». «Kaum umgesetzt» werde «die Aufsicht der bestimmungsgemässen und wirtschaftlichen Mittelverwendung, wie sie im RTVG vorgeschrieben ist». Dabei wäre eine engmaschigere Kontrolle, so die EFK, auch im Interesse der SRG selbst: «Schlussendlich ist auch die SRG einem wachsenden Druck in der öffentlichen Wahrnehmung ausgesetzt und wird ein Interesse daran haben, eine positive Bestätigung des Bakom zu erhalten.»

In seiner Stellungnahme dankt das Bakom der EFK für die Zusammenarbeit und betont, «dass die Aufsicht über Medien eine hohe Sensibilität für die Unabhängigkeit der Medien» bedinge. Die von der EFK geforderte jährliche Zusammenfassung über den «Erfüllungsgrad der Konzessionsvorgaben» sei angesichts der «verfassungsrechtlich garantierten Programmautonomie» nur mit der «gebotenen Zurückhaltung» umsetzbar.

Bei der Lektüre des aktuellen EFK-Berichts sollte man wissen, dass die Finanzaufsicht durch das Bakom infrage gestellt ist. Der EFK-Direktor liess in den vergangenen Jahren mehrmals durchblicken, dass er nichts dagegen hätte, wenn die EFK selbst die SRG kontrollieren dürfte. Im Nationalrat ist ein Vorstoss hängig, der genau das fordert. Unterschrieben haben ihn Politiker:innen aller Parteien.

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The Ugly – Einen Orden vom Pressefeind

Marc Walder erhält die «Medal of Honour». Also nicht die «Medal of Honor», die höchste militärische Auszeichnung der USA, sondern die serbische Ehrenmedaille. «I feel humbled to receive the Medal of Honour from Serbia’s President Aleksandar Vučić», lässt sich der Ringier-CEO in einer Medienmitteilung zitieren. Der serbische Präsident ehrt Walder für seinen Einsatz in der Digitalisierung. Aber Ringier ist in Serbien auch journalistisch präsent, vor allem mit dem Wochenmagazin «NIN» und der Zeitung «Blic», die innerhalb der regierungstreuen Boulevardmedien zu den seriöseren gehört.

Serbien ist von russischem Gas abhängig und versucht seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine, weder die EU noch Russland zu verärgern. Nur drei Wochen vor Walders Ehrung wollte der russische Aussenminister Sergej Lawrow den serbischen Präsidenten Vučić besuchen – verhindert haben das jene Länder, die Lawrows Maschine den Luftraum sperrten.

Dass Walder diese Auszeichnung annimmt, ist aber losgelöst vom internationalen Geschehen bemerkenswert. Vučić, der in den 1990er-Jahren unter Slobodan Milošević Informationsminister war, gilt als Hinderer von unabhängigem Journalismus. Im Länderbericht von «Reporter ohne Grenzen ROG» heisst es: «Seitdem Aleksandar Vučić seit 2014 die Politik Serbiens bestimmt, können Journalist*innen dort weder auf Sicherheit noch auf Schutz durch den Staat zählen.» Sogar aus Regierungskreisen werde gegen Medienschaffende gehetzt, heisst es bei ROG weiter. Im «sehr stark konzentrierten» Medienmarkt übe der Staat als «Geldgeber und Werbekunde erheblichen Einfluss auf die Berichterstattung aus».

Leserbeiträge

Andreas Kunz 02. Juli 2022, 13:17

Der Martullo-Kommentar «anderen Blick nicht aus einem «aktuellen Blick» der NZZ stammen. Das gestrige Thema war «Die Deutschen lernen endlich, die Bindung an den Westen zu schätzen», letzte Woche war das Thema «Abschreckung: Das Baltikum braucht Nato-Basen» und vorletzte Woche «In Brüssel hat die Vernunft vorerst knapp gesiegt». Die NZZ ist Querdenker-freundlich und bewirtschaftet Rechtslibertäre und andere Sozialdarwinisten, steht aber stramm im NATO-Lager.