Sommerloch
Die Sauregurkenzeit, wie das Sommerloch auch genannt wurde, scheint es nicht mehr zu geben
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Die Lesetipps dieses Themenbereichs werden kuratiert von Nick Lüthi, redaktion@medienwoche.ch.
Die Sauregurkenzeit, wie das Sommerloch auch genannt wurde, scheint es nicht mehr zu geben
Der Zürcher Publizistikprofessor Mike Schäfer hat es empirisch erhärtet: Es sind immer dieselben Wissenschafter, die in den Medien vorkommen. Trägt der Wissenschaftsbetrieb eine Mitverantwortung?
Zwischen Ehrentitel, Facebook-Nachrichten und indischen Mitternachtssnacks im Büro: Ein Einblick in meinen Alltag als Journalistin in Myanmar.
Als langjähriger Wissenschaftler und ehemaliger Professor der Medizingeschichte könnte Christoph Mörgeli den korrekten Umgang mit Quellen und Zitaten eigentlich kennen. Als Weltwoche-Redaktor nahm er es jüngst damit aber nicht so genau. Aufgefallen war dies Tobias Bär, Bundeshausredaktor der NZZ-Regionalmedien. Mörgeli zitierte aus Bärs Diplomarbeit über Homosexualität als Fluchtgrund. Daraus verwendete er die Aussage einer Expertin als – einzigen – Beleg für seine These, wonach der Fluchtgrund Homosexualität einen «neuen Migrationsschlager» darstelle. Das Problem: Die Diplomarbeit ist vier Jahre alt und die zitierte Aussage beschreibt die aktuelle Situation nicht mehr adäquat; die Asylanträge wegen Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung sind in den letzten Jahren konstant geblieben. Immerhin gibt sich Mörgeli im Nachhinein einigermassen einsichtig: «Journalistisch wäre es perfekter gewesen, ich hätte beim Kurzzitat von Barzé-Loosli noch das Jahr 2014 eingesetzt.»
Eigentlich schreibt NZZ-Redaktorin Birgit Schmid in ihrer Kolumne «In jeder Beziehung» jede Woche über Zwischenmenschliches. Dazu braucht sie Ideen und Einfälle. Was aber, wenn die nicht kommen, wenn die Zeit fehlt, die Inspiration versagt und der Abgabetermin bedrohlich näher rückt? Als letzter Ausweg bleibt das Schreiben über das Schreiben. Also eine Erklärung dafür, warum es für einmal keine Kolumne über Zwischenmenschliches gibt. Birgit Schmid hat das getan. Dabei hält sie sich an eine Vorgabe des britischen Autors Stephen Fry, der einmal schrieb: Das Kolumnenschreiben dürfe man nur einmal zum Thema machen und dann nie mehr. Diese Chance habe sie genutzt und damit ihr Notfall-Guthaben aufgebraucht, schliesst Schmid ihren Notfalltext.
Peter Hossli hält wenig vom Gerede über die Medienkrise. «Das langweilt mich», sagt er im Gespräch mit Hannes Britschgi anlässlich der Veröffentlichung seiner Ode an den Reporterberuf. Ihn störe, dass Medienschaffende fast nur noch «über Strukturen, Geschäftsmodelle und Entlassungen» sprächen und nicht mehr über Geschichten. Mit seinem Buch will er aufzeigen, wie Journalisten «tatsächlich arbeiten». Dabei kann der 49-Jährige aus einem reichen Erfahrungsschatz schöpfen, so arbeitete Hossli lange Zeit als Reporter in den USA, später berichtete er von Schauplätzen rund um den Erdball.
Martin Kaul hat für die Berliner «Tageszeitung» aus Chemnitz und danach auch aus Köthen berichtet, wo in den letzten Tagen grössere rechtsextreme Mobilisierungen stattfanden. Reporter sind dort selbstverständlich nicht willkommen. «Lügenpresse» musste sich Kaul selbst dann anhören, als er unkommentiert das Demonstrationsgeschehen live streamte. Seine zentrale Erkenntnis aus der Arbeit in diesem medienfeindlichen Umfeld: Es geht nichts über präzise Arbeit. «Fehler werden wesentlich sensibler erstens bemerkt, zweitens benannt, drittens ausgenutzt und viertens propagandistisch verarbeitet. Die Aufgabe besteht für uns Journalisten deshalb darin, möglichst wenige Fehler zu machen», sagt Kaul im Gespräch mit Thomas Borgböhmer von Meedia.
«Es gibt keinen objektiven Sinn von Wörtern, wir schöpfen aus unserer Erfahrung, was wir damit verbinden – nicht nur aus unserer individuellen, sondern aus unserer kollektiven Erfahrung als Gruppe, die sich unterhält», schreibt Radiomacher Stefan Fries zu einem Referat von Friederike Herrmann (Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt) an den Tutzinger Radiotagen. Herrmann untersucht dabei sogenannte Frames und formuliert in sechs Thesen, wie sich solche Deutungsraster auf die öffentliche Debatte auswirken. Dem Journalismus kommt dabei die hehre und anspruchsvolle Aufgabe zu, Aussagen auf Frames abzuklopfen. Denn: «Wird ein Frame erkannt und beschrieben, kann man sich seiner Deutungsmacht entziehen.» Herrmann fordert darum, dass Journalisten solche Frames genauso routiniert überprüfen sollten wie sie das mit Fakten tun.